Nationalelf

Völler: "Manchmal rudert man in verschiedene Richtungen"

DFB-Sportdirektor zu Gast bei "kicker meets DAZN"

Völler: "Manchmal rudert man im gleichen Boot in verschiedene Richtungen"

"Wenn man schon eine Heim-EM hat, muss man diesen zwölften Mann auch mit ins Boot nehmen": Rudi Völler.

"Wenn man schon eine Heim-EM hat, muss man diesen zwölften Mann auch mit ins Boot nehmen": Rudi Völler. IMAGO/HJS

Eigentlich hatte Rudi Völler nicht mehr vor, im Jahr 2023 als Entscheidungsträger zentrale Fragen im deutschen Fußball zu beantworten. Weil es aber oft anders kommt als geplant, arbeitet der 62-Jährige nun als DFB-Sportdirektor. "Ich wollte ein bisschen was nebenbei tun, ein bisschen was zurückgeben", beschreibt Völler in der aktuellen Folge von "kicker meets DAZN" seine ursprünglichen Pläne.

Zwischen 2000 und 2004 hatte er als Teamchef der deutschen Nationalmannschaft gearbeitet, mehr als 18 Jahre später folgte die Rückkehr zum Verband. "Man hat das Gefühl, man ist nie weg gewesen, aber natürlich ist alles viel größer geworden", sagt Völler, der im Interview mehrfach darauf verweist, wie viele Einzelgespräche mit Spielern und Betreuern er während der jüngsten Länderspielperiode geführt habe. "Es tut gut, dass es keine Berührungsängste gibt. Das war mir wichtig, auch in meinen Antrittsreden, dass ich das Gefühl habe, dass jeder Spieler eine gewisse Nähe zu mir haben muss, kann und darf."

Die Zusammenarbeit mit Hansi Flick etwa sei konstant konstruktiv: "Wir haben einen wunderbaren Austausch", sagt Völler, "das wird funktionieren".

Die anderen haben für Messi gefightet, verteidigt und ab und zu mal einen ordentlichen Pass gespielt.

Rudi Völler über Argentinien bei der WM 2022

Interessenskonflikte treten in einem Umfeld mit derart vielen Akteuren aber in schöner Regelmäßigkeit auf, zum Beispiel beim Thema Abstellungen von hoch belasteten Nationalspielern. "Wenn die Bundesliga nicht spielt, keine Champions-League- und Europa-League-Spiele sind, wollen alle der Nationalmannschaft helfen. Aber wenn es wieder losgeht und jeder auf sich selbst guckt, ist der Klub wichtiger", sagt Völler. "Ich kenne das, weil ich es selbst jahrelang so gemacht habe. Man sagt ja so gern: Wir sitzen alle in einem Boot. Manchmal rudert man im gleichen Boot aber in verschiedene Richtungen."

Im internationalen Vergleich sieht der langjährige Leverkusener Funktionär den DFB sportlich sehr gut aufgestellt. "Wenn sich eine gewisse Mannschaft eingespielt hat, dann werden wir eine richtig gute EM spielen", sagt Völler. Nur auf die individuelle Qualität komme es aber nicht an. "Argentinien ist am Ende verdient Weltmeister geworden - mit ihren Mitteln, ihrer Art Fußball zu spielen. Da war natürlich ein überragender Messi, und die anderen haben für ihn gefightet, verteidigt und ab und zu mal einen ordentlichen Pass gespielt. Man hatte aber nicht das Gefühl, dass Argentinien mit Abstand die beste Mannschaft war. Da sind die Franzosen und Brasilianer schon besser gewesen."

"Das Einzige, was Argentinien und Marokko uns voraushatten ..."

Überhaupt blickt Völler laut eigener Aussage neidisch höchstens in Richtung des südwestlichen Nachbarns: "Der einzige Verband, der immer ohne Kopfschmerzen durchschlafen kann, ist der französische. Wenn da fünf ausfallen, spielen halt fünf andere." Den in der Breite womöglich schwächer aufgestellten Kader will der gebürtige Hanauer bei der EM 2024 mit Unterstützung der Fans pushen: "Wenn man schon eine Heim-Europameisterschaft hat, dann muss man diesen zwölften Mann auch mit ins Boot nehmen. Diese Nähe muss einfach da sein. Die Begeisterung, die Euphorie kommt nicht von alleine, dafür muss man etwas tun."

"Das Einzige, was die Argentinier und Marokkaner uns oder auch den Belgiern oder den Spaniern voraushatten: diese fünf Prozent Aufopferungsbereitschaft, die Leidenschaft, die Gier, den Zweikampf nicht zu verlieren. Das hat definitiv gefehlt, und deswegen sind wir ausgeschieden."

Passend dazu erwartet der Sportdirektor auch von etablierten, erfahrenen Spielern eine hohe Spannung: "Jeder muss das Gefühl haben, dass es nicht selbstverständlich ist, immer eingeladen zu werden. Man muss immer etwas dafür tun. Es darf nicht normal werden."

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KMD #210 (mit Jan-Niklas Beste)
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pab