kicker

Peter Stöger: "Ich will nicht irgendwo für drei Monate den Feuerwehrmann machen"

Ex-Austria-Coach nun TV-Experte

Peter Stöger: "Ich will nicht irgendwo für drei Monate den Feuerwehrmann machen"

Peter Stöger sitzt nun als TV-Experte im Sky-Studio.

Peter Stöger sitzt nun als TV-Experte im Sky-Studio. imago images/Matthias Koch

Herr Stöger, wo würden Sie für sich Ihr kurzes Kapitel in Ungarn einordnen?

Es klingt vielleicht komisch, aber es war total interessant und positiv. Es war eine neue Liga, ich habe erstmals in einem Verein gearbeitet, in dem die Vereinssprache Englisch ist. Das hat gut funktioniert. Wir haben die Zielsetzung mit dem Einzug in eine europäische Gruppenphase erreicht und damit auch richtig viel Kohle verdient. Wir waren auch in der Liga nach Verlustpunkten oder dem Punkteschnitt vorne. Deshalb war die Trennung nicht nur für mich, sondern auch für Beobachter überraschend. Ich hätte im Winter etwas ändern wollen, vielleicht hat das dem Klubchef nicht gepasst. Vielleicht war ich ihm nicht streng genug, was ich auch irgendwann einmal gehört habe. Aber ich bin im Guten gegangen.

In den letzten zwei, drei Jahrzehnten ist der ungarische Fußball dem österreichischen ein beträchtliches Stück hinterhergehinkt. Jetzt scheint er wieder aufgeholt zu haben?

In der Infrastruktur hat sich sehr viel getan. Es gibt top Stadien und Trainingsbedingungen, trotzdem würde ich die Liga schwächer als unsere einschätzen. Zwei, drei Vereine könnten bei uns schon mitspielen, Konkurrenz zu Salzburg wären sie aber keine. Ferencvaros selbst ist ein gut geführter Klub mit schlanken Strukturen, aber mit einer Erwartungshaltung, die nur schwer zu erfüllen ist.

Sie starten dieser Tage als Experte bei Sky. Klingt nicht, als würden Sie in drei Wochen schon irgendwo einspringen wollen?

Genau. Es hätte schon einige Anfragen gegeben, aber ich habe mich entschieden, dass ich vor Sommer nichts machen werde. Ich will nicht irgendwo für drei Monate den Feuerwehrmann machen. Meine Tätigkeit bei Sky beginnt am Montag in "Talk und Tore", danach geht’s mit den Spielen los.

Jetzt könnte man den Sky-Job auch als idealen Warteposten für den Teamchefposten sehen…

Ein Warteposten ist es definitiv nicht. Es hat ja schon vor einigen Monaten irgendwo geheißen, dass ich ein Teamchef-Kandidat bin. Da habe ich den Franco gleich angerufen und ihm gesagt, dass ich nicht auf seinen Job warte. Ich hoffe, dass er im März die Qualifikation schafft, was schwer, aber möglich ist. Ich weiß, dass ich mit allem, was ich zu diesem Thema sage, Öl ins Feuer gieße. Aber ich habe wirklich die Hoffnung, dass Franco das hinkriegt. Dann erübrigt sich die Frage. Er kommt in der Bewertung nicht so gut weg, wie er das verdienen würde. Keine Frage, er hat eine gute Mannschaft, er hat aber auch einen sehr guten Punkteschnitt. Da haben wir schon andere Zeiten erlebt.

TOTW 22 - FIFA 22 - mit Doppelpacker Reus und glänzendem Sterling

Bessere Zeiten hat auch die Austria schon erlebt. Haben Sie überlegt, sich einer Investorengruppe anzuschließen, um Ihrer Austria zu helfen?

Nein. Ich habe zwei Jahre lang geholfen, Investoren zu finden. Das war schon sehr anstrengend und herausfordernd, das Werkl am laufen zu halten. Aber dass es nicht leicht werden würde, war schon klar, als man mich gefragt hat, ob ich mithelfen könnte. Wenn alles super läuft, wird man das ja in den wenigsten Fällen gefragt. Dass ich im zweiten Jahr den Trainerjob übernehme, war nicht geplant. Da habe ich sparen geholfen. Dass jetzt eine österreichische Gruppe den Zuschlag bekommen hat, ist eine sehr gute Lösung, weil viele Personen mit Fußball-Sachverstand dabei sind.

Wie gefällt Ihnen, was Manfred Schmid und die junge Truppe im Herbst gezeigt haben?

Sie machen einen ordentlichen Job. Sie profitieren zwar auch davon, dass Klubs wie Rapid oder der LASK hinter den Erwartungen geblieben sind, aber das muss man auch erst einmal ausnutzen. Auch die Positionierung als Underdog haben sie gut hinbekommen. Die Fans gehen den Weg mit. Es hat ein bisschen gedauert, aber in den letzten Jahren haben wir ihnen schon auch verklickert, dass sie jetzt zwar ein schönes Stadion haben, aber es rundherum viele Probleme gibt.

Von der Entwicklung der Jungen sind Sie überrascht?

