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Konstantin Kerschbaumer: "Ich bin nicht eins zu eins der Nachfolger von Michi Liendl"

Der Heimkehrer im Interview

Konstantin Kerschbaumer: "Ich bin nicht eins zu eins der Nachfolger von Michi Liendl"

Konstantin Kerschbaumer blickt freudig motiviert der neuen Saison entgegen.

Konstantin Kerschbaumer blickt freudig motiviert der neuen Saison entgegen. GEPA pictures/Daniel Goetzhaber

Herr Kerschbaumer, Sie sind nach sieben Jahren zurück in Österreich. Auf welcher Ihrer vier Stationen haben Sie sich denn am wohlsten gefühlt?

Es hat jede Station etwas für sich gehabt. Von der Admira zu Brentford zu wechseln, war natürlich ein Riesensprung, quasi vom Kinderzimmer nach London. Es waren dann zwei tolle Jahre, weil der Fußball in England einfach noch einmal einen anderen Stellenwert hat und auch in der 2. Liga die Stadien meist so gut wie voll sind.

War England schon immer Ihr Traum?

Eigentlich bin ich erst zum England-Fan geworden. Wenn ich als Bub von einer Fußballkarriere geträumt habe, dann von Deutschland. Deshalb war das eigentlich auch mein erstes Ziel. Aber meine Frau und ich haben uns in London und seine Kultur verliebt. Die Stadt hat viele spannende Ecken und gefühlt alle paar Kilometer ein Stadion, von denen jedes seinen eigenen Flair hat. Auch oder gerade in den unteren Ligen. Es heißt ja nicht umsonst, dass man die typisch englische Fußball-Atmosphäre dort heute mehr spürt als in der Premier League.

Um mehr Spielzeit zu bekommen, haben Sie dann ein Leihjahr in Bielefeld verbracht. Wenn’s nach den Statistiken geht, Ihr bestes?

Bielefeld war eine wunderschöne Zeit, wahrscheinlich die beste. Nicht nur von meinen Statistiken - ich glaube ich hatte acht Tore und sechs Assists -, sondern auch von der Gemeinschaft. Wir hatten wirklich einen außergewöhnlichen Teamspirit mit vielen guten Typen. Mit Manuel Prietl, Stefan Ortega, der jetzt zu Man City wechselt, aber auch Andreas Voglsammer habe ich richtig gute Freunde gewonnen. Ich wäre damals auch gerne geblieben, aber Bielefeld hatte nicht die Mittel, um die doch recht hohe Ablösesumme an Brentford zu zahlen.

Deshalb ging es nach Ingolstadt.

Das war weniger schön, aber lehrreich. Das gehört dazu. Wir sind mit großen Ambitionen gestartet, wollten unbedingt wieder aufsteigen und hatten von den Namen her auch eine Mannschaft, der man das auf jeden Fall zutrauen musste. Dass wir am Ende abgestiegen sind, war unvorstellbar.

Die beiden Klubs sind für mich als Tullner sehr interessant gewesen.

Konstantin Kerschbaumer über Rapid und Austria

Es hieß, dass auch Rapid und Austria Sie damals haben wollten. Wie knapp war es denn?

Da war schon was dran und die beiden Klubs sind für mich als Tullner sehr interessant gewesen, ich war ja auch einmal in der Rapid-Akademie. Aber damals wollte ich noch im Ausland bleiben und in die Bundesliga aufsteigen. Und mit Heidenheim hätte ich das ja fast geschafft.

Wie ordnen Sie Heidenheim, Ihre letzte Deutschland-Station, denn ein?

Die ersten zwei Jahre waren erfolgreich. Man darf nicht vergessen, wir haben es in die Aufstiegsspiele geschafft und sind nur aufgrund der Auswärtstorregel, die gleich danach abgeschafft wurde, nicht aufgestiegen. Erst im letzten Jahr bin ich nicht mehr auf die Spielzeit gekommen, die ich mir gewünscht hätte.

Lag es an Trainer Frank Schmidt?

Eigentlich bin ich gut mit ihm ausgekommen, war ja auch zwei Jahre Leistungsträger und habe meinen Teil dazu beigetragen, dass die Mannschaft erfolgreich war. In der letzten Saison habe ich mich aber vor dem ersten Spiel verletzt, bin einen guten Monat ausgefallen, zurückgekommen und habe mir gleich wieder einen Faserriss zugezogen, sodass ich alles in allem rund zwei Monate gefehlt habe. Auf meiner Position gab es viele Spieler, die Jungen haben ihre Sache gut gemacht, deshalb war die Message, dass ich mich erst wieder reinbeißen muss. Letztlich habe ich dann aber nicht mehr die Chance bekommen. Ein Wechsel war bereits im Winter eine Überlegung, aber ich wollte nichts überstürzen. Am Ende war es eine Saison zum Vergessen, aber ich war wieder ein paar Erfahrungen reicher. Auch wenn ich sie nicht mehr machen will.

Geht es nach dem Gesetz der Serie, muss man mit einem Aufstieg Heidenheims rechnen. Brentford und Bielefeld sind nach Ihrem Abgang aufgestiegen und auch Ingolstadt kam nach dem Abstieg wieder in die 2. Liga.

