kicker

Matthias Seidl vor Sprung zu Sturm? "Man merkt schon, dass sich die Arbeit dort bezahlt macht"

Der Spieler der Saison der 2. Liga im Interview

Matthias Seidl vor Sprung zu Sturm? "Man merkt schon, dass sich die Arbeit dort bezahlt macht"

Matthias Seidl wurde zum Spieler der Saison gekürt. Läuft er in der nächsten Spielzeit für den SK Sturm auf? 

Matthias Seidl wurde zum Spieler der Saison gekürt. Läuft er in der nächsten Spielzeit für den SK Sturm auf?  GEPA pictures

Es war ein Herzschlagfinale. Am Ende hieß der Meister in der 2. Liga nicht Grazer AK sondern Blau-Weiß Linz. Mittendrin war Offensivspieler Matthias Seidl, der mit zwölf Treffern zweibester Torschütze der Linzer war. Seine starke Saison wurde auch von der Liga honoriert, so wurde Seidl zum Spieler der Saison gewählt.

Intensiv waren für Seidl und Co. auch die Feierlichkeiten. Nach der Meisterparty in Linz ging es für einen Teil der Mannschaft nach Mallorca. Auch Seidl war zumindest einen Tag am Ballermann dabei, ehe er sich mit seiner Familie in den Urlaub verabschiedete. So weilt Seidl aktuell auf Sardinien. Der kicker erreichte ihn dort und sprach mit ihm über die vergangene Saison.

Herr Seidl, die letzten Minuten der Saison waren an Dramatik kaum zu überbieten. Wie viel Nerven hat Ihnen das gekostet?

Vor dem Spiel haben wir gewusst, dass die Chance auf jeden Fall noch da ist, weil es für den GAK in Dornbirn auch nicht leicht ist. Aber das Wichtigste war, dass wir unser Spiel gewinnen. In der ersten Halbzeit ist man 0:1 hinten. Es war natürlich keine leichte Partie. Sturm II hat alles gegeben und auch ein gutes Spiel gemacht. In der zweiten Halbzeit waren wir schon am Drücker und haben dann zum Glück auch den Ausgleich erzielt. Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits draußen und habe natürlich auch mitbekommen, dass es beim GAK lange 0:0 gestanden ist. Dass unser Spiel so spät entschieden wird, war natürlich richtig geil. Aber mit dem war das noch nicht aus. Dann fällt sogar das 1:0 für Dornbirn. Ein paar Minuten später war unser Spiel aus, doch wir haben gewusst, dass der GAK das 1:1 geschossen hat. So eine Stille wie da auf dem Platz war, habe ich selten erlebt. Jeder hat nur noch gespannt auf das Handy geschaut, weil es doch noch zwei, drei Minuten gegangen ist. Dann hat sogar der Dornbirn-Tormann noch Rot bekommen. Da lagen schon die Nerven blank und es hat nur noch jeder auf den Schlusspfiff gehofft. Als der dann endlich ertönte, rannten alle auf den Platz. Es war ein unbeschreibliches Gefühl.

Wie war die Meisterfeier?

Die Meisterfeier war richtig geil. Die Mitspieler waren alle super drauf. Auch meine Familie und viele Freunde haben zugeschaut und waren dann beim Feiern dabei. Meister zu werden, ist einfach etwas unfassbar Schönes. Jeder Spieler ist dann nochmal aufgerufen worden, es wurden viele Fotos gemacht. So einen Moment erlebt man einfach nicht so oft. Ich wünsche es jedem, dass er das irgendwann noch einmal erleben darf. Wir haben alles gut gemeistert, aber jetzt ist auch mal Zeit, ein bisschen runterzukommen, weil es doch eine sehr lange, anstrengende Saison war. Es war schon physisch und psychisch eine ordentliche Belastung, vor allem das Finish.

Was hat Ihre Mannschaft so stark gemacht?

Ich glaube der Zusammenhalt in der Mannschaft, der Teamspirit und Siegeswille. Wir haben eine richtig geile Truppe und das ist schon enorm wichtig, wenn man ganz vorne dabei sein möchte. Wenn man Meister werden möchte, ist es wichtig, dass es innerhalb der Mannschaft passt, dass auf dem Platz jeder für den anderen rennt, jeder für den anderen 100 Prozent gibt. Das war schon ein wichtiger Bestandteil. Noch dazu haben wir in der Mannschaft eine richtig gute Qualität, die es natürlich auch braucht. Zu Beginn der Saison haben wir das Ziel Meistertitel ausgeschrieben, sind dann aber nicht gleich in die Spur gekommen, waren vielleicht ein bisschen nervös. Daraus haben wir aber gelernt und haben am Ende der Herbstsaison noch einige Punkte geholt, damit wir vorne dranbleiben. Das hat im Endeffekt auch jeden Spieler weiterentwickelt, sodass wir im Frühjahr konstanter sein konnten. Wir waren nicht mehr so nervös und haben die wichtigen Spiele gewonnen.

