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Suttner im Interview: "Ich habe mein violettes Herz nicht ausschalten können"

Das letzte Derby des Austria-Kapitäns

Suttner im Interview: "Ich habe mein violettes Herz nicht ausschalten können"

Markus Suttner wird am Sonntag sein letztes Wiener Derby spielen.

Markus Suttner wird am Sonntag sein letztes Wiener Derby spielen. GEPA Pictures/Manuel Binder

Bundesliga, 30. Spieltag

Herr Suttner, Sie haben vor wenigen Wochen Ihren Rücktritt mit Saisonende angekündigt. Was hat den Ausschlag dafür gegeben?

Ich bin ja vor zwei Jahren schon wegen meiner Familie nach Österreich zurückgekommen. Es ist Zeit, meiner Frau, unserem kleinen Sohn, etwas zurückzugeben. Sie musste in den letzten 17 Jahren oft genug alleine die Wochenenden verbringen. Und 35 ist doch ein schönes Alter, um aufzuhören.

Apropos Rückkehr nach Österreich: Ist es richtig, dass Sie vor zwei Jahren fast bei der Admira und nicht bei der Austria gelandet wären?

Es war immer mein Wunsch zur Austria zurückzukommen, aber ich habe nicht gewusst, ob es auch klappen wird. Ernst Baumeister dürfte das mitgekriegt haben und hat mich zu Gesprächen eingeladen. Die Gespräche waren auch sehr gut und die Admira hat sich wirklich bemüht, aber ich habe mein violettes Herz nicht ausschalten können. Und am Ende hat’s ja doch noch geklappt.

Wir führen Gespräche über einen Job danach bei der Austria.

Markus Suttner über die Karriere danach

Werden Sie der Austria nach der aktiven Karriere in einer neuen Funktion erhalten bleiben?

Wir führen Gespräche über einen Job danach bei der Austria. Aber noch ist alles offen, kann es in alle Richtungen gehen.

So wie Sie in dieser Saison gespielt haben, wäre sich locker noch eine Saison ausgegangen. Hat der Trainer nicht versucht, Sie umzustimmen?

Doch. Der Trainer hat natürlich alles versucht, aber ich habe meine Entscheidung intern auch deshalb schon im September bekannt gegeben, damit sie rechtzeitig planen können. Ich glaube, sportlich wären sich vielleicht auch noch zwei Jahre ausgegangen. Wobei ich jetzt jedes Spiel, das mir noch bleibt, genieße. Deshalb kann ich wirklich die letzte Energie aus meinem Körper herausholen. Ich weiß nicht, ob das auch so wäre, wenn ich wüsste, dass ich mit meinen Kräften noch länger haushalten muss.

Am Sonntag spielen Sie Ihr 27. und letztes Derby, haben Sie noch Erinnerungen an Ihr erstes?

Es muss in der Saison 2008/09 gewesen sein, Karl Daxbacher war der Trainer. Aber Details weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr, das ist zu lange her. Was mir noch ganz gut in Erinnerung ist, ist das 3:0 im Happel-Stadion, bei dem Sladdi (Junuzovic), Roli (Linz) und ich glaube Barazite die Tore geschossen haben. In einem vollen Stadion (damals waren mehr als 30.000 im Prater; Anm.) habe ich immer gerne gespielt. Natürlich war’s mir lieber daheim, aber ich mag’s auch, wenn sie mich schimpfen. Von daher ist es schon sehr cool, dass wir im Allianz Stadion noch ungeschlagen sind.

Die Bundesliga-Torjäger und ihre Lieblings-Torhüter

Bei sechs Remis in Folge gab es überhaupt schon lange keinen Derby-Verlierer. Wie ist so eine Serie, die längste in 111 Derby-Jahren, erklärbar?

Ich muss sagen, dass Rapid das im letzten Derby auch nicht schlecht gemacht hat. Wirklich erklären kann man die Remis-Serie nicht. Es geht für beide Mannschaften immer um viel. In solchen Spielen ist es oft der Fall, dass man sich neutralisiert. Aber diesmal wollen wir drei Punkte. Ich habe bis jetzt eine ausgeglichene Derby-Bilanz, die soll schon noch positiv werden.

Jetzt staune ich! Es sind tatsächlich acht Siege, zehn Remis und acht Niederlagen. Schauen Sie so auf Ihre Statistik?  

Als Austrianer weiß man das (grinst).

Das ist ein gutes Stichwort. Es soll ja Austria-Legenden geben, die in ihrer Jugend durchaus mit Rapid sympathisiert haben. Das war bei Ihnen aber nicht der Fall?

Nein. Ich habe schon in meiner Kindheit mein erstes Austria-Trikot bekommen und war immer Austrianer. Ich war jetzt nicht tausend Mal im Stadion, aber wenn’s im Fernsehen die Möglichkeit gegeben hat, die Austria zu sehen, habe ich zugeschaut. In der Stronach-Akademie Hollabrunn habe ich dann gesehen, dass es eine realistische Chance gibt, selbst einmal für die Austria zu spielen. Da habe ich erst die Gier und den Ehrgeiz entwickelt, Profi zu werden.

Sie haben in Deutschland und England gespielt. Waren Sie immer überzeugt, sich überall durchsetzen zu können?

