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Landthaler: "Unternehmer denken langfristig, Vereinsfunktionäre primär an die nächste Saison"

Die Pilsen-Hartberg -Lafnitz-Connection

Landthaler: "Unternehmer denken langfristig, Vereinsfunktionäre primär an die nächste Saison"

Adolf Sadek und Raphael Landthaler (rechts) in der Doosan Arena.

Adolf Sadek und Raphael Landthaler (rechts) in der Doosan Arena. Viktoria Plzen

Der österreichischen Fußballszene sind Sie als SKN-Gründungsmitglied, ehemaliger Finanzvorstand von Rapid und Kurzzeit-Vorstand der Bundesliga bekannt. Jetzt tauchen Sie in der Vereinsführung von Viktoria Pilsen mit dem Unternehmen "FCVP GmbH" auf. Was war dazwischen?

So viel Zeit war da nicht dazwischen. Mit Viktoria Pilsen beschäftige ich mich seit neun Monaten sehr intensiv. Nebenbei habe ich zwei andere Firmen gegründet, die sich mit der Finanzierung und Finanzplanung im Fußball beschäftigen. Mit einer davon haben wir die Schweizer Liga "SFL" als Kunden gewinnen können.

Dann sind Sie also über Martin Dellenbach auf Pilsen gestoßen?

Nein, über internationale Kontakte. Viktoria Pilsen hat schon seit einem Jahr einen Eigentümer gesucht, der die Klubhistorie wertschätzt, etwas bewegen will, dabei langfristig denkt und nicht unbedingt ein Scheich ist. Erste nähere Eindrücke habe ich dann beim Champions-League-Heimspiel gegen Bayern München bekommen und im Laufe der Zeit sehr viele Assets gesehen, auf denen man aufbauen kann und schlicht das Potenzial dieses Klubs erkannt. Erst dann haben die Gespräche begonnen. Im März waren wir eine größere Gruppe, die sich interessiert hat und schließlich auch überall genaue Einblicke in den Verein bekommen hat. Wichtig war uns auch, dass Koryphäe Adolf Sadek an Bord geblieben ist und weiterhin als Miteigentümer die Geschäfte führt, was er schon seit elf Jahren sehr erfolgreich macht.

Worin liegt denn das Potenzial?

Viktoria Pilsen war in den letzten 13 Jahren zwölf Mal in den Top-3 und vier Mal in der Champions-League-Gruppenphase. Mit Slavia Prag und Sparta Prag hast du zwei wirklich starke Mitbewerber um den Titel. Die Meisterschaft ist weitaus spannender als in Österreich. Dazu hat Viktoria eine hervorragende Infrastruktur mit einem UEFA-Kategorie-4-Stadion, demnächst wird ein Jugendzentrum mit 1.600 Quadratmetern aufgesperrt und wir haben ein tolles Einzugsgebiet mit 900.000 Leuten. Der Klub ist groß genug, dass er mit einer guten Nachwuchsarbeit auf eigenen Beinen steht und nicht von Mäzenaten abhängig ist. Dazu ist die tschechische Liga unter den Top-15 in Europa. Mit den ab der Saison 2024/25 aufgestockten Europacup-Bewerben ist die Chance also recht groß, dass du mit Viktoria Pilsen in einer Gruppenphase spielst.

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Wer sind aktuell die drei größten Pilsner Talente und wer die bekanntesten Spieler?

Pavel Bucha, Pavel Sulc, ein U-21-Teamspieler, und unser nigerianischer Legionär Rafiu Durosinmi, ein 20-jähriger Stürmer. Die Führungsspieler bei uns sind sicherlich Kapitän Lucas Hejda, Torhüter Jindrich Stanek, Mittelfeldstratege Lukas Kalvach und Stürmer Tomas Chory, die über jede Menge internationale Erfahrung verfügen.

Kann dann bald was rausspringen?

