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Nicolas Kühn: "Es muss mein Anspruch sein, dass ich mit diesen Werten nicht zufrieden bin"

Neuzugang blickt im kicker-Gespräch auf Rapid-Start zurück

Nicolas Kühn: "Es muss mein Anspruch sein, dass ich mit diesen Werten nicht zufrieden bin"

Nicolas Kühn will seine Karriere bei Rapid wieder ankurbeln.

Nicolas Kühn will seine Karriere bei Rapid wieder ankurbeln. GEPA Pictures

Als einer von neun Neuzugängen schlug Nicolas Kühn im vergangenen Sommer seine Zelte in Wien-Hütteldorf beim SK Rapid auf und konnte sich mit technisch ansehnlichen Leistungen schnell in die Herzen der grün-weißen Fans spielen. "Ich persönlich bin relativ zufrieden mit der Leistung, die ich bislang gebracht habe. Ich habe mich hier schnell eingefunden und bin gut angekommen in Wien. Das Ausscheiden aus der Conference League war natürlich nicht schön, aber ansonsten war es aus persönlicher Sicht top. Allerdings hätten die Ergebnisse besser sein können. Das ist klar", so Kühn im Gespräch mit dem kicker.

Zufrieden mit Rapid-Start

Als ehemaliger Nachwuchsspieler von Bayern München, Ajax Amsterdam und RB Leipzig sowie mehrfacher U-Nationalspieler Deutschlands kam der 22-jährige Offensivmann mit einer ordentlichen Vita in die Bundeshauptstadt. Die höhere Erwartungshaltung an ihn machte Kühn aber keine Probleme: "Druck mache ich mir von Haus aus schon selbst. (lacht) Ich weiß, was ich kann und was ich imstande bin zu liefern. Daher hat mich das nicht groß gestört, denn ich weiß ja, wie es ist, wenn medial ein bisschen mehr über einen gesprochen wird. Darüber mache ich mir aber keine Gedanken, es geht eher darum, dass ich selbst von mir sehr viel erwarte und die Leistung auf den Platz bringen will."

In der laufenden Saison konnte der ehemalige U-20-Nationalspieler Deutschlands in 21 Pflichtspielen bislang drei Tore und drei Assists markieren. "Es war ein relativ ordentlicher Start von mir. Persönlich brauche ich natürlich die Tore und Vorlagen, weil es meist nur um Statistiken geht, was ich selbst etwas schade finde. Ansonsten bin ich mit meinem Spiel zufrieden, die ein oder andere Verletzung zuletzt war natürlich ärgerlich, aber im Großen und Ganzen lief es gut", so Kühn, der sich deshalb aber noch lange nicht zufrieden gibt: "Es kann noch mehr sein und es muss auch mein Anspruch sein, dass ich mit diesen Werten nicht zufrieden bin. Für das erste Halbjahr ist es aber okay."

Das liegt auch daran, dass er sich beim Klub aus dem Westen Wiens schnell gut aufgehoben gefühlt hat. "Ich habe von den Verantwortlichen viel Vertrauen gespürt, auch schon bei den Gesprächen, die mich vom Wechsel hierher überzeugt haben. Dadurch habe ich mich schnell wohlgefühlt, was ein wichtiger Faktor bei mir ist, dass ich meine Leistungen bringen kann. So hatte ich keine schwierige Anlaufzeit", sagt Kühn. Auch nicht beim Gewöhnen an die österreichische Mentalität. "So ein Riesenunterschied zu Deutschland ist es eigentlich gar nicht (lacht). Ich habe mich relativ gut eingelebt, ab und zu sind noch ein paar Wörter dabei, die ich nicht verstehe, aber sonst passt das gut."

Kühn konnte schwierige Phase "gut ausblenden"

Bereits in den ersten beiden Pflichtspielen der aktuellen Spielzeit fand er sich in der Startelf wieder, beim dritten Einsatz erfolgte bereits das erste Tor. Unter Ex-Coach Ferdinand Feldhofer zählte er fast immer zur Startelf und konnte mit seiner Schnelligkeit immer wieder für Akzente im Spiel der Grün-Weißen sorgen. "Anhand meiner Dribbling-Werte sieht man, dass ich in meine Situationen komme und meine Aktionen vorfinde. Gerade bei Rapid wollen wir den Ball viel in unseren Reihen haben und da fällt es umso leichter, dass du deine Chancen vorfindest", erklärt Kühn, der nach einem ordentlichen Start mit seiner Mannschaft Ende August beim Aus in der Conference-League gegen den FC Vaduz aber einer seiner bittersten Karriereniederlagen hinnehmen musste.

