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Newcastle United - eine gefährliche Kombination

Was bewirkt der schnelle Champions-League-Einzug?

Newcastle United - eine gefährliche Kombination

Eine große Familie - und eine sehr reiche: Spieler, Mitarbeiter und Angehörige um Klubboss Yasir Al-Rumayya (Mi.) jubeln am Montag über die Champions-League-Qualifikation.

Eine große Familie - und eine sehr reiche: Spieler, Mitarbeiter und Angehörige um Klubboss Yasir Al-Rumayya (Mi.) jubeln am Montag über die Champions-League-Qualifikation. picture alliance / empics

Als Newcastle United letztmals in der Champions League spielte, stürmte noch Alan Shearer mit, und es gab eine Vorrundengruppe bestehend aus dem FC Barcelona, Galatasaray, Club Brügge und Lokomotive Moskau. Der FC Bayern schaffte es als siegloses Schlusslicht nicht in die zweite Gruppenphase, und Manchester City war gerade in die Premier League aufgestiegen. Ja, es ist verdammt lange her.

21 Jahre später sind die Magpies zurück, und natürlich wäre das ohne den hochumstrittenen Einstieg eines saudischen Konsortiums mit schier unermesslichen finanziellen Ressourcen nicht passiert. Trotzdem log Trainer Eddie Howe nicht, als er nach dem entscheidenden 0:0 gegen Leicester am Montagabend betonte, wie weit man vor dem Zeitplan liege, dass der Kampf um eine Europacup-Teilnahme so schnell eigentlich nicht anvisiert gewesen sei, dass man im Vorjahr ja noch gegen den Abstieg gekämpft habe.

Newcastle hat seit dem Besitzerwechsel viel richtig gemacht

Nun war durchaus erwartet worden, dass Newcastle schon in dieser Saison die Großen der Liga herausfordern und der Kampf um die Königsklasse nicht utopisch sein würde. Aber mit dieser Souveränität Dritter (oder Vierter) werden? Vor Liverpool, Chelsea, Tottenham und womöglich Manchester United? Das zeigt, dass Newcastle in den gut eineinhalb Jahren nach dem Besitzerwechsel viel richtig gemacht hat. Dazu gehört auch die clevere Transferpolitik.

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Die Klubbosse kauften sinnvoll und punktuell ein, als es darum ging, die Klasse zu halten, und danach, als die Ambitionen andere wurden. Auch eingeschränkt durch die Finanzregeln der Liga kam entgegen mancher Erwartung nicht eine Reihe von kostspieligen Stars, wie man es früher von Chelsea oder ManCity erlebt hatte; die teuersten Neuzugänge dieser Saison waren Alexander Isak (70 Millionen Euro), Anthony Gordon (46 Mio.) und Sven Botman (37 Mio.), und Cristiano Ronaldo war dann doch kein Thema.

Gleichzeitig gelang es Howe wie einst in Bournemouth, Spieler weiterzuentwickeln und zu beweisen, dass Miguel Almiron oder Fabian Schär mehr können als Abstiegskampf. Unter seiner Anleitung wuchs eine erstaunlich homogene Gruppe. Und genau das macht Newcastle schon jetzt so gefährlich: Wer viel Geld mit Knowhow und Geduld kombiniert, ist auf dem Weg in Europas Fußballelite kaum aufzuhalten. Die Hypothese, dass der plötzliche Aufstieg zum reichsten Klub der Welt erst einmal teures Chaos anrichten wird, wurde vorerst widerlegt.

Der Sportswashing-Plan ist womöglich schon aufgegangen

Zwar birgt die schnelle Champions-League-Qualifikation auch neue Gefahren: die Versuchung, mit aller Macht weitere Wachstumsschritte überspringen zu wollen; oder mit den UEFA-Einnahmen, die regelkonforme Ausgaben in ganz anderen Dimensionen als bisher ermöglichen, die gewonnene Homogenität gleich wieder aufs Spiel zu setzen.

Doch viel wahrscheinlicher ist, dass hier gerade schneller als erwartet ein neues europäisches Schwergewicht heranwächst, das so schnell nicht mehr verschwinden wird. Und dass der saudische Sportswashing-Plan, der von Anfang an dahinterstand, schon jetzt aufgegangen ist. Darüber, wie Newcastle hilft, das Ansehen menschenrechtsfeindlicher Herrscher zu verbessern, wurde am Montagabend jedenfalls nicht gesprochen. Howe war vielmehr "stolz auf alle, die mit dem Klub in Verbindung stehen".

Jörn Petersen