Beim einen oder anderen hat man schon gesehen, dass er Bundesliga spielen wird können. Braunöder und Huskovic haben sich wirklich gut entwickelt, dass Martel so stabil spielt, war ohnehin zu erwarten. Er ist nicht nur für sein Alter überragend. Um den haben wir uns bei RB Leipzig auch sehr bemüht. Alex Bade hat das eingefädelt, aber auch sein Management und sein Vater waren sehr dahinter, dass er Spielpraxis bekommt. Dass Leipzig keine zweite Mannschaft mehr hat, ist uns da sehr entgegengekommen.

Wird es wichtig sein, in die Top 6 zu kommen oder ist der Weg über die Qualifikationsrunde in den Europacup zu kommen sogar der einfachere?

In die Top 6 zu kommen, wäre für alle Bereiche gut. Für das Image, für die Stimmung. Es wäre leichter, bei den Investoren positive Stimmung zu verbreiten. Das internationale Geschäft zu erreichen, wird da oder dort nicht einfach.

Heuer hat Salzburg zwar nicht wirklich geschwächelt, aber es gibt auch keine zweite Mannschaft, die so stabil war, dass sie dran geblieben wäre.

Peter Stöger über die Dominanz vom Tabellenführer

Die Frage, wie es mit der Austria so weit kommen konnte, würde zu weit führen, aber als Sie 2013 die Austria nach dem Meistertitel verlassen haben, hätten Sie einen anderen Weg verfolgt. Sie haben dafür plädiert, das eine oder andere Angebot für die Meisterkicker anzunehmen und wieder junge, hungrige Spieler zu entwickeln.

Kontinuität hat schon auch was für sich, aber ich glaube, dass du Leute zum richtigen Zeitpunkt auch ziehen lassen musst. So ein Geschäftsmodell wie es Red Bull Salzburg sehr erfolgreich betreibt. Aber mit dem Einzug in die Champions League hat die Austria das damals gut hingekriegt. Was danach passiert ist, war nicht optimal. Der Meistertitel damals war auch ein Erfolg des Kollektivs und der Geschlossenheit. Wenn man sich die Mannschaft von damals anschaut, ist ja danach keiner so richtig durch die Decke gegangen. Den größten Schritt hat eigentlich Sutti (Anm.: Suttner) gemacht, der nicht mehr der Jüngste war. Bei Hosiner ist die Krankheit dazugekommen. Die anderen sind eigentlich nicht zu größeren Vereinen gewechselt.

Ist absehbar, dass es wieder einmal einen anderen Meister als Red Bull Salzburg geben wird?

Normalerweise passiert es alle paar Jahre einmal. Man muss nur nach Deutschland schauen. Da gibt es jedes Jahr zwei, drei Klubs, die sich als Bayern-Jäger sehen. Trotzdem gibt es mittlerweile Kinder, die gehen in die dritte Volksschulklasse und haben noch nie einen anderen Meister als die Bayern erlebt. Bei uns ist es Salzburg. Daran wird sich nicht viel ändern, wenn sie mit ihren vorhandenen finanziellen Möglichkeiten weiterhin mehr richtig als falsch machen. Bei uns gibt es zumindest die Punkteteilung, die die Klubs hoffen lassen kann.

Wie müsste man es angehen, um die Salzburger zu entthronen? Wie würden Sie es angehen?

Schwer. Man müsste auf jeden Fall die Mittel haben, eine Mannschaft zusammenzustellen, mit der man gegen alle anderen gewinnen kann. Wir haben bei unserem Meistertitel gegen Salzburg ja auch nur zwei Mal remisiert und zwei Mal verloren. Die Punkte für den Titel haben wir geholt, weil wir fast alle anderen Gegner zumindest drei Mal geschlagen haben und Salzburg sich gegen diese Klubs mehr Patzer erlaubt hat. Heuer hat Salzburg zwar nicht wirklich geschwächelt, aber es gibt auch keine zweite Mannschaft, die so stabil war, dass sie dran geblieben wäre. Der WAC hat zu schwach begonnen, sonst könnte er schon näher dran sein. Man braucht auf jeden Fall ein außergewöhnliches Jahr.

Und ein anderer Ihrer Ex-Klubs, Rapid?

Ich weiß nicht genau, wie gut Rapid wirtschaftlich dasteht. Was ich schon sehe, ist, dass der Job von Zoki Barisic nicht so einfach ist. Dass er einen Abgang adäquat nachbesetzen kann, ist kaum möglich. Im Europacup haben sie es gut gemacht, dass es in der Bundesliga nicht so gut ausschaut, ist eine Frage der Belastung.

Wohin soll es im Sommer für Sie gehen? Und wird es noch ein Trainerjob oder eher der des Sportdirektors?

Ich weiß es nicht. Ich weiß ja nicht einmal, ob überhaupt etwas kommt. Auf jeden Fall muss die neue Aufgabe einen Reiz haben. Etwas Spannendes, etwas Neues, vielleicht etwas gut Dotiertes. Am besten alle drei zusammen. Ich habe schon alles gemacht. Nicht, weil ich so super bin, sondern weil mir bei vielen Vereinen schon viele verschiedene Positionen anvertraut wurden. Aber ich sehe mich schon eher als Trainer auf dem Platz.

Interview: Horst Hötsch