Football

NFL: Vikings schaffen größte Aufholjagd der Geschichte

Colts schenken gewaltigen Vorsprung her

Nach 0:33! Minnesota Vikings schaffen größte Aufholjagd der NFL-Geschichte

Behielt zwei Sekunden vor Ende der Verlängerung die Nerven: Vikings-Kicker Greg Joseph.

Behielt zwei Sekunden vor Ende der Verlängerung die Nerven: Vikings-Kicker Greg Joseph. Getty Images

Dass die Minnesota Vikings eine ordentliche Saison spielen und quasi sicher die Play-offs erreichen - Fakt. Was aber zur Wahrheit gehört: Die Vikes aus der NFC North haben auch Schwachstellen. Und die haben sich an diesem Samstag eine Woche vor Weihnachten gezeigt. Beim Heimspiel gegen die schwachen Indianapolis Colts, die trotz ihrer Vorab-Bilanz von 5:8:1 noch auf Platz 1 in der AFC South und damit auf die Endrundenteilnahme geschielt hatten, erlaubte sich Minnesota allein im ersten Quarter Fehler am laufenden Band.

Alles war drin in diesem Potpourri aus Unzulänglichkeiten: ein "blocked punt" inklusive kassiertem Touchdown zum 0:7, ein Fumble vom sicheren Running Back Dalvin Cook sowie ein nach 15 Minuten geltendes 0:17 gegen die Colts-Offense um Quarterback Matt Ryan (37).

Kurzum: Der Start dieser Partie war komplett gebraucht aus Sicht der typisch in Lila gekleideten Hausherren.

Ungleich verteiltes Wichteln

Es wurde auch danach nicht besser. Bis zur Pause nämlich sollten die Wikinger vor teilweise verstummten und über 60.000 Fans im U.S. Bank Stadium weitere vorweihnachtliche Geschenke verteilen. Hier reihte sich auch Quarterback Kirk Cousins (34) ein: Dem Spielmacher kam ein Pass abhanden und landete in den Armen von Colts-Safety Julian Blackmon - "Pick Six" zum 0:30 war die Folge.

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Indianapolis überließ den Gastgebern zwar hin und wieder etwas Platz, viel Inhalt war in diesen "Geschenken" aber nicht. Und wenn mal etwas gelang wie ein schöner Cousins-Wurf samt tollem Catch für 40 Yards von Receiver Kendrick "K. J." Osborn, dann schmiss Colts-Trainer Jeff Saturday an diesem "Saturday" genau sieben Tage vor Heiligabend die rote Challenge-Flagge und entlarvte so, dass der zunächst als Catch gewertete Fang eben gar keiner war. Vollendet wurde der Vikings-GAU in diesem ersten Abschnitt von einem weiteren ertragreichen Drive der Gäste aus dem US-Bundesstaat Indiana, die im Grunde einfachen wie aber auch zuverlässigen Offensiv-Football ablieferten - auch wenn sie in der Red Zone nur zu einem weiteren Field Goal kamen. 33:0, das konnte sich absolut sehen lassen.

Statistiken des Grauens - doch dann wird aus Kosmetik ein Monster-Comeback

Wenig verwunderlich hatte dieser Rückstand historische Tragweite: Noch nie zuvor in 62 Jahren NFL-Zugehörigkeit hatten die Vikings auch nur einen Rückstand von 24 Punkten wettgemacht. Klar also, dass es fortan (vorerst) nur auf Ergebniskosmetik ankam - und das für ein bei bis dato bei 10:3 stehendes Team aus Minneapolis, das mit einer schwachen Punktebilanz von 312:313 ins Spiel gegangen war.

Justin Jefferson

Erst angeschlagen und draußen behandelt, dann mit einem Touchdown erfolgreich: Justin Jefferson. Getty Images

Immerhin brachte Spielmacher Cousins seine Farben mitten im dritten Viertel endlich aufs Scoreboard - einen sauberen Drive mitsamt eines 63-Yard-Wurfs auf Receiver Osborn vollendete der 34-Jährige mit einem TD-Pass. Obendrein durften sich die Anhänger mit ihren "Skol, Vikings"-Rufen neben einem weiteren Score zum 14:36 auch darüber freuen, dass der zwischendurch auf eine Gehirnerschütterung untersuchte Star-Receiver Justin Jefferson wieder putzmunter aufs Feld zurückgekehrt war und einen TD zum 21:36-Anschluss markierte.

Als dann sogar noch die zuverlässige Anspielstation Adam Thielen einen präzisenen Heber von Cousins fing und es nach dem Extrapunkt nur noch 28:36 stand, war das gewaltige Comeback tatsächlich möglich - genauer gesagt das größte Comeback der NFL-Geschichte. Am 3. Januar 1993 hatten die Buffalo Bills beim sogenannten "The Comeback" oder "The Choke" gegen die damals existenten Houston Oilers 32 Punkte Rückstand zu einem am Ende erreichten 41:38 hingebogen.

Cook rennt in Richtung Ausgleich

Nun versuchte sich Minnesota also an 33 Zählern - und profitierte in den verrückten Schlussphase auch von einem Fumble von Colts-Running-Back Jackson. Cousins' Gegenüber "Matty Ice" Ryan durfte zwar auch noch ran ans Werk und mit seinen Kollegen zunächst geschickt viele Körnchen durch die Sanduhr nach unten rieseln lassen sowie den Vikings die Auszeiten aus der Tasche ziehen. Zum Sieg reichte das aber noch nicht, weil Quarterback Ryan selbst bei 4th&1 mit einem "Quarterback Sneak" am Gegner abprallte.

Sekunden später trat das ein, was sich abgezeichnet hatte: Die Vikings schraubten angetrieben von den nun frenetischen Fans weiter am Wahnsinns-Comeback. Und sie zogen die Schraube komplett an! Cook rannte gegen eine kaum mehr existente Colts-Defense über 64 Yards in die Endzone, Cousins verwandelte die nötige "Two-Point Conversion" über den während der Saison aus Detroit geholten Tight End T.J. Hockenson. Es stand also tatsächlich 36:36 nach 0:33 ...

Kicker Joseph verwandelt zwei Sekunden vor Schluss

Die nach 30 Minuten für quasi undenkbar gehaltene Verlängerung war die Folge. Und in dieser Overtime sollten nach langen Minuten und verschenkten Chancen auf beiden Seiten (je ein Ballbesitz) ebenfalls die Vikings den längeren Atem haben und tatsächlich das Kapitel mit dem größten Comeback der Geschichte erneuern. Minnesotas Kicker Greg Joseph traf zwei Sekunden (!) vor Ablauf der Uhr aus 40 Yards.

Damit sicherten sich die Vikings zum ersten Mal seit 2017 den Titel in der NFC North, zugleich sicherten sie das Play-off-Ticket und hinterließen niedergeschlagene Colts. Denn diese hatten um Quarterback Ryan, der selbst schon einen anderen geschichtsträchtigen Vorsprung noch im Dress der Atlanta Falcons mit seinem damaligen Team verspielt hatte, dieses Duell tatsächlich noch verloren.

mag

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