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Offensive gegen Hassbotschaften bei der EM und Olympia

DFB, DOSB und Staatsanwaltschaft ziehen an einem Strang

Offensive gegen Hassbotschaften bei der EM und Olympia

Betroffenheit: Video von Jonathan Tah bei der DFB-Pressekonferenz.

Betroffenheit: Video von Jonathan Tah bei der DFB-Pressekonferenz. IMAGO/Kessler-Sportfotografie

Oberstaatsanwalt Benjamin Krause präsentierte am Montag eine positive Entwicklung der Statistik im Kampf gegen Hassbotschaften in Sozialen Medien, gegen die die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main seit fünf Jahren gezielt vorgeht. Bei der Behörde ist inzwischen auch die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) angesiedelt. Anfangs sei die Identifizierung der Täter nur in 30 Prozent der Fälle möglich gewesen, mittlerweile liege der Schnitt bei 50 Prozent und bei bestimmten Plattformen sogar bei 80 Prozent und höher. "Wir haben in diesen fünf Jahren 6000 Verfahren geführt, in rund einem Viertel wurden Geldbußen, Geldstrafen und in Einzelfällen sogar Freiheitsstrafen verhängt", betont Krause.

Ein Teil der Fälle kommt aus dem Sportbereich. Ein besonders drastisches Beispiel ist eine Morddrohung gegen Schiedsrichter Martin Speckner, der Anfang April die Drittligapartie Ingolstadt gegen Bielefeld (1:1) leitete und wegen der Dauer der Nachspielzeit massiv beleidigt wurde bzw. sogar eine Morddrohung erhielt. Keine zwei Wochen später hatten die ZIT und das Hessische Landeskriminalamt den mutmaßlichen Autoren der Zeilen "Wenn wir wegen dir absteigen, wirst du sterben" ermittelt, einen 22-jährigen Mann aus Bielefeld.

DFB nutzt KI

Die ZIT kümmert sich um Bedrohungen/Morddrohungen, Beleidigungen/rassistische Angriffe sowie um Volksverhetzung/Hass gegen Gruppen von Menschen. Der DFB setzt seit einiger Zeit auf ein PC-Programm, das mithilfe von Künstlicher Intelligenz Postings anhand von Codewörtern aus den Social-Media-Kanälen des Verbands herausfischt und prüft, ob eine Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft nötig ist.

"Wir haben die Fürsorgepflicht und es ist auch eine Frage des Anstands", erklärt Vizepräsident Ronny Zimmermann. Der Deutsche Olympische Sportbund verhandelt derzeit mit einem Anbieter über die Nutzung eines solchen Tools bei den Olympischen Spielen in Frankreich. "Wir rechnen damit, dass es solche Hass-Botschaften bei Fußball-EM und während der Wettkämpfe in Paris vermehrt geben wird", erläutert DOSB-Präsident Thomas Weikert. Die Generalstaatsanwaltschaft wird für diesen Zeitraum einen Bereitschaftsdienst einführen. "Ich habe schon sehr diskriminierende Dinge erlebt, deshalb ist es wichtig, dass Verbände und Vereine darüber sprechen und Spieler supporten", begrüßt EM-Fahrer Jonathan Tah die Initiativen.

Beleidigungen gegen Moukoko und Ngankam

DFB-Vize Zimmermann machte deutlich, wie schnell sich eine solche Welle an Hassbotschaften im Netz aufbauen kann.  Nachdem im vergangenen Sommer im Eröffnungsspiel der U-21-EM zwischen Deutschland und Israel Youssoufa Moukoko und Jessic Ngankam als Elfmeterschützen scheiterten, wurden die Social-Media-Accounts des Verbands mit Beleidigungen und Hassbotschaften geflutet. "Auf der Rückfahrt ins Hotel haben wir beschlossen, dass wir uns noch am gleichen Abend zusammensetzen und dann bis 4 Uhr morgens diskutiert mit dem Ergebnis, dass wir nicht mehr bereit sind, das hinzunehmen und unsere Strategie ändern werden", berichtet Zimmermann.

Die Verbände möchten solche Posting vermehrt zur Anzeige bringen, stehen aber gemeinsam mit den Sportlern vor dem Problem, dass für jeden einzelnen Fall eine schriftliche Anzeige angefertigt werden muss. DFB und DOSB machen sich deshalb dafür stark, dass Sportler Politikern gleichgestellt werden. Für sie wurden vor drei Jahren die Hürden für Ermittlungen gesenkt, indem kein Strafantrag mehr notwendig ist. Den Autoren solcher Postings drohen übrigens empfindliche Strafen, Geldbußen in der Höhe von einem bis zu drei Monatsgehältern sind selbst bei Ersttätern keine Seltenheit.

Michael Ebert