Handball

Handball-EM 2024: Ungarns spanische Schule

Was macht den dritten deutschen Hauptrundengegner aus?

Ungarns spanische Schule

Zentrale Figuren bei Ungarns starkem EM-Abschneiden: Nationaltrainer Chema Rodriguez (re.) und Kreisläufer Bence Banhidi.

Zentrale Figuren bei Ungarns starkem EM-Abschneiden: Nationaltrainer Chema Rodriguez (re.) und Kreisläufer Bence Banhidi. imago images (2)

Aus Köln berichtet Maximilian Schmidt

Als "Achtelfinale" hat DHB-Sportvorstand Axel Kromer die dritte Hauptrundenpartie gegen Ungarn am Montagabend (20.30 Uhr) bezeichnet. Die deutsche Mannschaft will mit ihrem zweiten Sieg in der zweiten Turnierphase den Druck auf die Konkurrenz hochhalten und an den Magyaren vorbeiziehen.

Hauptrunde in Köln - 3. Spieltag

Gewarnt ist der Europameister von 2016 aber vor dem Gegner, Ungarn hinterlässt bei der EM in Deutschland bis dato einen starken Eindruck. Durch die Vorrundengruppe in München ist das Team durchgerauscht, zeigte im entscheidenden Spiel auch den Isländern deutlich die Grenzen auf (33:25). Der überraschenden Niederlage gegen Österreich zum Hauptrunden-Auftakt (29:30) folgte beim 29:26 gegen Kroatien eine bemerkenswerte Reaktion.

Die Ungarn sind gewillt, ihr bislang bestes EM-Ergebnis (Platz 6 beim Turnier 1998) zu übertreffen. Dafür braucht es aber wohl auch einen Sieg über Deutschland. Den letzten feierten die Magyaren beim 29:28 im Rahmen der WM-Hauptrunde 2021 in Ägypten.

Damals zumindest Assistent war der heutige Cheftrainer Chema Rodriguez. Der einstige spanische Weltklasse-Spielmacher hat in Ungarn seit März 2022 den Hut auf, bis Sommer 2023 betreute er in Doppelfunktion Benfica Lissabon. Mit den Portugiesen, wo er seit 2020 im Amt war, düpierte Chema Rodriguez Ende Mai 2022 unter anderem den SC Magdeburg im packenden Finale der European League (40:39 n.V.)

"Die letzte Spielszene war für mich sinnbildlich"

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Seit vergangenem Sommer gehört seine komplette Aufmerksamkeit dem ungarischen Nationalteam, das er bemerkenswert durch die EM führt. Und Ungarns Spiel ist offensichtlich von spanischer Schule geprägt. Das Zusammenspiel aus wuchtigen Rückraumwerfern mit brandgefährlichen Kreisläufern bereitete bereits so manchem Gegner Kopfzerbrechen, in der Kleingruppe findet Ungarn immer wieder Lösungen.

Es verwundert daher nicht, dass mit Bence Banhidi (seit 2016 bei Pick Szeged) ein Kreisläufer das interne Ranking der besten Torschützen anführt (21 Treffer). Dahinter folgen der mittlerweile bereits 35-jährige Spielmacher Mate Lekai (17) und der wurfgewaltige Linkshänder Gabor Anscin (14).

Drei Bundesliga-Profis dabei - Sipos freut sich auf Kastening

Während bei den Ungarn mit dem Halblinken Patrik Ligetvari nur noch ein einziger Profi beim nationalen Rekordmeister Veszprem unter Vertrag steht, verdient mit Abwehrchef Adrian Sipos (MT Melsungen), Linkshänder Zoran Ilic (HSV Hamburg) und Spielmacher Egon Hanusz (TVB Stuttgart) ein Trio sein Geld in Deutschland.

"Wir wachsen gerade als Mannschaft, um mit den ganz großen Teams mithalten zu können", erklärte Sipos nach dem Sieg über Kroatien in der Mixed Zone der Lanxess Arena. Die Vorfreude beim Kreisläufer auf "eine der besten Atmosphären" und seinen "sehr guten Freund" Timo Kastening, der ebenfalls in Melsungen unter Vertrag steht, sei groß.

Mit einem spanischen Systemtrainer weißt du auf jeden Fall, dass sie ihre Kreisläufer gut in Szene setzen werden.

Timo Kastening über Ungarn

Einen Schlüssel zum Erfolg sieht Sipos darin, die "abwehrstarke" deutsche Mannschaft nicht ins schnelle Umschalten kommen zu lassen. Die Ungarn wollen das DHB-Team in den Positionsangriff zwingen, der zuletzt größere Schwächen offenbarte.

Kumpel Kastening erwartet unterdessen "eine sehr robuste ungarische Mannschaft". "Mit einem spanischen Systemtrainer weißt du auf jeden Fall, dass sie ihre Kreisläufer gut in Szene setzen und sie einen guten Mix aus Distanzwürfen sowie Eins-gegen-eins finden werden", so der deutsche Rechtsaußen. Es brauche gute Vorbereitung, "weil ansonsten spielen sie uns, so wie die Isländer, sehr schnell auseinander".

Kastening sei dennoch "sehr optimistisch, dass der Gegner zum richtigen Zeitpunkt kommt". So wie beim letzten EM-Spiel 2016, als das DHB-Team mit 29:19 im polnischen Breslau triumphierte und später Europameister wurde.

Erstes Wiedersehen seit dem WM-Finale in Berlin

Eine besondere Konstellation ergibt sich auch mit Blick auf den deutschen sowie den ungarischen Kader. Insgesamt zehn Spieler, die im Finale der U-21-Weltmeisterschaft im vergangenen Sommer in Berlin (30:23 fürs DHB-Team) aufeinandergetroffen waren, schafften es auf den EM-Zug aufzuspringen.

Bei den Magyaren sind das Torwart Kristof Palacsics sowie die Feldspieler Zoran Ilic, Bence Imre (sieben Tore bei sieben Versuchen gegen Kroatien), Zsolt Krakovszki, Bence Krakovszki und Gergö Fazekas. Beim DHB-Team sind Keeper David Späth, Renars Uscins, Justus Fischer und Nils Lichtlein dabei.

Die Österreicher jubelten ausgiebig auf dem Feld

"Ich habe Österreichs Jubel überhaupt nicht verstanden"

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