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Swete: "Wir machen uns kleiner, als wir tatsächlich sind"

Exklusiv-Interview mit dem Torhüter des TSV Hartberg

Rene Swete: "Wir machen uns kleiner, als wir tatsächlich sind"

Rene Swete fuhr mit Hartberg in der bisherigen Bundesliga-Saison zwei Siege ein.

Rene Swete fuhr mit Hartberg in der bisherigen Bundesliga-Saison zwei Siege ein. GEPA Pictures

Herr Swete, Sie haben mit dem TSV Hartberg mit dem 2:0-Erfolg bei Rapid einen tollen Saisonstart in der Liga hingelegt, danach gab es bis zur Länderspielpause aber keinen Sieg mehr. Am vergangenen Wochenende wurde dann der WAC mit 3:1 geschlagen. Wir bewerten Sie den Saisonstart Ihrer Mannschaft?

Durchschnittlich. Das war schon in Ordnung. Es ist auch ein Zeichen, wie ausgeglichen die Liga ist. Oft entscheidet die Tagesverfassung oder ein glücklicher Spielverlauf. Der Saisonstart war schwer in Ordnung, hätte aber auch besser sein können. Er war okay.

Nach dem Wechsel von Markus Schopp gab es doch einiges an Aufregung in Hartberg. Wie sieht das erste Fazit Ihrer Zusammenarbeit mit Neo-Trainer Kurt Russ aus?

Jeder Trainer hat seine Eigenheiten. Sie sind verschiedene Charaktere. Generell haben wir ein sehr homogenes und gutes Trainerteam. Ich würde sagen, dass Kurt im Vergleich zu Markus mehr mit den Spielern spricht und uns im Verbund mit seinem Trainerteam Lösungsvorschläge und taktische Ausrichtungen mitgibt. Das funktioniert mittlerweile sehr gut. Das hat auch schon in der ersten Runde geklappt. Wir haben ein gutes Miteinander und ich denke, dass der Trend in die richtige Richtung geht.

In der kommenden Woche trifft Hartberg im Cup auf Gurten. Bekanntlich ist ein internationaler Bewerb über diesen Weg am schnellsten zu erreichen. Wie sehen - auch aufgrund dieser besonderen Konstellation - die Ziele für den Cup aus?

Ich gehe davon aus, dass jede Mannschaft das Ziel hat, den Cup zu gewinnen - so blöd das jetzt auch klingen mag. Es sind nur wenige Spiele, dementsprechend schwere Gegner hat man dann auch. Der Grundgedanke ist ja, dass man jedes Spiel gewinnen will. Es ist nicht zielführend, in den ÖFB-Cup zu gehen und das Achtelfinale als Ziel auszurufen. Da hat man vielleicht drei schöne Spiele, aber dann ist es vorbei und es war für nichts. Das Ziel jeder Mannschaft ist, so weit wie möglich zu kommen. Das ist im Cup eben das Finale. Wenn man einmal dort ist, ist das Ziel natürlich, dieses auch zu gewinnen. Auch wenn es nur wenige Spiele sind, ist der Weg dorthin aber definitiv kein leichter.

Das ist schon ein Spiegelbild der Qualität in der Liga.

Rene Swete über die vier österreichischen Europacup-Teilnehmer

Das Ziel lautet für Sie daher eindeutig Cup-Sieg?

Ja. Ich gehe den Cup gleich an wie jedes Meisterschaftsspiel. Auch da will ich jede Partie gewinnen. Wenn ich jedes Match im Cup gewinne, stehe ich am Ende als Sieger da. Das ist nicht leicht, aber es geht einfach darum, Spiel für Spiel zu gewinnen. Das ist eine einfache Rechnung. Ich glaube, dass es möglich, aber gleichzeitig auch sehr schwer ist.

Schwer haben es auch die österreichischen Teams im Europacup. Was trauen Sie Salzburg, Rapid, Sturm und LASK zu? Und wie sehen Sie die Entwicklung des österreichischen Fußballs im internationalen Kontext?

Auch diese Saison zeigt: Wir machen uns kleiner, als wir tatsächlich sind. Wir haben wieder vier Mannschaften in den internationalen Bewerben. Davon eine in der Champions League, zwei in der Europa League und eine in der Conference League. Das ist schon ein Spiegelbild der Qualität in der Liga. Natürlich sind wir noch lange nicht in der europäischen Spitze, aber wir sollten uns auch nicht kleiner machen, als wir sind. Man hat auch im Salzburg-Match gegen Sevilla gesehen, dass solche Spiele keine klare Sache sind. Auch wenn der Spielverlauf vielleicht glücklich und dann irgendwie doch unglücklich war, hat Salzburg voll mitgehalten. Wir sind nicht so schlecht, wie wir uns in Österreich sehen.

Wie sehr reizt es Sie angesichts der Teilnahmen dieser vier Vereine, selbst international zu spielen?

Es war schon im vergangenen Jahr ein hervorragendes Erlebnis, als wir in der zweiten Europa-League-Quali-Runde gespielt haben. Das war zwar nur eine Begegnung und vor leeren Rängen, aber man hat das gewisse Flair trotzdem schon gemerkt. Es ist ein innerer Antrieb, so erfolgreich wie möglich zu sein und die größtmöglichen Spiele zu machen. Dazu zählt definitiv auch, international zu spielen.

