Um 18.30 Uhr am Dienstagabend trat das deutsche Olympia-Team von Frankfurt aus den rund elfstündigen Flug nach Tokio an. Vorher stand noch das erste gemeinsame Training auf dem Eintracht-Gelände an. U-21-Europameister-Kapitän Arne Maier setzte nach seiner Erkältung noch aus. Die übrigen Akteure versprühten jedoch auf dem Rasen gute Laune, Spiel- und Vorfreude. Allen voran "Alterspräsident" Max Kruse. "Es ist ein geiles Gefühl, wieder da zu sein", sagte der 33-Jährige, der erstmals seit seinem bislang letzten von 14 A-Länderspieleinsätzen im Oktober 2015 wieder DFB-Kleidung trug. Die wird beim Turnier dann den offiziellen Olympia-Outfits von "Team D Fußball" weichen. Sehr zur Freude des Offensivspielers von Union Berlin. "Was reizt einen an Olympia nicht, frage ich mich", begann er seine Schwärmerei für die Spiele im Zeichen der fünf Ringe: "Das ist ein einmaliges Erlebnis. Eine Medaille in Händen zu halten, ist für viele Sportler das Größte, was es gibt auf der Welt. Das sollte für uns genauso sein. Viele von uns haben Olympia geschaut, als wir noch klein waren. Das ist Begeisterung pur. Das kann man gar nicht so richtig in Worte fassen. Ich kriege schon jetzt ein bisschen Gänsehaut."
Kruse: "Auf Olympia schaut die ganze Welt"
Die Nominierungsquerelen kommentierte Kruse nur kurz. "Es ist natürlich traurig, wenn Vereine Spieler nicht freigeben, aber das ist die Baustelle von anderen", sagte der Angreifer und wollte auch nicht näher auf Spieler eingehen, die freiwillig auf eine Olympia-Teilnahme verzichtet haben, sondern richtete den Blick nach vorne: "Wir beschäftigen uns mit den Leuten, die hier sind. So lange wir elf Leute auf den Platz kriegen, werden wir alles versuchen, um die Goldmedaille nach Deutschland zu holen. Eine Goldmedaille ist etwas, wovon man sein Leben lang erzählen kann. Auf Olympia schaut die ganze Welt."
Der Auftakt gegen den amtierenden Olympia-Sieger Brasilien, der die deutsche Auswahl 2016 im heimischen Maracana zu Rio erst im Elfmeterschießen bezwang, könnte spektakulärer nicht sein. "Gleich das erste Spiel ist eine Standortbestimmung. Man sieht gegen Brasilien, wo man steht, woran wir noch arbeiten müssen", so Kruse: "Wir haben drei Gruppenspiele und wollen ins Viertelfinale."
"Stimmungskanone" Kruse: "Ich muss ja nicht alles preisgeben"
Er selbst will für gute Stimmung im Mannschaftshotel sorgen. "Bei aller Professionalität geht Fußball nur mit Spaß. Wir wollen den Spaß nach Deutschland transportieren und für alle, die leider nicht dabei sein können, zeigen, dass wir Deutschland so gut wie möglich repräsentieren." Und wie soll das mit der guten Stimmung innerhalb der reglementierten Coronablase genau funktionieren? "Ich muss ja nicht alles preisgeben", sagte Kruse mit einem Lachen und ging dann doch auf ein paar Optionen ein: "Es gibt Kartenspiele – und da rede ich nicht nur von Poker, bevor das wieder aufgegriffen wird – und Brettspiele, einige werden eine Playstation eingepackt haben und wir haben uns auch genug zu erzählen, fast jeder kommt aus einem anderen Verein."
Auf dem Platz wird dem Freigeist in der Offensive eine Schlüsselrolle zukommen. "Ich werde versuchen, meine Erfahrung dem Team mitzugeben und Ruhe auszustrahlen. Ich habe zwar noch kein großes Turnier gespielt, aber schon ein paar Spiele gemacht, habe ein bisschen Routine, wobei Olympia alles andere als Routine ist", betonte Kruse: "Da kommt der kleine Junge ein bisschen in mir raus. Das muss ich dann erst mal persönlich verarbeiten, dann versuche in der Mannschaft zu helfen."
Und nebenbei wird genug Zeit sein, die anderen Wettkämpfe zu verfolgen. Allerdings wohl nur im TV, da nach aktuellem Stand keine Zuschauer in den Arenen zugelassen sind. Kruses drei Favoriten: Basketball, Tennis und Fechten.
