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Lahm im Interview: "Der Amateurfußball würde ja gar nicht überleben können"

Verleihung der Sepp-Herberger-Awards am Montag

Lahm im Interview: "Der Amateurfußball würde ja gar nicht überleben können"

Rief schon 2007 seine eigene Stiftung ins Leben: Philipp Lahm.

Rief schon 2007 seine eigene Stiftung ins Leben: Philipp Lahm. IMAGO/Revierfoto

An diesem Montag werden die Sepp-Herberger-Urkunden an einem neuen Ort und in einem neuen Rahmen vergeben. Welche Bedeutung hat für Sie diese Veranstaltung?

Es ist eine tolle Veranstaltung mit einem sehr hohen Stellenwert, weil es wichtig ist, dass sich die Menschen in unserer Gesellschaft ehrenamtlich engagieren. Und deshalb ist es auch wichtig, dass Menschen eine Auszeichnung erhalten dafür, dass sie aktiv sind, in die Gesellschaft hineinwirken und so den Zusammenhalt fördern.

Ist es gerade in diesen unruhigen Zeiten besonders wichtig, das ehrenamtliche Engagement und die integrative Kraft des Fußballs zu betonen und zu würdigen?

Ich finde es immer wichtig, dass man Menschen für ihr Engagement würdigt. Es gibt ja nicht nur den Spitzen- und Profifußball, sondern vor allem den ganzen Amateurfußball. Der würde ja gar nicht überleben können, wenn es nicht so viele Leute gäbe, die sich ehrenamtlich engagieren. In den Amateurvereinen geht es viel um Gleichwohl und Teilhabe. An der Basis stehen Dinge im Mittelpunkt, die im Profifußball vielleicht nicht mehr so vermittelt werden - und das geht nur mit Leuten, die sich in unserer Gesellschaft engagieren.

Wir müssen für die Werte einstehen, für die wir leben.

Philipp Lahm

Welche besondere Aufgabe hat der Fußball in Zeiten von Krieg und Corona?

Wir müssen für die Werte einstehen, für die wir leben. Das ist das Wichtigste, und da haben Sportler und Repräsentanten im großen Business Fußball eine bedeutende Vorbildfunktion. Da geht es um Haltung gegenüber bestimmten Themen, da geht es bei uns im Fußball auch immer um Fairness und Teamgeist. Das sind die Grundlagen des Mannschaftssports, da muss auch der Fußball eine Vorbildrolle übernehmen. Und ich glaube, das tut er auch.

Sie treten in Berlin als Ehrengast und Laudator für die Ehrung der Franz-Beckenbauer-Stiftung auf. Welche Bedeutung hat diese Stiftung aus Ihrer Sicht für die Gesellschaft?

Erst einmal ist es eine Würdigung des Lebenswerks von Franz Beckenbauer, der so viel für den Fußball getan hat und sehr früh eine eigene Stiftung gründete. Deshalb habe ich sofort und sehr gerne zugesagt. Die Stiftung unterstützt Menschen mit Behinderungen, aber auch Personen, die krank wurden oder unverschuldet in Not geraten sind.

Sie selbst haben bereits 2007 eine eigene Stiftung ins Leben gerufen mit dem Ziel, Kinder und Jugendliche zu fördern. Was war der Antrieb, und wo steht die Stiftung heute?

Antrieb war damals 2007 im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2010 mein Besuch in Südafrika. In diesen Tagen habe ich in den Townships die große Armut gesehen, die dort herrscht. Da entstand der Wunsch, eine eigene Stiftung zu gründen, um benachteiligten Kindern zu helfen und sie zu unterstützen. Wo stehen wir? Wir haben aktuell fünf Projekte in Südafrika und Deutschland. Da sollen Kinder und Jugendliche aus unterprivilegierten Verhältnissen beispielsweise in verschiedenen Bereichen wie Bewegung, Ernährung oder Persönlichkeitsentwicklung, die auch in meiner Jugend wichtig waren, auf spielerische Art geschult und gefördert werden.

Sepp Herberger wäre an diesem Montag 125 Jahre alt geworden, Sie sind 87 Jahre jünger. Welchen Bezug haben Sie zum Weltmeister-Trainer von 1954, wann kamen Sie mit dem Namen Herberger in Berührung?

"Wie und wann ich zum ersten Mal mit dem Namen Sepp Herberger in Berührung kam, kann ich nicht mehr genau sagen. Aber woran wir uns natürlich alle erinnern, ist die Weltmeisterschaft 1954, das Finale von Bern, in dem man der Underdog war gegen Ungarn und dann mit dem 3:2 in die Geschichtsbücher eingegangen ist. Das Wunder von Bern, diesen Begriff kennen auch viele, die mit dem Fußball nichts oder nicht so viel zu tun hatten. Und Sepp Herberger war der Architekt dieses Wunders.

Die DFB-Stiftung Sepp Herberger, Deutschlands älteste Fußballstiftung, ehrt mit den Sepp-Herberger-Awards leuchtende Beispiele für ehrenamtliches Engagement und die integrative Kraft des Fußballs mit Preisgeldern in Höhe von 125.000 Euro. Die Verleihung findet im Rahmen einer Gala mit prominenten Persönlichkeiten aus Fußball, Politik und Gesellschaft statt und wird heute (ab 20.15 Uhr) auf #dabeiTV bei MagentaTV und auf DFB-TV live übertragen. Eingebettet wird die Ehrung in ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm mit eindrucksvollen Berichten aus der Welt des Breitenfußballs und bemerkenswert engagierten Vereinsvertreter*innen.

Interview: Oliver Hartmann

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