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Magel: "Cimen ist ein Glücksgriff für den FC Gießen"

Interview

Notvorstand Magel: "Daniyel Cimen ist ein Glücksgriff für den FC Gießen"

Michèl Magel (rechts) hat viel Lob für seinen Trainer Daniyel Cimen (links) übrig.

Michèl Magel (rechts) hat viel Lob für seinen Trainer Daniyel Cimen (links) übrig. IMAGO/Oliver Vogler

Im spannenden Titelkampf trennen die vier Top-Klubs Gießen (55), Friedberg (53), Baunatal (53) und Alzenau (52) nur wenige Punkte. Mit einem 3:0-Heimsieg gegen Eintracht Stadtallendorf hat der FC Gießen am vergangenen Wochenende die Tabellenführung erobert. Vor dem Heimspiel gegen Adler Weidenhausen (Samstag, 14 Uhr) im Waldstadion blickt Magel optimistisch in die Zukunft.

Herr Magel, im vergangenen Jahr verzichtete der FC Gießen als Vizemeister noch auf die Regionalliga-Aufstiegsspiele. In dieser Saison strebt der Verein nach oben. Was hat sich seitdem verändert?

Der ganze Verein ist von den Strukturen her besser aufgestellt. Wir konnten viele Dinge, die uns aus der Vergangenheit belastet haben, klären. Der Verzicht war absolut richtig, auch wenn es eine sehr schwierige Entscheidung war. In diesem Jahr hat sich der Verein gefestigt, wir haben neue Sponsoren gewonnen und auch die Bürgschaft für die Regionalliga rechtzeitig erhalten. Das sind grundlegende Dinge, die zu der positiven Entwicklung beigetragen haben.

War das Einreichen der Lizenz-Unterlagen problematisch?

Nein, wir waren gut vorbereitet. Aus dem vergangenen Jahr wusste ich, was auf uns zukommt. Wir haben die Unterlagen schon eine Woche vor Ablauf der Frist eingereicht.

Sie selbst agieren seit Ende November 2023 als "Notvorstand". Wie ist die Konstellation an der Vereinsspitze?

Der Notvorstand ist eine einzelvertretungsberechtigte Person für den gesamten Verein. In der Vergangenheit gab es hier eine Schieflage - es geht also um die Rettung des Vereins. Mein großes Bestreben ist es, dass der FC Gießen einen Vorstand bekommt, der von den Mitgliedern gewählt wird. So schnell wie möglich. Aber: Verbindlichkeiten von 589.000 Euro, die uns hinterlassen wurden, zu "bekämpfen", ist eine Hausnummer, die den Verein noch Jahre begleiten wird. Wir sind nun schon weiter und haben 131.000 Euro an Altlasten zahlen können. Es ist jeden Tag eine richtige Aufgabe - und jeder Tag bedeutet von montags bis sonntags.

Wer unterstützt Sie?

Man muss erstmal jemanden finden, der Verantwortung mitträgt - für Dinge, die er nicht verschuldet hat. Ich versuche, den Verein mit meinem Team zu retten. Ich mache das nicht allein, sondern bin sehr dankbar für das riesige Team, für meine Familie, die mich unterstützt, und für mein Netzwerk in der Region. Ich nehme das auf mich, weil ich riesiges Potenzial im FC Gießen sehe.

Wann wird die nächste Jahreshauptversammlung stattfinden?

Es gibt noch keinen Termin. Ich würde sie gern so schnell wie möglich durchführen, auch damit ich vielleicht selbst wieder ein etwas ruhigeres Leben bekomme. Aber es ist eine riesige Hausnummer. Da tut sich der eine oder andere einfach noch schwer damit, Vorstandsarbeit zu leisten. Es haben sich in den vergangenen Jahren schon Personen herauskristallisiert, bei denen ich ein gutes Gefühl habe. Die ganze Arbeit, die man hineinsteckt, würde man natürlich gern in Hände übergeben, bei denen man weiß: Sie meinen es gut, da steckt Herzblut dahinter, sie sind gut für den Verein.

Werden Sie an Bord bleiben - zum Beispiel als Präsident des FC Gießen?

Das werden die Mitglieder entscheiden. Ich gehe davon aus, dass ich mich zur Wahl stellen würde. Natürlich steckt bei mir und meinem Team viel Herzblut drin, sehr viel Energie. Wenn die Mitglieder aber eine andere Vorstellung haben, sich jemand aufstellen lässt und das der richtige Weg für den FC Gießen ist, dann bin ich damit absolut d’accord.

Der FC Gießen entstand 2018 als Zusammenschluss Teutonia Watzenborn-Steinbergs und des VfB Gießen. Wie ist die mittelfristige Perspektive des Vereins?

In Gießen gab es mal eine Zeit, in der weiter als an die Regionalliga gedacht wurde - damit ist man sang- und klanglos gescheitert. Wenn wir den Aufstieg schaffen sollten, wird das in der Regionalliga ein hartes Jahr. Der Aufstieg wäre ein großer Sprung für uns. Sollten wir in der Hessenliga bleiben, wäre das für den Verein auch völlig in Ordnung.

Mit einem Sieg gegen Fernwald hätte Gießen nun sogar fünf Punkte Vorsprung auf den Zweiten Friedberg. Ärgert Sie die überraschende 0:1-Niederlage vom Ostermontag noch sehr?

Nein, ich habe mich einen Tag geärgert, damit ist es dann auch gut. Man muss den Jungs das auch mal zugestehen - die Mannschaft macht es schließlich super. Wir haben danach unsere Hausaufgaben gegen Hanau und Stadtallendorf gemacht. Außerdem hat am vergangenen Wochenende alles für uns gespielt.

Daniyel Cimen gilt als umworbener Trainer. Bleibt er in Gießen?

Ja. Wir wissen, was wir an ihm haben. Daniyel Cimen ist ein Glücksgriff für den FC Gießen. Wir wissen natürlich auch: Wenn mal ein Angebot aus dem Profibereich kommt, wird das der nächste Schritt für ihn sein. Daniyel hat Vertrag bis zum 30. Juni 2025. Er fühlt sich hier wohl und sieht, was innerhalb des Vereins passiert. Aber es ist richtig: Er ist umworben und hat sich sicher den Schritt in den Profibereich verdient.

Zum Kader zählt mit Michael Fink ein ehemaliger Bundesliga-Akteur, der mit 42 Jahren immer noch Leistungsträger ist und zudem als Co-Trainer Cimens agiert. Bleibt auch er dem Verein erhalten?

Michael Fink wird ebenfalls bleiben. Er ist ein Aushängeschild für den ganzen Verein. Es ist ein Augenschmaus, ihm zuzusehen. Wir sind sehr dankbar, dass Michael bei uns ist.

Inwiefern wird sich die Mannschaft im Falle eines Aufstiegs verändern?

Es wird keine großen Sprünge innerhalb des Kaders geben. Eher die Möglichkeit für junge Spieler, sich in der Regionalliga zu präsentieren. Wir würden schauen, ob wir noch zwei Spieler dazugewinnen. Die jetzige Mannschaft hat sich den Schritt aber verdient. Die meisten Spieler haben hier noch einen Vertrag - der Kader wird also größtenteils so zusammenbleiben.

Interview: Steffen Schneider