Fußballspruch des Jahres 2021: Wen Baumgart alles hinter sich ließ

Sie sind als einer der wenigen Fußballprofis dafür bekannt, sehr ehrliche und offene Interviews zu geben. Ist der Fußballsport mittlerweile zu weichgespült?

Das kann ich nicht beurteilen. Ich kann nur von mir reden: Ich bevorzuge den direkten Weg, auch wenn das nicht immer alle Leute hören wollen. Das ist einfach meine Denkweise. Auch wenn ich mit Freunden rede, spreche ich manchmal Sachen an, die im Moment vielleicht nicht so positiv sind. Ich will dadurch aber nicht auf mich aufmerksam machen. Das ist schlicht und ergreifend meine Meinung und zu dieser stehe ich großteils dann auch. Es waren aber auch schon Interviews dabei, die ich zu emotional geführt habe. An meiner Sicht hat sich aber nichts geändert: Der ehrliche und direkte Weg ist im Endeffekt doch jener, der einen weiterbringt.

Wenn wir schon bei Ehrlichkeit sind: Wie beurteilen Sie die ersten Spiele des VAR?

Es war jedem bewusst, dass es nicht reibungslos ablaufen wird. Das war und ist auch teilweise in Deutschland so. Wir sollten ihm aber schon eine Chance geben. Ich denke, dass 70 bis 80 Prozent richtige und auch wichtige Entscheidungen sind, die teilweise gar nicht gesehen wurden. Es waren auch bei uns schon Eingriffe dabei, die uns benachteiligt haben. Mit etwas Abstand muss man das so akzeptieren. Von der Grundidee her ist es aber das Richtige.

Viele Fans würden jetzt dagegenhalten und sagen, dass die Emotionen wegfallen und der Fußball dadurch zerstört wird.

Es ist natürlich schon ein ungewohntes Gefühl, nach einem Torerfolg warten zu müssen, ob alles in Ordnung war. Wenn wir Gerechtigkeit wollen, werden wir das aber wahrscheinlich in Kauf nehmen müssen. Es ist generell so, dass wir Menschen Neuem kritisch gegenüberstehen. Wir sollten dem Ganzen eine Chance geben. Das ist eine durchaus sinnvolle Ergänzung für den Fußball.

Hartberg und Avdijaj, das kann eine richtig gute Kombination werden.

Rene Swete über die Verpflichtung von Donis Avdijaj

Vor Kurzem gab Hartberg die Verpflichtung von Donis Avdijaj bekannt. Über ihn wurde bei all seinen Stationen immer viel geredet. Wie haben Sie ihn in den ersten Wochen wahrgenommen und kennengelernt?

Ich kann nur davon reden, wie er bei uns ist. Er ist ein sehr offener und herzlicher Typ. Er hat manchmal seine fünf Minuten, in denen er ein bisschen Blödsinn redet, aber das ist nie ungut. Das ist immer auf einer sehr witzigen Ebene. Ich könnte - was das Menschliche betrifft - kein schlechtes Wort über ihn verlieren. Ich mag ihn richtig gerne. Er wurde in der Mannschaft gut aufgenommen. Über sein fußballerisches Potential müssen wir nicht reden. Es liegt an uns, das Umfeld zu schaffen, in dem er seine Leistung voll abrufen kann. Es liegt aber natürlich auch an ihm, das zurückzuzahlen. Ich stehe dem Ganzen sehr positiv gegenüber. Hartberg und Avdijaj, das kann eine richtig gute Kombination werden.

Wurden Sie angesichts seiner schillernden Vergangenheit gefragt, ob er in die Mannschaft passt? Oder kam dieser Transfer auch für Sie überraschend?

Es ist nicht unsere Aufgabe, in den Prozess, welche Spieler geholt werden, eingebunden zu sein. Das ist die Verantwortung von Erich Korherr (Obmann, Anm.) und dem Trainerteam. Es ist bekannt, dass wir eine Mannschaft sind, die verschiedene Spielercharaktere verkraftet. Wir sind ein sehr homogenes Gefüge und akzeptieren jeden so, wie er ist. Wenn es Sachen gibt, die angesprochen werden müssen, wird das auch getan. Das ist ein Punkt, der Donis extrem helfen kann. Wir wollen ihn nicht verändern. Wir wollen nur, dass er seine beste Leistung bringt. Das wäre für den Verein und ihn am besten. Es gibt keine Schwierigkeiten. Er ist mittlerweile - falls es früher anders gewesen sein sollte - auch für konstruktive Kritik und Verbesserungsvorschläge offen. Das zeigt er auch im Training. Ich sehe da überhaupt kein Problem und denke - wie gesagt -, dass das eine sehr gute Verbindung werden kann.

Abschließend noch eine Frage zu Ihnen persönlich: Sie waren im August etwas angeschlagen und haben daher auch bei zwei Spielen gefehlt. Sind Sie wieder bei 100 Prozent?

Ich würde schon sagen, dass ich wieder annähernd bei 100 Prozent bin. Es war ein komischer Infekt. Keiner hat gewusst, was es wirklich ist. Ich war einfach müde. Zum Glück war es kein Corona. Ich war relativ schlapp, niedergeschlagen und schwer verschnupft. Das hat sich in die Länge gezogen, aber mittlerweile bin ich wieder so gut wie bei 100 Prozent.

Nikolaus Fink

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