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Pro-Trainerlizenz als einzige Frau: "Schönes Gefühls-Chaos "

15 männliche Kollegen

Marie-Louise Eta: Als einzige Frau auf dem Weg zur Pro-Trainerlizenz

Auf dem Weg zur Pro-Lizenz: Marie-Louise Eta.

Auf dem Weg zur Pro-Lizenz: Marie-Louise Eta. imago images/foto2press

Die frohe Nachricht erreichte Marie-Louise Eta kurz vor Weihnachten am Hamburger Flughafen, mitten in der Warteschlange vor der Passkontrolle. Endlich lag sie im digitalen Postfach, die ersehnte E-Mail vom DFB zu ihrer Bewerbung für den Pro-Lizenz-Lehrgang. Die Freudentänze über die Zusage zur höchsten Trainerausbildung auf nationaler Ebene mussten inmitten der anderen Passagiere noch warten, die FFP-2-Maske verdeckte das breite Lachen darunter, aber die nächste Reise startete in diesem Moment.

Alles begann in Dresden, die früh entdeckte Leidenschaft für den Sport, der Start der Vereinslaufbahn. Im Alter von 13 Jahren absolvierte sie ein Probetraining bei Turbine Potsdam - und plötzlich ging es rasend schnell: der erste von drei Meistertiteln mit den B-Juniorinnen als jahrgangsjüngere Spielerin 2005, der Gewinn der U-17-EM 2008, der Sprung in den Bundesligakader im selben Jahr, die erste Meisterschaft 2009 und die Titel bei der U-20-WM und der Champions League 2010. Doch die Einsatzzeiten in Potsdam wurden weniger, kurz nach dem Wechsel zum Hamburger SV 2011 zog der Verein seine Frauenabteilung aus der Bundesliga zurück. Es folgten Stationen beim BV Cloppenburg (2012 bis 2014) und Werder Bremen (2014 bis 2018) - und das Karriereende mit 26 Jahren.

Hartes Bewerbungsverfahren

Der Traum ging auf Verbandsebene weiter. Im Herbst 2019 bekam Eta die Anfrage von Britta Carlson aus dem Stab des Frauen-Nationalteams, parallel als Co-Trainerin die U-19-Frauen beim DFB zu betreuen. Nach einem Jahr dort wechselte sie zu den U-15-Juniorinnen als Co-Trainerin von Bettina Wiegmann, erst parallel zum Job bei Werder, seit dieser Saison hauptberuflich. In Bremen ist sie seitdem noch Co-Trainerin der U-15-Junioren.

Zweieinhalb Monate nach der Botschaft am Flughafen, Anfang März: Eta sitzt im Restaurant eines Hotels in Köln-Junkersdorf, die Tische sind für das Frühstück am nächsten Morgen gedeckt. Gerade haben sie und ihre Lehrgangskollegen das Spiel zwischen dem FC und Hoffenheim verfolgt, am Tag darauf werden sie im zweiten Präsenzblock erstmals zusammen auf dem Platz stehen. Dass sie es durch das harte Bewerbungsverfahren geschafft hat, das ist immer noch etwas surreal.

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Das neue Bewerbungsverfahren mit Punkten für ihre Spielerinnenlaufbahn, die Trainerinnenkarriere und den Bachelor-Abschluss in Sportmanagement kam ihr entgegen, sie wurde für die theoretische und praktische Eignungsprüfung Anfang Dezember an der Sportschule Hennef eingeladen.

Vor allem war es ein erfolgreicher Tag, Eta wurde als eine von 16 Personen ausgewählt, als einzige Frau. Seit Ende Februar läuft der Kurs nun, zwei Präsenzveranstaltungen in Frankfurt und Köln gab es schon, die nächste folgt Anfang April in Freiburg. Wenn sie vom Start spricht, klingt es immer noch euphorisch.

Kompliziertere Zukunftsaussichten

Und in Köln ging es auch endlich in die Praxis, endlich auf den Rasen. Zwischen Praxisblöcken findet die Anwendungsphase statt, in der Inhalte im Verein umgesetzt werden. Eta hat dafür eine Einheit mit der U 19 von Werder Bremen ausgearbeitet und durchgeführt, das Video wird auf einer Plattform von den Lehrgangsteilnehmern und den Ausbildern analysiert und kommentiert. Und auch in ihrem privaten Umfeld bekommt sie Feedback, ihr Mann Benjamin Eta ist ebenfalls Trainer, derzeit beim Oberligisten Bremer SV. Auch er hatte sich für die Ausbildung beworben.

Das gilt auch für die Kommunikation innerhalb des Jahrgangs, der sich bis zum Ende des Kurses im März 2023 immer wieder treffen wird. Dass Eta die einzige Frau ist, soll keine besondere Rolle spielen. Dennoch: Ihre Zukunftsaussichten sind andere als die der männlichen Kollegen im Lehrgang. Bei aller Kompetenz, ein Job als Cheftrainerin in einem Männer-Profiteam ist auch 2022 noch in weiter Ferne.

Patrick Kleinmann, tso

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