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Soll der FAC aufsteigen? "Mia san a Dorfverein. Samma normal, denk ma normal"

Lokalaugenschein in Floridsdorf

Soll der FAC aufsteigen? "Mia san a Dorfverein. Samma normal, denk ma normal"

Die Fans stehen voll hinter ihrem Verein.

Die Fans stehen voll hinter ihrem Verein. GEPA Pictures/Edgar Eisner

"Effazeeeeh! Du g'heast zu unserm Leb'n, des wird a nie vergeh'n", dröhnt drinnen bereits die noch recht neue FAC-Hymne aus den Lautsprechern. Und wie als Beweis dafür, dass Vereinsliebe wirklich so kitschig sein kann, zählen draußen an einem der beiden Container, in denen die Kassen untergebracht sind, zwei Buben der Kassierin fünf Euro-Münzen in die Hand. Selbst gespart, nur um den FAC zu sehen, möchte man denken. Bis man sie fragen hört: "Wo ist die Tombola?"

23. Spieltag

Das Vollticket um 15 Euro garantiert freie Platzwahl. "Floridsdorf, du bist mei Wöd", besingt jetzt (vermutlich) die Hymnenstimme auch noch den Bezirk. "Wir für den 21.", ist schließlich seit ein paar Jahren der offizielle Vereinsslogan, der auf Werbetafeln auch die Nordtribüne schmückt, die heute vollbesetzt ist mit gut 300 multikulturellen Nachwuchskickern, die in der Pause ihren großen Auftritt haben werden. "Die Zeiten ham si g'ändert, oba niemals die Leit’", beharrt der Floridsdorf-Hadern und meint die Eckfahne in den Regenbogen-Farben wohl mit. Bei der Zeile "I tät' net weggeh'n fia vü Göd" scheinen sich die einstigen FAC-Größen Ocwirk, Dienst, Arnautovic und Pacult, die als Graffitis von einer der Außenwände des alten Kabinentrakts auf das Spielfeld schauen, kurz wegzuducken.

"Floridsdorf - a guata Platz", versichert eine elektronische Bande noch, ehe das Spiel gegen den FC Dornbirn endlich angepfiffen wird. Viele der Nachwuchskicker haben ihre Eltern mitgebracht, die das Spiel mit einem Bierli in der Hand nur beiläufig verfolgen. Das Match hat längst Fahrt aufgenommen, da sind immer noch Villarreal und Bayern Gesprächsthema. Ein Vater schaut doch genauer hin. "Meinem würd' ich die verbieten", ist ihm die Regenbogen-Kapitänsschleife von Mirnes Becirovic aufgefallen. "Dann spüt er net."

Die Nachwuchs-Tribüne quittiert erste Angriffe der Hausherren mit kreischenden "FAC"-Rufen. Aus einer Ecke mischt sich die Trommel des rund 20 Mann und Frau starken aktiven Supports ein. Vielleicht sind's auch 21, um ihrem Namen "Northside 21", den ihr Transparent verrät, noch mehr Sinn zu geben. Der FAC drückt dem Spiel immer mehr den Stempel auf, in der Eltern-Gruppe ist jetzt Liverpool das Thema. Anderswo kommt man langsam in Form. "Des is wie bei der PlayStation, wannst di verdruckst", quittiert ein aufmerksamerer Zuschauer einen kläglichen Fehlpass. Für den Höhepunkt der ersten Hälfte sorgt ein Lattentreffer von Flavio, der mit einem mächtigen Verband an der Hand angetreten ist.

Fachsimpeln auf der FAC-Tribüne

Nach dem Pausenpfiff ist endlich der Nachwuchs an der Reihe. Von der U 6 bis zu den Amateuren defiliert er über den Platz. Der Platzsprecher bemüht sich, die Namen der sicherlich verdienstvollen Trainer unter das Volk zu bringen, wird aber von der FAC-Hymne übertönt. "Es is do so leiwand, do trifft ma olle Spezi." Drüben, neben dem Fanshop, für den ein kleiner Container reicht, geht es in einer Aktion des Match-Sponsors darum, mit einem Schaumstoffball in eine Waschmaschine zu treffen. Wer erfolgreich ist, nimmt an einer Verlosung teil. Wer nicht, kann sich nebenan mit einem Gin Tonic trösten. Der Gin ist nicht von Arnautovic. Vielleicht schaut sein Graffiti gegenüber deshalb so grantig drein.