Sie wurden zum Spieler der Saison gewählt. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

Das bedeutet mir schon sehr viel. Eine persönliche Auszeichnung ist immer etwas richtig Cooles. Über eine ganze Saison gesehen zum besten Spieler gewählt zu werden, das ist eine geile Sache. Nebenbei noch den Meistertitel mitzunehmen, ist auch nicht so schlecht (lacht). Für mich steht immer der Teamerfolg im Vordergrund, aber wenn man dann am Ende der Saison beides bekommt, sagt man natürlich nicht nein.

So extrem gut gelaufen, wie im Herbst, ist es im Frühjahr nicht, das war schon eher durchwachsen.

Matthias Seidl gibt sich im Hinblick auf seine Leistungen im Saisonfinish selbstkritisch.

Nach Ihrer Verletzung im März haben Sie nicht mehr ganz so an die Leistungen der ersten Saisonhälfte anschließen können. Ein Treffer wollte Ihnen nicht mehr gelingen und man hat es auch bei den Minuten gesehen, dass Sie selten über die volle Distanz im Einsatz waren. Hat Ihnen da auch die 100-prozentige Fitness gefehlt?

Eine Verletzung ist nie einfach, es waren doch fünf, sechs Wochen, die ich nicht spielen konnte und wo sich meine Rückkehr immer ein wenig hinausgezögert hat. Dann ist man natürlich nicht gleich wieder auf dem Level, auf dem man vorher war oder auf dem man sich wünschen würde, dass man ist. Aber ich habe dennoch versucht, gleich wieder in die Spur zu kommen und habe trotzdem einige gute Partien gespielt. Aber es ist im Frühjahr nicht so extrem gut gelaufen wie im Herbst, das war schon eher durchwachsen. Die Tore haben ein wenig gefehlt, aber Fußball ist ein Mannschaftssport. Da hat es zum Glück andere Spieler gegeben, welche die Tore gemacht haben.

Es ist noch nicht beschlossene Sache, wo Sie nächste Saison spielen werden. Dennoch werden Sie seit Monaten mit dem SK Sturm Graz in Verbindung gebracht. Können Sie einen Einblick geben, wie die Gespräche laufen?

In erster Linie möchte ich jetzt mal meinen Urlaub genießen und ein wenig runterkommen. Aber ich bin auch mit meinem Berater im Austausch, wie es wegen nächster Saison aussieht. Ich denke, dass in den nächsten Wochen Klarheit bestehen wird, wo es hingeht.

In Sachen Entwicklung des Vereins ist Sturm, vermutlich sogar vor Salzburg, aktuell das Maß aller Dinge. Heuer durfte der Klub seinen ersten Titel seit fünf Jahren feiern. Wie bewerten Sie die Entwicklung bei den Grazern?

Als Fußballinteressent oder Spieler wie ich es bin, bekommt man natürlich mit, was sich in Österreich und damit auch beim SK Sturm tut. Die letzten Jahre und vor allem dieses Jahr haben sie schon gezeigt, dass die Entwicklung sehr gut ist. Sie haben eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern. Dass sie so nah an Salzburg herankommen, das war schon sehr stark. Man merkt schon, dass sich die Arbeit dort bezahlt macht.

Das sind die Trainer der österreichischen Bundesligisten

Unabhängig, ob Sie wechseln. Nach dem Aufstieg in die Bundesliga und der Fertigstellung des neuen Stadions: Wie gern würden Sie auch mit Blau-Weiß in die neue Saison gehen?

Bei Blau-Weiß ist viel entstanden. Wir haben einen neuen Geschäftsführer bekommen, wir kriegen ein neues Stadion, wir sind aufgestiegen. Da ist natürlich viel passiert. Es wäre natürlich eine schöne Sache, mit Blau-Weiß in die neue Bundesliga-Saison zu gehen und mit der Eröffnung vom neuen Stadion. Ob es so weit kommt für mich, weiß ich jetzt noch nicht. Aber Blau-Weiß hat sich einfach richtig gut entwickelt in den letzten beiden Jahren und es freut mich, dass ich ein Teil davon sein durfte. Es war eine Zeit, in der wir uns als Mannschaft gut entwickelt haben und auch der Verein Gas gegeben hat.

Schon vor zwei Jahren wurde der Klub Meister, konnte aber nicht aufsteigen. Nun, nachdem der Verein sich auch abseits des Platzes weiterentwickelt hat, steigt man in die Bundesliga auf. Wie stufen Sie die Entwicklung des Klubs ein?

Vor zwei Jahren war der Aufstieg aufgrund des Stadions noch nicht möglich. Sonst glaube ich, dass sie schon damals raufgegangen wären. Wichtig war aber nach dem Meistertitel, dass sie trotzdem eine gute Mannschaft zusammenstellen und dass im Verein alles passt. Da haben vor allem auch Tino (Wawra, Sportdirektor, Anm.) und Stefan (Reiter, Geschäftsführer, Anm.), die beide nicht mehr da sind, richtig gute Arbeit geleistet und den Klub in die richtige Richtung geführt. Der Tino hat eine richtig gute Mischung in der Mannschaft gefunden, Spieler mit gutem Charakter und Einstellung geholt. Das war schon wichtig, dass wir uns in der Saison davor fangen konnten. Wir haben dann im Sommer nur wenige Spieler verloren und wenn man schon ein Jahr zusammenspielt, dann ist die zweite Saison noch einmal eingeschweißter und der Zusammenhalt noch einen Tick besser. Das ist voll aufgegangen.

