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"Sommermärchen": Freispruch für Niersbach, Zwanziger und Co.

Wofür wurden die 6,7 Millionen Euro benötigt?

"Sommermärchen"-Affäre: Freispruch erster Klasse und Schmerzensgeld für vier Ex-Funktionäre

Freigesprochen: Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger.

Freigesprochen: Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger. imago images

Dem Quartett wurde daneben ein Schmerzensgeld von jeweils 15.000 Schweizer Franken (13.700 Euro) zugesprochen. Zuerst berichtete die "FAZ". Die Begleichung der Anwalts- und Verfahrenskosten in dem jahrelangen Verfahren mit über 10.000 Seiten umfassenden Schriftsätzen kosten den Schweizer Steuerzahler nun über eine Million Euro.

In dem 38 Seiten umfassenden Urteil erfahren die vier früheren Spitzenfunktionäre nach fünf quälenden Jahren ein Stück weit Genugtuung: "Die Beschuldigten, die bis dato einen tadellosen Ruf hatten, wurden jahrelang in der Öffentlichkeit unter voller Namensnennung mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert. Sie wurden durch ihre persönlichen Verhältnisse besonders schwer beschädigt und haben daher Anspruch auf Genugtuung." Neben dem Schmerzensgeld wegen "der Schwere der erlittenen Verletzung der Persönlichkeitsrechte" bekommen die vier Angeklagten zusammen Schadensersatz in Höhe von 640.000 Euro - vornehmlich für Anwaltskosten. Eine höhere Summe, als sie zunächst mit 100.000 Schweizer Franken (91.410 Euro) pro Person gefordert hatten.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft hatte dem Quartett vorgeworfen, aus dem Haushalt des Organisationskomitees der WM 2006 die Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 6,7 Millionen Euro an die FIFA bestreiten zu wollen, das der frühere OK-Chef Franz Beckenbauer von dem inzwischen verstorbenen Robert Louis-Dreyfus erhalten hatte. Dieses Geld war für die Ausrichtung einer Gala in Berlin zur WM 2006 deklariert. Diese Gala fand nicht statt. Ominös ist noch heute, wofür die 6,7 Millionen Euro benötigt worden waren.

Nachdem die Schweizer Bundesanwaltschaft im Juli 2019 das Verfahrens wegen des Vorwurfs der Geldwäsche eingestellt und das Verfahren gegen Beckenbauer abgetrennt hatte, musste sich das Quartett ab August 2019 wegen angeblichen Betrugs verantworten; Niersbach wegen "Gehilfenschaft" zum Betrug. Der DFB und die FIFA, die selbst in der Schweiz als Privatkläger waren, müssen sich nun erklären.

In Frankfurt am Main läuft noch immer ein drei Wochen nach der Anklageerhebung in der Schweiz im Jahr 2018 eröffnetes Verfahren gegen die vier früheren Funktionäre. Mit dem DFB auch hier als Nebenkläger. Ihnen wird Steuerhinterziehung beziehungsweise Beihilfe vorgeworfen. Nachdem das Landgericht (LG) im Oktober 2018 die Eröffnung eines Verfahrens abgelehnt hatte, sah das Oberlandesgericht (OLG) nach Beschwere der Staatsanwaltschaft weiterhin einen "hinreichenden Tatverdacht." Es mutet schon erstaunlich an, dass das OLG das Verfahren an das LG zurückverwiesen hat.

Nach dem Freispruch erster Klasse in der Schweiz meinen Rechtsexperten damit, dass das Verfahren in Frankfurt am Main nun einzustellen sei.

Rainer Franzke