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Thomas Häßler: "Was ich erreicht habe, ist lange her"

Der 101-malige Nationalspieler ist glücklich in neuer Rolle

Thomas Häßler: "Was ich erreicht habe, ist lange her"

Bescheiden in seiner neuen Rolle: Thomas Häßler will mit seinen alten Erfolgen nicht hausieren gehen.

Bescheiden in seiner neuen Rolle: Thomas Häßler will mit seinen alten Erfolgen nicht hausieren gehen. imago images/Matthias Koch

Vor knapp zwei Monaten haben Sie mit Ihrer Mannschaft in den beiden Aufstiegsspielen gegen Stern Britz (5:0, 2:3) den Sprung aus der Landes- in die Berlin-Liga geschafft. Wie hat sich die Ligapremiere nun für Sie angefühlt?

Die Atmosphäre mit rund 400 Zuschauern beim ersten Spiel (3:3 gegen den SC Charlottenburg, Anm. d. R.) war schon eine besondere. Ich war ja 2019 mit Berlin United schon einmal aufgestiegen, wurde dann jedoch entlassen. Nach dem zweiten Aufstieg habe ich jetzt also das erste Berlin-Liga-Spiel erlebt.

2019 haben Sie beim BFC Preussen den Trainerjob übernommen und in der Folge angekündigt, sich nicht mit Mittelmaß zufriedengeben zu wollen. Was heißt das für das Saisonziel in der neuen Spielklasse?

Meine Spieler haben gleich gemerkt, dass in der neuen Liga alles schneller und körperlicher abläuft. Da kannst du keinen Affen machen, sondern musst von der ersten Minute an 100 Prozent bringen. Wir wollen Fuß fassen, möglichst schnell 40 Punkte holen und mit dem Abstieg nichts zu tun haben.

Welchen Fußball wollen Sie mit Ihrer Mannschaft spielen?

Wir haben mit 24,4 Jahren im Durchschnitt vom Alter her eine gute Mischung. Wir versuchen, kontrollierten Offensivfußball zu spielen. Das birgt manchmal Gefahren, wenn die Abwehr nicht sicher steht. Ich gewinne aber lieber 5:4 als 1:0.

Wie agieren Sie als Trainer an der Seitenlinie?

Ich hüpfe nicht an der Seitenlinie rum, bin eher ein ruhiger Trainer. Nur wenn einer meiner Spieler böse gefoult wird oder der Schiedsrichter mit einer Entscheidung krass danebenliegt, kann ich ausflippen. Unsere Fehler spreche ich in der Halbzeit an. Da kann ich auch mal laut werden, wenn es nicht so läuft, wie ich mir das vorstelle.

Sie müssen im Amateurbereich andere Maßstäbe anlegen als zu Ihrer aktiven Zeit. Welche Abstriche müssen Sie machen?

Ich ziehe den Hut vor den Jungs. Sie arbeiten am Tag acht Stunden. In der Saison-Vorbereitung haben wir vier- bis fünfmal in der Woche trainiert, dann ein Tag frei, dann ein Spiel. In der Saison machen wir dreimal pro Woche Training, und am Wochenende liefern wir ab. Die nehmen das auf sich, weil es ihnen Spaß macht, sie Bock darauf haben. Wir machen 95 Prozent der Einheiten mit dem Ball. Laufen ist wichtig, aber Freude hast du, wenn du die Murmel am Fuß hast.

Laptop-Trainer, Konzept-Trainer: In der Fußball-Welt gibt es mittlerweile einige schillernde Begriffe. Wo ordnen Sie sich ein?

Ich habe viel erlebt in meiner Karriere. Das gebe ich gern weiter. Wenn einer zum Beispiel bei der Ballannahme Probleme hat, versuche ich zu zeigen, wie ich das früher gemacht habe. Die Jungs nehmen das dann gerne auf. Mit Thorben Marx (255 Bundesliga-Spiele für Hertha BSC, Arminia Bielefeld und Borussia Mönchengladbach, Anm. d. R.) und Vincent Rabiega habe ich zwei Co-Trainer, die auch mal einen Laptop nehmen, um etwas zu erklären. Der eine ist mehr für die Taktik zuständig, der andere für die Trainingsmethodik.

Sie sind als deutscher Nationalspieler in Italien 1990 Weltmeister geworden, sechs Jahre später Europameister in England. Dazu kommen 400 Bundesligaspiele und 120 Partien in der Serie A. Wissen Ihre Spieler um Ihre Verdienste?

Das weiß ich nicht. Was ich erreicht habe, ist lange her, und ich gehe damit nicht hausieren. Da bin ich nicht der Mensch für. Bisher hat mich noch niemand gefragt. Wenn sie mich drauf ansprechen, können wir uns gern darüber unterhalten.

Wäre für Sie nicht mehr möglich, als Trainer in der 6. Liga zu sein?

Ab und an werde ich darauf angesprochen, warum ich nicht höherklassig trainiere. Ich war Technik-Trainer beim 1.FC Köln, hatte Stationen im Ausland. Überall musstest du Druck aushalten, wie zuvor schon als Spieler. Hier hast du das alles nicht. Und in der 6. oder 7. Liga wird auch ehrlicher Fußball gespielt. Bei den Preussen fühle ich mich wertgeschätzt. Ich habe einen Vertrag bis 2025. Und wenn du dann noch Erfolg hast ... Alles andere brauche ich nicht mehr.

Herbert Schalling

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