Das ist schon etwas wert, wenn der Teamchef einem ein gutes Feedback gibt.

Matthias Seidl über seine Gespräche mit Österreichs Teamchef Ralf Rangnick.

Ende des vergangenen Jahres wurden Sie von ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick zu einem Perspektivlehrgang eingeladen und haben den Deutschen auch von sich überzeugen können. Rangnick sieht in Ihnen großes Potenzial, sagte Ihnen aber auch, dass Sie spätestens im Sommer zu einem heimischen Topclub wechseln sollten. Wie verliefen die Gespräche mit dem Teamchef?

Erstmal zu dem Lehrgang: Das war eine richtig coole Sache, dass er auch auf die 2. Liga schaut und von dort Spieler mitnimmt. Das hat mich natürlich gefreut, dass ich eine Woche unter Ralf Rangnick und Werner Gregoritsch trainieren konnte, aber auch mit vielen guten Mitspielern, mit Talenten aus ganz Österreich. Ich glaube, ich habe mich dort schon sehr gut präsentiert und der Teamchef hat mir ein sehr gutes Gefühl gegeben. Das ist schon etwas wert, wenn der Teamchef mit einem spricht und einem ein gutes Feedback gibt. Das hat mich auch noch einmal gepusht. Das freut mich, dass ich dort meine Stärken zeigen konnte.

Rangnick sagte auch, sie seien ein absoluter Topprofi - der erste der morgens kommt und der letzte der abends geht. Sind Sie dafür bekannt, derart akribisch an sich zu arbeiten, so wie man das einem Cristiano Ronaldo nachsagt?

Ich glaube schon, dass das auch wichtig ist, dass man eine gute Einstellung hat und auch nebenbei noch etwas macht. Natürlich muss man eine gute Mischung aus Regeneration und Training finden. Für mich ist es wichtig, dass ich meinen Körper gut auf ein Training vorbereite und auch danach meine Übungen mache, damit man rasch den nächsten Trainingsreiz setzen kann. Ich denke, dass ich meiner Mannschaft da schon etwas vorgezeigt habe. Wenn das dann einige Spieler auch so machen, dann reißt man eh die ganze Mannschaft mit.

Bei meinem Papa und bei meinen Brüdern geht es schon viel um Fußball. Die Mama ist da leider ein bisschen arm (lacht).

Matthias Seidl über seine fußballverrückte Familie.

Sie kommen aus einer Fußballfamilie. Ihr jüngerer Bruder spielt ebenfalls bei Blau-Weiß Linz, Ihr älterer Bruder beim Heimatverein Kuchl. Dreht sich in der Familie Seidl alles um Fußball?

Das war schon immer so, dass sich alles um Fußball dreht und wird wohl noch länger so bleiben. Die Mama ist da leider ein bisschen arm (lacht), obwohl die auch immer zur Unterstützung da war. Aber bei meinem Papa und bei meinen Brüdern geht es schon viel um Fußball, da wird schon sehr viel besprochen und geschaut.

Hätten Sie früher gedacht, dass es gleich zwei von Ihnen in die 2. Liga schaffen?

Ich muss ehrlich sagen, darüber habe ich nie wirklich nachgedacht. Ich war in der Jugend bei Red Bull Salzburg, natürlich ist da der Traum, dass man einmal Profi wird. Aber es wird einem immer gesagt, dass nur einer der Mannschaft den Sprung in den Profifußball schafft. Da hat man natürlich den Wunsch, aber allzu viel denkt man darüber nicht nach. Erst als wir mit Kuchl den Sprung in die Regionalliga geschafft haben, war mir klar, dass für mich schon sehr viel möglich ist. Aber dass ich, gemeinsam mit meinem Bruder, mit Blau-Weiß in einer Profiliga spiele, das habe ich mir eigentlich nie gedacht. Das ist eine richtig geile Sache, die so nicht vorherzusehen war.

Jetzt geht die Reise sogar in der Bundesliga weiter. Was erwarten Sie sich in der nächsten Saison? Worauf freuen Sie sich am meisten? Was sind Ihre persönlichen Ziele?

Ich freue mich auf die Liga, die noch einmal besser und stärker ist. Ich freue mich auf die neue Mannschaft, ob das jetzt bei Blau-Weiß oder anderswo ist und dass man mit einer neuen Mannschaft richtig gut in die neue Saison startet. Wenn man gegen bessere Mannschaften spielt, ist das auch in der persönlichen Entwicklung nochmal ein nächster Step. Ich möchte schon nächste Saison wieder richtig Gas geben und viele Erfahrungen sammeln.

Interview: Michael Chudik

Pep Guardiola (Manchester City)

Der letzte Schritt: Guardiola und Co. jagen United-Rekord von 1999

alle Videos in der Übersicht