Nationalelf

Joachim Löw verrät: Spieler wollten nicht nach Spanien fliegen

Bundestrainer über Corona-Angst im DFB-Team

Löw: "Vor dem Abflug sagten Spieler: 'Trainer, da wollen wir nicht hin'"

Ein Debakel mit besonderen Umständen: Joachim Löw blickt auf das 0:6 in Spanien zurück.

Ein Debakel mit besonderen Umständen: Joachim Löw blickt auf das 0:6 in Spanien zurück. imago images

Dreimal kam die Nationalmannschaft im vergangenen Herbst mit 60 Leuten zusammen und schaffte es, keinen positiven Corona-Test aufzuweisen. Auch wenn zum Beispiel Kai Havertz wegen seiner COVID-19-Infektion gar nicht erst angereist war. "Wir haben alle Vorgaben und Kontrollen erfüllt", sagt Joachim Löw im großen kicker-Interview am Montag (hier als e-Magazine abrufbar). "Wir waren extrem diszipliniert, extrem."

Und trotzdem fühlten sich einige Spieler nicht wohl, wie der Bundestrainer verrät. "Vor dem Samstags-Spiel gegen die Ukraine war bis 15 Uhr nicht klar, ob überhaupt gespielt wird." Im Lager der Gäste war das Virus ausgebrochen. "Unsere Spieler waren unsicher: Können wir spielen? Sollen wir spielen? Wollen wir überhaupt spielen? Die Antwort: Ja, wir können spielen. Alle Spieler, die eingesetzt wurden, waren getestet und konnten niemanden anstecken." Deutschland gewann 3:1.

Das Problem: "Am Sonntag kam die Meldung, dass im Ukraine-Team noch einmal mehrere Akteure infiziert waren." Und schon am Dienstag musste das DFB-Team zum Jahresabschluss in Spanien ran. "Vor dem Abflug sagten Spieler zu mir: 'Trainer, das ist Hochrisikogebiet, da wollen wir nicht hin. Ich habe eine schwangere Freundin zu Hause, meine Mutter, mein Vater gehören zu Risikogruppen.' Das konnte ich natürlich nachvollziehen. Ich habe selten Spieler mit einer solchen Verunsicherung erlebt. Das dauerte bis zum Anpfiff in Sevilla."

Und spiegelte sich später auch im Ergebnis wider. Ob eine Europameisterschaft unter solchen Umständen stattfinden sollte, mag Löw nicht beurteilen. "Aber ich kann schon diejenigen verstehen, die sich fragen, ob man von Aserbaidschan nach Rumänien und in insgesamt zwölf Länder fliegen muss. Andererseits ist jedes dieser Länder und jeder dieser Spielorte ungemein stolz, Teil dieses Turniers zu sein. Das ist keine einfache Aufgabe für die UEFA, die die Entwicklung in den kommenden ein, zwei Monaten berücksichtigen und dann eine Entscheidung treffen wird, die es zu akzeptieren gilt."

mkr