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Lagebericht von Lukas Rupp - "Joelinton hat es echt schwer"

Lagebericht des Ex-Hoffenheimers aus England

Rupp über früheren Kollegen: "Joelinton hat es echt schwer"

In Hoffenheim waren sie Kollegen, auf der Insel spielen sie gegeneinander: Lukas Rupp und Joelinton.

In Hoffenheim waren sie Kollegen, auf der Insel spielen sie gegeneinander: Lukas Rupp und Joelinton. imago images (2)

Lukas Rupp kann sich derzeit sicher sein: Er ist nicht infiziert. Der frühere Hoffenheimer, der im Winter zu Norwich City gewechselt war und dort einen Vertrag bis 2022 unterzeichnet hatte, wurde auf das Coronavirus getestet. Seit Mitte März ruht auch in der Premier League der Spielbetrieb auf unbestimmt Zeit, Rupp hatte die Gelegenheit zu einem Besuch in der Heimat in Heidelberg genutzt und wurde bei seiner Rückkehr wie alle anderen seiner ausländischen Kollegen einem Test unterzogen.

"Ein bis zwei Wochen hinkt die Entwicklung auf der Insel dem europäischen Festland hinterher", ahnt Rupp, dass auch England das Schlimmste erst noch bevorstehen könnte. Derzeit trainieren auch Norwichs Profis individuell. Zu Hause oder einzeln zu Läufen oder Einheiten im Kraftraum auch auf dem Vereinsgelände. "Ich habe aber zu Hause einiges Equipment", so Rupp, der sich daheim fit hält. Demnächst wird es dort erheblich kurzweiliger, dann kommt sein Bruder samt Familie, der in London arbeitende Architekt will dem Hotspot etwas entfliehen.

Rupp glaubt an den Klassenerhalt

Da geht es im zweieinhalb Autostunden nordöstlich gelegenen Norwich deutlich beschaulicher zu. "Eine nette Kleinstadt mit etwa 50.000 Einwohnern, durchaus vergleichbar mit Heidelberg", schildert Rupp, "ich fühle mich wirklich wohl hier." Nur die Zwangspause kommt dem Mittelfeldspieler so gar nicht gelegen, schließlich hatte er die TSG verlassen, um endlich wieder mehr Spielpraxis zu sammeln. Das ist ihm auch gelungen. Bis zur Corona-Pause kam Rupp unter dem deutschen Trainer Daniel Farke bereits sechsmal zum Einsatz, zwei Siege, ein Remis und drei Niederlagen verbuchte Norwich mit Rupp. Noch immer ziert der Aufsteiger das Tabellenende, mit sechs Punkten Rückstand zum rettenden Ufer bei neun noch ausstehenden Spielen. "Uns schreiben zwar schon alle ab, aber der Klassenerhalt ist noch drin", versichert Rupp, "zumal wir noch gegen drei direkte Konkurrenten spielen. Und in allen Partien bisher waren wir nie chancenlos und hätten eigentlich immer punkten können."

Knappe Niederlage gegen die Topklubs

Beeindruckt haben den 29-Jährigen aber selbst die Niederlagen. "Es ist eine tolle Erfahrung, die Atmosphäre in der Premier League zu erleben. In England wird der Fußball richtig gelebt, die Stadien sind immer voll", so Rupp, der vor allem von Tottenhams Fußballtempel schwärmt, "der ist echt Wahnsinn, wirklich vom Allerfeinsten". Mit Norwich konnte Rupp selbst gegen die Topklubs aus Liverpool (0:1), Tottenham (1:2) oder Leicester (1:0) durchaus Konkurrenzfähigkeit beweisen.

"Auch in Newcastle hätten wir gewinnen müssen", erinnert sich Rupp an das 0:0, bei dem er seinen früheren Hoffenheimer Kollegen Joelinton wiedertraf. "Er hat es echt schwer dort", erzählt Rupp, "die spielen ein 5-4-1, parken den Bus vor dem eigenen Tor, und vorne muss sich Joelinton ziemlich auf sich alleine gestellt abrackern." Kein Wunder, dass der Brasilianer, der im Sommer für 45 Millionen Euro von der TSG nach Newcastle gewechselt war, zwar alle Spiele für die Magpies bestritten, aber erst ein Saisontor und zwei Vorlagen auf dem Konto hat. Magere 25 Treffer in 29 Spielen hat der 13. in der Tabelle bislang nur zustande gebracht, so knausrig war sonst nur Schlusslicht Norwich.

Viele alte Bekannte, aber nicht abgekapselt

Dort traf Rupp auf eine kleine deutsche Kolonie und andere frühere Bundesligaspieler. Neben Trainer Farke stehen auch der der frühere Augsburger und Dortmunder Moritz Leitner, Timm Klose (Wolfsburg/Nürnberg), Christoph Zimmermann (Gladbach II/Dortmund II) unter Vertrag, "und mit Mario Vrancic habe ich noch in Paderborn und mit Josip Drmic in Gladbach zusammengespielt", so Rupp, mit Marco Stiepermann war er einst für die deutsche U-20-Nationalmannschaft aktiv. Zudem stehen auch noch der Ex-Schalker Teemu Pukki, der frühere Herthaner Ondrej Duda sowie Tom Trybull (St. Pauli/Greuther Fürth) in Norwichs Aufgebot, Schalkes einstige Nummer 1, Ralf Fährmann, wechselte Anfang des Monats zu Brann Bergen nach Norwegen.

Viele alte Bekannte also, "das hat mir den Einstieg natürlich erleichtert", sagt Rupp, dennoch sei die deutsche Fraktion "nicht abgekapselt, sondern sehr gut integriert". Sein Englisch reicht längst auch für Interviews, problematisch ist nur der gewöhnungsbedürftige Dialekt einiger Iren im Team, "das ist echt eine andere Sprache", flachst Rupp. Wie und wann auch immer diese Saison beendet werden wird, für Rupp ist jetzt schon klar: "Es war die richtige Entscheidung, hierher zu wechseln, ich bin froh, dass ich diese Erfahrungen sammeln darf."

Michael Pfeifer