Vergangene Woche, am Dienstag, war Sir Bobby Charlton persönlich anwesend, als der Nummer-eins-Trainingsplatz im St. George’s Park nach ihm benannt wurde. In der Akademie der englischen FA hingen, so hieß es, die Spieler der Nationalmannschaft, die sich auf das WM-Qualifikationsspiel gegen Slowenien vorbereitete, an seinen Lippen. Unter ihnen Marcus Rashford, der anmerkte, wie beeindruckend es sei, einer Legende zuzuhören, die den World Cup tatsächlich einmal gewonnen hat.
Rashford genoss wie einst der junge Robert Charlton als herausragendes Talent die Schule von Manchester United, des Klubs also, für den der Sir in 758 Spielen 249-mal traf, dessen allseits beliebter Botschafter diese Ikone seit Jahrzenten ist. Kein Spiel seiner "Red Devils" zu verpassen, möglichst an der Seite seiner Frau Norma, das strebt der Gentleman mit dem unverwechselbaren Seitenscheitel auch heute noch an, wenngleich es ihm altersbedingt immer mehr Mühen macht.Er ist einer der wenigen Weltmeister von 1966, die überhaupt noch in der Lage sind, in ein Stadion zu gehen oder öffentlich aufzutreten.
Überlebender des Münchner Flugzeugunglücks
Zehn Jahre, nachdem er das Flugzeugunglück in München-Riem überlebt hatte, führte Charlton 1968 die Nachfolger der Busby Babes zum Triumph im Europapokal der Landesmeister. Die Tragödie auf der Rückreise vom Spiel in Belgrad 1958, durch die 23 Menschen, darunter acht Teamkameraden, starben, "hat mein Leben verändert", sagt Charlton tief bewegt in einer neuen Dokumentation der BBC. Und er wiederholt die Frage, die er sich immer und immer wieder seitdem stellte: "Warum hatte ausgerechnet ich das Glück, auf dem richtigen Platz zu sitzen?"
Bobby Charlton (re.) im WM-Finale 1966 im Londoner Wembley Stadion gegen Deutschland. imago
Diese große, wirklich vorbildhafte Persönlichkeit aus der Pelé-Beckenbauer-Yashin-Eusebio-Epoche hat 106 Länderspiele für die Three Lions bestritten und war lange, bis Wayne Rooney ihn 2015 ablöste, mit 49 Treffern ihr Rekordtorschütze. Im Januar 2017 knackte Rooney dann auch Charltons seit 1973 bestehende Bestmarke für Manchester United.
2011 erhielt Charlton den Walther-Bensemann-Preis
Sir Bobby Charlton erhielt im Oktober 2011 den nach kicker-Gründer Walther Bensemann benannten Preis der Deutschen Akademie für Fußballkultur, weil er Werte wie Fair Play und Respekt auf dem Spielfeld und darüber hinaus buchstäblich kultivierte. Auch und gerade in der sportlichen Rivalität mit den deutschen Nationalspielern zu einer Zeit, als die Wunden zweier Weltkriege im deutsch-britischen Verhältnis noch offen lagen.
Sir Bobby Charlton wird am Mittwoch 80 Jahre alt. Die Chance, dass seine Nachfolger im United-Trikot wie Rashford ihm in dieser Saison Silberware nachreichen, ist weitaus wahrscheinlicher als ein WM-Triumph Englands 2018. Wobei: Mehr Inspiration als ihn persönlich kann es kaum geben.