"Auf geht's Burschen, holt's euch drei Punkte!", hat die "Northside 21" gecheckt, dass das Spiel schon weitergeht. Die Tribüne gehört jetzt beinahe zur Gänze ihr, nachdem nur mehr vereinzelte Nachwuchsspieler von ihrem Auftritt zurückgekehrt sind. Der Platzsprecher bedankt sich bei 1.125 Besuchern. Den mürrischen Alten, der fragt "Wo san die? Do ham's wieder die Mitglieder mit'zählt" gibt's auch auf dem FAC-Platz. Zwei andere Alte, die so aussehen, als hätten sie hier seit Jahrzehnten ihren Stammplatz, üben sich derweil in einer Art Doppel-Conference. Sie sind nicht nur äußerlich "Farkas und Waldbrunn" nicht ganz unähnlich, sie halten es auch mit deren Rollenverteilung - einer als Stichwortgeber, der andere als Erklärer. "Samma net ungerecht, si haum heuer scho so vüü g'wunna", mahnt der eine den anderen angesichts des Spielstandes von immer noch 0:0. Die Klage, dass heute aufgrund der Ausfälle von vier Stammspielern gar einer spielt, der sonst nie zum Zug kommt, pariert der andere mit: "Irgendwann wü der aa spüün, net nur trainieren."

Lokalaugenschein beim FAC

"Unsa Sturm schiaßt sött'n die Tor’", hoffen die beiden jetzt auf Tore aus dem Mittelfeld. "Oba da Föba is heit net guat", urteilen sie über Elias Felber, den Sohn des ORF-Fußballchefs, der aus dem Rapid-Nachwuchs kam. "Der Slobodan, der is eh guat", begrüßen sie deshalb die Einwechslung von Mihajlovic. Und schmunzeln gemeinsam über ihren "FC Jugo."

"Schon wieder knopp, schau da des an!", wird der ältere der beiden nach der nächsten vergebenen Chance schon weinerlich. Die postwendende Erklärung, dass die Mannschaft vielleicht mit den gestiegenen Erwartungen nicht fertig würde, wehrt er fast schon schroff ab: "I setz' ma gar kane Erwartungen, i geh her und schau, was kummt. Siech i eh, wia's wird."

"Wann's heit net g'winna is da Lauf vorbei", betrauert der eine schon die vertane Aufstiegschance. Der andere will vom Aufstieg gar nichts hören. "Des kennan sa se jo goa net leisten. Des san jo Fantasten. Sixt eh, wie sa si olle dahinquöön. Die Altach, die Hartberg."

"Die haum vüü dazuag'lernt"

Als nun auch der FC Dornbirn zu einer Halbchance kommt, sieht "Waldbrunn" sich schon an schwere Zeiten erinnert, als der FAC längst gewonnen geglaubte Spiele in letzter Minute noch aus der Hand gab. "Waaßt no, damals in der Wiener Liga gegen Waagner Biro? So eine Nudlmannschaft!" Und trotzdem hätten sie statt hoch zu gewinnen 1:2 verloren. "Wan i hamkumm, hau i mi in die Bod'waunn", wechselt "Farkas" das Thema. Er hat mit dem Spiel fast abgeschlossen. "Scheiße. I hob's befürchtet heit'." In der 77. Minute ist es dann doch fast so weit mit dem Torjubel, aber ein Dornbirner klärt nach Krainz-Abschluss auf der Linie. "So san die  Match. Do bist mochtlos." Wieder sieht der eine die Aufstiegs-Felle davonschwimmen. "Des geht jo net. Mia san a Dorfverein. Samma normal, denk ma normal!", bleibt der andere bei seiner Meinung zum Thema Aufstieg.

Und dann passiert es doch noch. Innenverteidiger Patrick Puchegger, bei Bayern München ausgebildet, bezwingt in der 86. Minute mit einem Freistoß Dornbirn-Keeper Bundschuh. "Da Puchegger! Olle drei Tore hot er g'mocht gegen Dornbirn!", weiß der eine sofort. "Zwa in Dornbirn! Des is a Guata, da Puchegger!", ruft er dem nächststehenden Grüppchen zu. Von dort kommt nur glückselig zurück: "Der Puchi!"

"Wann's heite wirklich g'winnaten…", will der Ältere noch immer nicht recht glauben. Immerhin gesteht er der Mannschaft zu: "Die haum vüü dazuag'lernt." Der andere weiß auch warum: "Des is da beste Trainer, denst' kriag'n kannst."

Dann Schlusspfiff. Der FAC bleibt mit einem Punkt Rückstand Austria Lustenau, das gleichzeitig Vorwärts Steyr 3:1 besiegte, auf den Fersen. Und mitten in den Jubel hinein stellen Pizzera und Jaus über die Lautsprecher schon die Frage, die sich sicher ein großer Teil der Zuschauer stellt: "Wo fahr ma hi-iii-n? Eine ins Leb'n!" Und wer weiß, vielleicht doch in die (erste) Bundesliga.

Horst Hötsch