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Schmerzmittel in der Bundesliga: "Ibuprofen wird wie Smarties verteilt"

ARD-Dopingredaktion über Schmerzmittelgebrauch von Profi- und Amateurfußballern

Schmerzmittel in der Bundesliga: "Ibuprofen wird wie Smarties verteilt"

Paracetamol, Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Diclofenac & Co.: Schmerzmittel finden auch im Amateurfußball Verwendung.

Paracetamol, Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Diclofenac & Co.: Schmerzmittel finden auch im Amateurfußball Verwendung. picture alliance

Wie die ARD in einer Pressemitteilung verkündet, gibt es einen enormen Missbrauch an Medikamtenen wie Ibuprofen auch im Amateurfußball. "Das Rechercheteam von CORRECTIV und der ARD-Dopingredaktion hat ein Jahr zum Thema Schmerzmittelmissbrauch im Fußball recherchiert", so das öffentlich-rechtliche Fernsehprogramm. Das Ergebnis: "Der deutsche Fußball hat ein großes Problem mit Schmerzmitteln."

Darüber hinaus heißt es, dass vermeintlich harmlose Substanzen für unzählige Spieler zu unverzichtbaren Begleitern rund um ein Fußballspiel geworden seien - von der "Kreisklasse bis zur Bundesliga" und "mit zum Teil dramatischen gesundheitlichen Folgen".

Spielersteckbrief Schahin
Schahin

Schahin Dani

Spielersteckbrief Hummels
Hummels

Hummels Jonas

Spielersteckbrief Subotic
Subotic

Subotic Neven

"Du nimmst zu viel Schmerzmittel, lass es!"

Belegt wird das unter anderem mit Zitaten von Beteiligten wie Dani Schahin, ausgebildeter Fußballer beim Hamburger SV und später unter anderem in Fürth, Düsseldorf, Mainz sowie im Ausland unterwegs. Der 30-jährige Profi sagt etwa: "Wenn man darauf angewiesen ist zu spielen, dann ist es einfach nicht realistisch, ohne Schmerzmittel weiterzumachen." Die letzten drei, vier Jahre sei bei Schahin "eigentlich gar nichts mehr ohne Schmerzmittel" gelaufen.

Auch Jonas Hummels, Bruder des BVB-Verteidigers und Weltmeisters Mats Hummels, kommt zu Wort. Der Spieler, bis 2016 Drittliga-Profi in Unterhaching, heute 29 Jahre alt und als Experte im Einsatz, gibt zu: "Du kannst mir neunmal sagen: 'Du nimmst zu viel Schmerzmittel, lass es!' Ich hör' neunmal weg." Einmal, als klassische Tabletten offenbar nicht mehr geholfen hatten, ließ sich Hummels sogar sein Knie vor Anpfiff mit vier Spritzen örtlich betäuben.

Der langjährige Dortmunder Publiklumsliebling Neven Subotic, aktuell bei Aufsteiger Union Berlin aktiv, wird sogar noch deutlicher: "Was ich in den letzten 14 Jahren mitbekommen habe - Ibuprofen wird wie Smarties verteilt. Von den Vereinen gibt es da auch nach meinem Wissen keine große Aufklärungsarbeit, weil sie eben auch unter Druck stehen, den Spieler so schnell wie möglich auch fitzukriegen."

Herz, Leber, Nieren, Magen in Gefahr

Schmerzmittel werden auch im Amateurfußball reichlich verwendet.

Die Journalisten des Rechercheteams von CORRECTIV und der ARD-Dopingredaktion decken einen Missbrauch im Fußball auf. picture alliance

Um weitere Belege zu sammeln, haben die Journalisten des Rechercheteams von CORRECTIV und der ARD-Dopingredaktion auch mit mehr als 150 Bundesliga-Spielern, Ex-Profis, Trainern, Teamärzten, Wissenschaftlern und Funktionären gesprochen. Die alarmierenden Verhältnisse dokumentiere außerdem "eine Befragung, an der sich deutschlandweit mehr als 1100 Fußballerinnen und Fußballer beteiligt haben. Mehr als 40 Prozent der genannten Gründe für die Einnahme von Schmerzmitteln beziehen sich auf die Motivation, im Spiel eine bessere Leistung abrufen zu wollen - unabhängig von Schmerzen oder Verletzungen."

Von all diesen Erkenntnissen zeigte sich auch DFB-Präsident Fritz Keller "schockiert" - und kündigte eine Reaktion an: "Da müssen wir unbedingt an unsere Landesverbände gehen und über Trainer eine Sensibilisierung hinkriegen." Der Sport im Amateurbereich sei schließlich laut Keller "zur Gesunderhaltung gedacht - und nicht dafür, dass man sich kaputt macht".

Kurzum: Der Fußball habe laut ARD-Dopingredaktion und CORRECTIV "ein Schmerzmittelproblem", was sämtliche Recherchen sowie Interviews mit mehr als 100 Protagonisten - darunter auch Ärzte, die das Problem erkannt haben - belegen würden. Schließlich wohnt dem Ganzen ein übergeordnetes Problem bei: "Denn übermäßiger Konsum der Pillen kann das Herz angreifen, die Leber, die Nieren und den Magen."

Das Erste zeigt die TV-Dokumentation Geheimsache Doping: "Hau rein die Pille!" im Anschluss an das DFB-Pokal-Halbfinale zwischen Regionalligist 1. FC Saarbrücken und Bayer 04 Leverkusen am Dienstag ab 22.45 Uhr im frei empfangbaren TV. Online ist das gesamte Feature bereits am Dienstagmorgen auf "sportschau.de" sowie in der "ARD-Mediathek" abrufbar. Alle zentralen Ergebnisse gibt es zudem hier.

Unter dem Hashtag #Pillenkick wird zudem auf verschiedenen Plattformen über das Thema berichtet - und dazu aufgerufen, selbst aktiv über Social Media aktiv zu werden und mitzudiskutieren.

mag