Nationalelf

KMD: Rethy lobt Rettig und van Gaal und schwärmt von Glatzel

Bela Rethy blickt beim KMD zurück und in die Zukunft

Rethy lobt Rettig und van Gaal - und spricht sich für Glatzel in der Nationalelf aus

Jahrelang immer ganz nah dran an Fußball: Bela Rethy.

Jahrelang immer ganz nah dran an Fußball: Bela Rethy. IMAGO/Ulrich Hufnagel

Über Jahrzehnte war Rethy journalistisch tätig, viele Jahre davon begleitete er auch die deutsche Nationalmannschaft, ehe er im vergangenen Dezember das Mikro an den Nagel hängte. In seinem Reporter-Leben hat der 66-Jährige schon viel erlebt und dabei auch zahlreiche Entwicklungen mitgemacht - auch die der verschlossenen Türen. "Die Spieler sind oft sehr entspannt und sehr locker, die machen alles Mögliche mit", sagte die Kommentatoren-Legende bei KMD und stellte fest, dass es "die Filter davor sind, die schwierig sind". Beispielhaft sprach er über ein Erlebnis bei der EM 2004 in Portugal, als er zufällig mit David Beckham ins Gespräch kam und dann jäh von einem Pressesprecher der Engländer unterbrochen wurde.

Das war nur ein Beispiel, wie sich das Arbeitsklima im Fußball verändert habe. Anfang der 1980er sei das noch anders gewesen, da sei man viel näher dran gewesen, doch "das wurde nach und nach immer weniger". Er selbst habe früher rund um Spiele bei den diversen Bundestrainern wie Franz Beckenbauer, Berti Voigts, Erich Ribbeck oder Rudi Völler persönlich Kontakt gehabt, das habe sich aber im Laufe der Jahre verändert: "Am Ende konnte man nur noch mit dem Assistenten telefonieren, wenn es gut ging."

Das Flick-Aus in der Nationalelf

Von daher habe ihm auch die "Amazon"-Dokumentation "All or Nothing: Die Nationalmannschaft in Katar" gut gefallen, da diese zwar eine "überraschend Nähe" liefert, dabei aber "keine Hommage ist, denn es gab auch eine kritische Aufarbeitung." Rethy weiß, dass die Doku dem inzwischen entlassenen Bundestrainer Hansi Flick nicht gefallen haben dürfte, doch der 58-Jährige sei "Profi genug, um berechtigte Kritik zu akzeptieren".

Manchmal ist nicht immer der beste Trainer passend für jede Mannschaft

Bela Rethy

Ohnehin hat Rethy offenbar das Gefühl, dass sich Flick im Rampenlicht nicht so wohlfühlt. Flick sei zwar fachlich exzellent, aber eben kein "Mann der ersten Linie. Ich habe in seiner Münchner Zeit mitgekriegt, wie ungern er zum dritten oder vierten Interview er gegangen ist. Er wurde dann zu diesem hingeführt - motzend und meckernd." Dass Flick kein Sprachvirtuose sei, habe man "auch an seiner Rhetorik gemerkt, die ein bisschen altertümlich wirkt".

Dies habe "man auch in den Gesichtern der Spieler gesehen, wenn er eine Ansprache gehalten hat." Rethy habe "eine gewisse Leere erkannt. Ich glaube, dass er die Mannschaft nicht 100-prozentig erreicht hat, dass er das falsche Vokabular verwendet hat. Das sind ja 22-jährige TikToker." Rethy fragt sich, ob es überhaupt möglich gewesen sei, "das Leben dieser Profis in Einklang zu bringen mit der Mentalität von Flick. "Manchmal ist nicht immer der beste Trainer passend für jede Mannschaft."

Im Podcast richtete Rethy seinen Blick aber nicht nur zurück, sondern auch nach vorne. So findet er die DFB-Entscheidung Andreas Rettig als neuen Geschäftsführer zu installieren "großartig". Der sei ein "meinungsstarker Mensch", der "so einem verkrusteten Apparat" guttut, weil "dem alles völlig Jacke ist". Einen ähnlich mutigen Ansatz würde er sich auch beim neuen Bundestrainer wünschen. Besonders wichtig dabei wäre ihm, dass es jemand wird, "der nichts schönredet", denn eine "große Gemeinsamkeit aller Bundestrainer war, dass sie alles schöngeredet haben. Ich habe noch nie gehört: 'Das war so richtig kacke, wir müssen das komplett anders machen.'"

Jemand, der für klare Worte bekannt ist, ist Louis van Gaal, den Rethy positiv sieht, weil der Niederländer "keine Konflikte scheut. Der würde sich gar nicht sagen lassen." Sollte es van Gaal werden, dann wäre er der erste ausländische Bundestrainer in der Geschichte. Für Rethy wäre das gar kein Problem, zumal auch andere große Fußballnationen diesen Weg eingeschlagen haben. "Interessant ist, dass die Brasilianer diesen Schritt gehen werden", sagte Rethy und verwies auf Carlo Ancelotti, der die Seleçao übernehmen wird. Vor einigen Jahren wäre so etwas in Brasilien "ein Sakrileg" gewesen, "aber vielleicht ist es Zeit, neu zu denken."

Glatzel und Terodde - zwei Stürmer für die Nationalelf?

Robert Glatzel

Ist Robert Glatzel ein Mann für die Nationalelf? Bela Rethy würde ihn gern dabei haben. IMAGO/Fussball-News Saarland

Neu denken sollte man auch die Kaderzusammenstellung, gerade mit Blick auf die seit Jahren schon andauernde Sturmflaute in der Nationalelf. "Wir haben in der Bundesliga fast keinen Mittelstürmer", betonte Rethy und sprach dann über mögliche Alternativen aus der 2. Liga. Namentlich nannte er dabei Robert Glatzel vom Hamburger SV.

Der sei ein "Mittelstürmer mit sensationeller Köperbeherrschung und technisch gut. Er spielt halt zweite Liga - so what?" Rethy betonte zugleich, dass er Glatzel nicht als Stammspieler sehen würde, aber als gute Ergänzung, die man im Kader gebrauchen könnte. Selbiges träfe auch auf Schalkes Simon Terodde zu. "Der kann den Kopf hinhalten."

In nicht ganz einem Jahr steht die Heim-EM an, derzeit sei nicht "prognostizierbar", wie die Stimmung werden wird. Das hätten die zwei jüngsten Länderspiele gegen Japan (1:4) und Frankreich (2:1) eindrucksvoll gezeigt. Rethy aber weiß, was man auf jeden Fall tun sollte. "Wenn man es im Vorfeld nicht kaputtredet, wie wir es in Katar gemacht haben, dann kann eine Euphorie entstehen."

Rethy verriet Alex Schlüter und Benni Zander zudem mit, wie er zu seinem Job gekommen ist, wie er einen ehemaligen brasilianischen Superstar beeindruckte, was nötig ist, um Sportreporter zu werden - wie sich seine Liebe zur deutschen Nationalmannschaft entwickelt hat, er beantwortet auch die Frage nach der Qualität der Nationalelf, blickt auf die EM 2024 im eigenen Land voraus, wagt auch eine Prognose zum deutschen Abschneiden und sagt, warum man nach dem Sieg gegen Frankreich nicht in Euphorie verfallen sollte

drm

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KMD #211
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