Ja, witzig. Es hat zwar nie gleich im ersten Jahr nach meinem Abgang geklappt, aber doch in einem der nächsten Jahre. Es zeigt, dass die Vereine grundsätzlich mit ihren langfristigen Planungen nicht so schlecht gelegen sind.

Nach der verpatzten letzten Saison wollten Sie unbedingt zurück nach Österreich oder wären Sie gerne noch im Ausland geblieben?

Ich war für alles offen. Australien wäre jetzt nicht am Plan gewesen, ich wollte aber weder unbedingt zurück, noch mit allen Mitteln im Ausland bleiben. Ich wollte einfach wieder zu einem Klub, der mich unbedingt haben will, der auf mich setzt, wo ich viel Spielzeit bekomme und ich wieder Spaß am Fußball habe. Es hätte auch andere Möglichkeiten gegeben, aber ich habe sehr früh mit Robin Dutt gesprochen und mich nach diesen guten Gesprächen auch sehr früh für den WAC entschieden.

Er war in seinen Ausführungen von Anfang an sehr professionell und klar.

Konstantin Kerschbaumer über Robin Dutt

Man könnte sagen, Sie mussten erst nach Österreich zurückkommen, um mit einem richtig renommierten Bundesliga-Trainer zu arbeiten. Wie ist denn Robin Dutt?

Die Gespräche mit ihm waren sehr überzeugend. Er war in seinen Ausführungen von Anfang an sehr professionell und klar. Er hat mir genau erklärt, was war, wie es aktuell aussieht und was er in Zukunft mit dem WAC vor hat. Damit konnte ich etwas anfangen, mir etwas vorstellen. Jetzt bin ich seit zwei Wochen da und der gute Eindruck, den ich von ihm hatte, hat sich bisher bestätigt.

Das macht neugierig: Sie haben in guten Jahren auch Ihre Scorerpunkte gesammelt, sind Sie gar als Nachfolger von Michi Liendl eingeplant, der jahrelang Assistkönig der Wolfsberger war?

Nicht eins zu eins. Vom Spielertyp sind wir doch unterschiedlich. Er war ein klarer Zehner, ich bin ein Achter. Er hatte sehr beeindruckende Zahlen, ich komme zwar auch auf meine Scorerpunkte, bin aber doch anders unterwegs. Ich bin eher der Box-to-Box-Spieler, der mehr an die Defensive gebunden ist. Dazu kommt, dass der WAC in Zukunft etwas anders spielen will als in der Vergangenheit. Meine Rolle ist eher so, dass ich meine Erfahrung einbringen soll, weil doch auch viele junge Spieler dazu gekommen sind. Ich bin gerade 30 geworden, habe in den letzten Jahren einiges erlebt und bin gerne bereit Verantwortung zu übernehmen.

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Dass in Wolfsberg alles eine Nummer kleiner ist, macht Ihnen nichts aus?

Es ist schon alles eine Nummer kleiner, auch das Stadion. Aber man passt sich an. Ich bin hier um Fußball zu spielen. Wenn das Spaß macht, ist das das wichtigste.

Und was nehmen Sie sich für die neue Saison vor?

Als Mannschaft wollen wir wieder in die Meisterrunde einziehen. Das ist das erste Ziel. Ich denke, danach werden wir wieder Ziele definieren, je nachdem wie der Punkteabstand ist. Persönlich will ich der Mannschaft so helfen, dass wir in die Meisterrunde kommen. Am liebsten mit Assists und Toren, aber man kann sich auch anders einbringen. Und dann gibt es natürlich noch die Conference League. Da kann es nur ein Ziel geben, die Gruppenphase. Aber da müssen wir zunächst einmal den Gegner abwarten.

Die heimische Bundesliga ist nach nur 16 Spielen für die Admira fast noch Neuland für Sie, aber wie fällt Ihr Vergleich zwischen der Championship und der 2. Bundesliga aus?

Ich war bei der Vienna und beim SKN in der 2. Liga, im Winter 2015 bin ich zur Admira gewechselt und nach einem halben Jahr kam wie aus dem heiteren Himmel Brentford. Was die Ligen betrifft: In England steckt schon noch deutlich mehr Power drin. Alleine die Spielertypen sind alle noch einmal größer und athletischer. Vergleiche mit Österreich anzustellen, wäre unseriös, das ist sieben Jahre her. Im Allgemeinen ist der Fußball in unserer Liga technisch versierter, es wird mehr Fußball "gespielt". Wobei ich aber das Klischee, dass in Englands zweiter Liga noch Kick and Rush gespielt wird, nicht gelten lasse. Da gab es schon zu meiner Zeit richtig gute Einzelspieler wie etwa den portugiesischen Nationalspieler Ruben Neves. Ich würde sagen, es kommt sehr auf die Mannschaften an, ob sie mehr oder weniger Fußball spielen. Das ist in Deutschland nicht viel anders, da stehen der HSV und Kiel auch in der 2. Liga für gepflegten Fußball.

Interview: Horst Hötsch

Zehn Jahre NV Arena