WM

Oliseh lobt Cristiano Ronaldos Elfmeter-Trick: "Total genial"

Technische Studiengruppe der FIFA präsentiert erste Erkenntnisse

Oliseh lobt Cristiano Ronaldos Elfmeter-Trick: "Total genial"

Hält viel von Cristiano Ronaldo: Ex-Bundesliga-Spieler Sunday Oliseh.

Hält viel von Cristiano Ronaldo: Ex-Bundesliga-Spieler Sunday Oliseh. IMAGO/Fotostand

Aus Katar berichtet Thiemo Müller

Alberto Zaccheroni, Sunday Oliseh und Faryd Mondragon hatten am Samstagvormittag auf einem Podium im FIFA-Pressezentrum in Doha Platz genommen. Das Trio gehört zur Technischen Studiengruppe des Weltverbands und präsentierte in deren Namen eine Analyse des ersten WM-Spieltags, der am Donnerstag zu Ende gegangen war. Dass sich der Erkenntniswert zu einem solch frühen Zeitpunkt noch in Grenzen hält, liegt in der Natur der Sache.

Ein erster möglicher Trend: Im laufenden Turnier spielen Flanken eine bemerkenswert große Rolle für eine erfolgreiche Offensive. 56 Prozent der Flanken führten demnach zu Abschlüssen, 14 Prozent zu Toren. 2018 in Russland lagen diese Werte bei 35 bzw. lediglich drei Prozent. Allerdings beziehen sich jene Zahlen von damals aufs gesamte Turnier, repräsentativ ist der Vergleich mit den bislang in Katar erfassten 16 Partien daher nicht.

Kurios: Argentinien und Deutschland gehören zu den Top-Teams beim Gegenpressing

Ein weiteres zentrales Thema der Expertenriege: Gegenpressing. Mannschaften, die sich dieses Stilmittels nach Ballverlust besonders intensiv bedienten, verbuchten einen doppelten Vorteil, so Zaccheroni und Co. Dieser ist evident: "Die Teams kommen schneller wieder an den Ball und erarbeiten sich insgesamt mehr Chancen", wie Oliseh erklärt. "Außerdem sparen sich die Spieler lange Wege zurück, um das eigene Tor zu verteidigen - und sie können verhindern, dass der Gegner Zeit bekommt, eine Unordnung in der Rückwärtsbewegung auszunutzen. Insofern ist Gegenpressing nicht nur ein offensives, sondern auch ein defensives Stilmittel." So weit, so logisch.

Eine Überraschung offenbarte freilich der Blick aufs Gegenpressing-Ranking der ersten Gruppenphase: Zu den Top-5-Teams zählten da zwar mit England (6:2 gegen den Iran) und Spanien (7:0 gegen Costa Rica) zwei strahlende Sieger. Aber daneben ebenso Argentinien und Deutschland, die beim jeweiligen 1:2 gegen Saudi-Arabien beziehungsweise Japan Opfer der beiden bislang größten Turnierüberraschungen wurden. Japan wiederum landete in dieser Kategorie lediglich auf dem drittletzten Platz, auch die Franzosen (4:1 gegen Australien) nur knapp darüber.

"Cristiano Ronaldo? Die Leute können über diesen Mann sagen, was sie wollen"

Ob intensives Gegenpressing wirklich die Wahrscheinlichkeit auf den Sieg erhöht, ließe sich demnach bezweifeln. Doch auch hier gilt: Je kleiner die untersuchte Zahl der Spiele, desto größer der Einfluss des Zufalls. Sollte sich die tatsächliche Bedeutung des Gegenpressings im Turnierverlauf nicht noch herauskristallisieren, wäre das erstaunlich. Eine Reporterfrage, die sich nicht auf die vorgestellten Themen bezog, führte schließlich zu einer der interessantesten Antworten: Warum es generell im internationalen Spitzenfußball mehr Strafstöße gebe als früher? Daran, beschied Oliseh, sei nicht nur die Einführung des VAR ursächlich beteiligt.

Sondern: "Die Stürmer sind cleverer geworden." Als Paradebeispiel führte der ehemalige BVB-Profi den von Cristiano Ronaldo herausgeholten und viel diskutierten Elfmeter bei Portugals 3:2 gegen Ghana an: "Die Leute können über diesen Mann sagen, was sie wollen", betonte Oliseh, "seine Aktion war einfach smart. Er war geduldig und hat genau auf den richtigen Moment gewartet, um einen Tick vor dem Verteidiger am Ball zu sein, der dann gar nicht mehr anders konnte, als ihn zu treffen. Das war total genial."