"Das war natürlich sehr schmerzhaft, denn unser Anspruch muss sein, dass wir zumindest in die Gruppenphase kommen", sagt der Flügelspieler. In den folgenden Wochen prasselte viel Kritik auf das Team und den Coach ein, es folgten Rücktritte im Verein und ein paar Spiele später schließlich das Aus für den Cheftrainer. "Dass dadurch bei so einem Verein Unruhe reinkommt, ist klar und muss auch so sein, denn niemand darf es auf die leichte Schulter nehmen, dass wir das nicht geschafft haben. Es ist aber eine Erfahrung, die wir mitnehmen und woraus wir lernen", meint Kühn, für den es nach dem Abstieg mit dem FC Erzgebirge Aue in der Vorsaison nicht die erste schwierige Phase war.

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"Da ich so eine Situation bereits aus dem Abstiegskampf gekannt habe, habe ich mir nicht so den großen Kopf gemacht. Wenn ich auf dem Platz stehe, blende ich den Rest sowieso aus und will meine Leistung bringen. Mir persönlich hat es nicht großartig geschadet. Man muss das als Profi ausblenden können, es ist aber klar, dass es nicht an jedem spurlos vorbeizieht und sich auch auf die Mannschaft auswirkt. Wichtig ist aber, dass wir mittlerweile wieder in die Spur gefunden haben."

Unter Feldhofer-Nachfolger Zoran Barisic konnte man die Wende schaffen, sammelte in den letzten vier Partien vor der Winterpause zehn von zwölf möglichen Punkten und steht bereits auf dem vierten Tabellenplatz. "Die Ergebnisse zuletzt waren sehr positiv. Wir haben schon einiges mit dem neuen Coach zusammen erarbeitet und haben angefangen, unsere Chance vorne noch klarer auszuspielen und nach einer Führung im Spiel auf das zweite und dritte Tor zu gehen. Es klappt jetzt auch besser, dass wir die Tore machen und nicht nach dem 1:0 einbrechen und das Ergebnis über die Zeit retten wollten. Das haben wir jetzt besser gemacht und wenn das so weitergeht, sehe ich uns schon sehr weit oben."

Zuversicht für das neue Jahr

Dann will auch Kühn wieder vermehrt für Jubelerlebnisse sorgen und seine Scorerkstatistik weiter ausbauen. Mit seinem bisherigen Karriereverlauf ist der 22-Jährige jedenfalls im Reinen, wenngleich es um den Gewinner der Fritz-Walter-Medaille in Gold in der Vergangenheit etwas ruhiger geworden ist. "Im Nachhinein ist immer schwierig zu sagen, man hätte etwas anders machen sollen. Damit macht man sich nur selbst kaputt. Es wird schon alles seine Richtigkeit gehabt haben und ich war sicher nicht umsonst bei all diesen Vereinen. Wichtig ist aber, dass noch mehr Scorerpunkte dazukommen. Wenn die mehr werden, sehe ich keine Grenzen für mich", so der Offensivprofi.

Daran will er im neuen Jahr gleich ansetzen. Nachdem das neue Präsidium gewählt und Barisic in seinem Amt als Chefcoach bestätigt wurde, ist Kühn zuversichtlich, dass im Frühjahr der Fokus wieder rein auf dem Sportlichen liegen wird: "Es war sehr wichtig, dass wir mit solchen Ergebnissen in die Pause gegangen sind und ein bisschen Ruhe hineingebracht haben. Jetzt können wir uns noch besser vorbereiten, als Team zusammenwachsen und das muss so weitergehen."

Das wünscht der mehrfache Nachwuchsnationalspieler Deutschlands auch seinem Heimatland bei der Weltmeisterschaft in Katar, wo man nach einer überraschenden 1:2-Niederlage gegen Japan und einem 1:1 gegen Spanien noch um den Einzug in das Achtelfinale kämpft. Kühn ist aber von einem guten Ausgang für die Truppe von Hansi Flick überzeugt: "Natürlich war die Niederlage überraschend, aber es ist auch medial sehr viel auf die Mannschaft eingeprasselt. Wenn man sich nicht hundertprozentig auf den Fußball konzentrieren kann, ist das schwierig. Jetzt hoffen wir, dass sie das letzte Spiel gewinnen und weiterkommen. Wenn sie die leichten Abwehrfehler abstellen, können sie weit kommen. Deutschland ist eine Turnier-Mannschaft und nach der Gruppenphase warten nur mehr K.O.-Spiele. Da wird sich zeigen, was sie erreichen können."

Maximilian Augustin

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