Ich bin eigentlich erwartungslos nach Ingolstadt gegangen. Die zwei Jahre nach dem Meistertitel 2013 waren schwierige Jahre für die Austria und auch für mich. Deshalb habe ich nicht gewusst, ob ich mithalten kann in Deutschland. England ist mir dann passiert. Aber wenn du mit 30 die Chance bekommst, in der Premier League zu spielen, nimmst du sie natürlich an. Am Anfang habe ich auch keine schlechte Rolle gespielt. Ich glaube, meine Leistungen waren solide. Aber ich habe halt nicht gleich ein, zwei, drei Assists gemacht, obwohl auch das möglich gewesen wäre. In England geht viel über die Statistik. Die hat nicht gepasst, also haben sie einen Neuen geholt. In England ist so viel Geld im Spiel, da ist das einfach so. Ein Starspieler kriegt vielleicht noch eine Chance, aber wenn einer wie ich nicht so performt, wie der Klub sich das vorstellt, wird er sofort ausgetauscht. Trotzdem war die Premier League ein tolles Erlebnis für mich. Mein erstes Spiel war gleich gegen Pep Guardiolas Manchester City. Man kann es schlechter erwischen.

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Auch nicht schlecht war Ihre zweite Ingolstadt-Saison, in der Sie als bester Freistoßschütze Europas ("Besser als Messi") Schlagzeilen schrieben. War das abgesehen von Meistertitel, Cupsieg und Champions League mit der Austria Ihr Karriere-Highlight?

Für Ingolstadt war es eine sportlich schwierige Saison und wir sind am Ende auch abgestiegen. Für mich persönlich war es mit vier Toren und fünf Assists die beste Saison überhaupt, die mir ja auch den Vertrag in Brighton beschert hat. In ein paar Jahren werde ich sicher stolz darauf zurückschauen. Ob ich jetzt besser war als Messi oder nicht ... In der Saison hat keiner mehr Freistoßtore erzielt als ich.

Zu dieser Zeit hatten Sie mit dem Nationalteam bereits abgeschlossen. Man hatte das Gefühl, Sie wollten sich nach dem Fuchs-Rücktritt von Marcel Koller nicht länger hinhalten lassen.

Ich habe meine Rolle im Nationalteam schon einschätzen können. Ich war hinter Fuchsl und David Alaba, der ja dann auch auf der Position eingesetzt wurde, die Nummer drei. Nach dem Rücktritt von Christian Fuchs gab es aber respektlose Aktionen von Trainerseite, die nicht in Ordnung waren. Wenn es so ist, dass ich mit einem guten Gefühl vom Klub zum Nationalteam fahre, aber brennheiß wieder nach Hause, dann hat das keinen Sinn. Da kann ich noch so ein stolzer Österreicher sein und noch so gerne für das Nationalteam spielen, aber mein Wohlbefinden und mein Verein sind mir dann doch wichtiger.

Kommen wir zurück zur Austria. Wie gefällt Ihnen der Weg mit den jungen Spielern?

Der Weg ist ein guter Weg. Wir haben viele junge, talentierte Spieler, von denen der Klub irgendwann auch finanziell profitieren wird. Zumindest wäre es wünschenswert, dass die Austria es schafft, so viele gute Spieler zu entwickeln, dass sie sich mit den Verkaufserlösen finanziell erholen kann.

Was würden Sie den Jungen mitgeben auf ihren Karrierenweg?

Dass es nicht reicht, einfach Profi zu sein. Das muss man bei jedem Training leben. Ich hoffe, dass wir erfahrenen Spieler ihnen das schon vermittelt haben. Das ist ja für die Jungen nicht so leicht. Sie haben teilweise die Young Violets übersprungen, sind am Anfang noch den Nachwuchsfußball gewöhnt. Aber bei uns geht es um Leistungssport, da zählen nur Ergebnisse. Da wird es nicht verziehen, wenn du schlampig trainierst oder nicht hundert Prozent bei der Sache bist.

Ihren Nachfolger gibt es mit Ziad El Sheiwi schon in den eigenen Reihen?

Ich kann nur hoffen, dass er wieder so spielt wie vor seiner Verletzung, weil da war er richtig gut. Ziad ist sehr klar im Kopf, gierig zu lernen und er kann zuhören. Von daher kann ich ihm nur wünschen: Toi, toi, toi, mach’ dort weiter, wo du warst.

Der Weg mit den Jungen heißt aber auch, dass Red Bull Salzburg von Wien auch in den nächsten Jahren nicht einzuholen ist?

Red Bull macht das sehr, sehr gut, da ist es schwierig, Anschluss zu finden. Aber wir dürfen nicht auf Salzburg blicken, sondern müssen schauen, dass wir uns stetig entwickeln. Wir müssen den Weg weitergehen, daraus finanziell profitieren. Dann kann man vielleicht auch wieder einmal den einen oder anderen guten Ausländer dazuholen, der die Jungen führen kann.

Ich werde sicher anfangen zu rean.

Markus Suttner über sein letztes Spiel

Haben Sie schon eine Dramaturgie für Ihr letztes Spiel im Kopf?

Es hängt natürlich vom Ergebnis ab. Schön wäre es, wenn es sich vom Spielstand her ausgeht, dass ich vor dem Ende ausgewechselt werde. Ich werde sicher anfangen zu rean. Das wird sich nicht verhindern lassen. Dafür hatte ich eine zu lange und zu schöne Zeit hier.

Aber die Play-Off-Spiele müssen nicht mehr sein?

Die Austria soll nächstes Jahr international spielen. Aber die Play-Offs würde ich mir gerne ersparen, also sollten wir den dritten oder vierten Platz schon vorher fixieren. Umso wichtiger wäre am Sonntag ein Sieg im Derby.

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