Nein, nein! (winkt ab) Über Transfers werde ich mich nicht äußern. Festhalten kann ich, dass wir das Projekt langfristig sehen und jetzt heißt es erstmals sportlich erfolgreich sein, international auffallen und erst dann können wir, als übernächsten Schritt quasi, gute Transfers tätigen. Gute Spieler werden letztlich immer in die Top-5-Ligen Europas gehen. Streng genommen ist jeder Klub in Europa, außer vielleicht die Top-10, ein Ausbildungsklub. Das Transfersystem kann man ja auch als Umverteilungssystem sehen. Sobald ein Spieler zu einem großen Klub wechselt, kriegen die anderen darunter wieder etwas zurück.

Wie kam es zu der Rapid-Connection bei Victoria? Ex-Präsident Martin Bruckner ist ja Aufsichtsratsvorsitzender in Pilsen und Ex-Keeper Raimund Hedl Miteigentümer der FCVP GmbH.

Da hat schon der Zufall ein wenig mitgespielt. Bruckner wurde nach meiner Zeit in Hütteldorf bei Rapid Präsident und irgendwann ergab sich wieder ein Kontakt. Hedl ist genauso ein tougher Geschäftsmann, der voll hinter dem Projekt steht.

Die Übernahme verlief erstaunlich ruhig. Warum gabe es keine Fan-Proteste?

Weil so etwas völlig normal ist in der Fußballwelt außerhalb von Österreich und Deutschland. In Pilsen waren hundert Prozent der Kommentare auf den Social-Media-Kanälen positiv. Die Fans sehen positivi in die Zukunft. Diese Vereinsmeierei, die diesem 50+1-Thema geschuldet ist, ist hier ein Unikat. Sechzig Prozent aller europäischen Profiklubs haben Mehrheitseigentümer. Die Angst, dass irgendwer daherkommt und vielleicht die Klubfarben und den Namen ändert, gibt es international nicht. Dass ein Sponsor im Vereinsnamen vorkommt, kenne ich auch nur aus Österreich. Ich werde mir als Unternehmer doch nicht mit solchen Sachen gleich einmal meine eigene Marke zerstören. Unternehmer denken langfristig, Vereinsfunktionäre primär an die nächste Saison. Als Unternehmer bin ich bereit Risiken zu nehmen und auch Eigenkapital mitzubringen. Als gewählter Funktionär werde ich kaum Geld investieren, wenn ich bei nächster Gelegenheit wieder abgewählt werden kann.

Über die Klubs hinweg können wir den Talenten 130.000 Spielminuten pro Saison in unterschiedlichen Leveln bieten.

Raphael Landthaler

Ihr Partner Dellenbach ist Obmann in Lafnitz und Manager der Akademie in Hartberg. Ist das eine Dreiecksbeziehung?

Pilsen ist schon ein finaler Baustein. Wenn jemand in die Akademie in Hartberg kommt, kann ihm Martin Dellenbach einen möglichen Karriereweg bis hinauf in die Champions League in Pilsen aufzeigen. Die sportlichen Entscheidungen werden in den jeweiligen Gremien der Klubs getroffen. Natürlich ist das ein Asset für alle drei Klubs und es wird wohl eine ähnliche Trainingsphilsophie herrschen. Freilich trifft die sportlichen Entscheidungen in Hartberg Markus Schopp. Und ich möchte auch hinzufügen, dass wir zwei Mannschaften in Pilsen haben, unsere zweite spielt in der dritten Liga. Die entscheidende Währung für junge Talente heißt Spielzeit: Über die Klubs hinweg können wir den Talenten 130.000 Spielminuten pro Saison in unterschiedlichen Leveln bieten. Das kann ein sehr überzeugendes Argument sein!

Wollen Sie noch weitere Klubs an Bord holen?

Nein.

Viktoria könnte im Play-off der Conference League auf Rapid Wien treffen. Ihr Wunschgegner?

Nein, überhaupt nicht. Das wäre mir äußerst unangenehm. Als Unternehmer möchte ich natürlich weiterkommen, aber doch nicht ausgerechnet auf Kosten des Vereins, bei dem ich soviel lernen habe dürfen und bei dem ich mich mit allen so gut verstanden habe. Das waren für mich fünf äußerst emotionale, positive Jahre bei Rapid.

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