DEL

"Karikatur eines Eishockeyspiels": Nürnbergs Rumpftruppe offenbart Corona-Irrsinn

Ice-Tigers-Verantwortliche machen sich für Aufstockung der Mindestanzahl von einsatzfähigen Spielern stark

"Karikatur eines Eishockeyspiels": Nürnbergs Rumpftruppe offenbart Corona-Irrsinn

Sichtlich gezeichnet von den Strapazen: Die verbliebenen Nürnberg Ice Tigers in Augsburg.

Sichtlich gezeichnet von den Strapazen: Die verbliebenen Nürnberg Ice Tigers in Augsburg. DeFodi Images via Getty Images

Der traurige Höhepunkt der wahnwitzigen Corona-Saison im deutschen Eishockey war für die Nürnberg Ice Tigers nur noch mit beißender Ironie zu ertragen. "Die zehn freien Plätze auf unserer Spielerbank könnt Ihr übrigens auch gerne verkaufen", antwortete der Klub den Augsburger Panther, die auf Twitter den Ticketkauf für das bayerische Derby beworben hatten.

Die großen Lücken auf der Nürnberger Bank waren das Symbolbild für ein Spiel, das der DEL wohl eher geschadet als genutzt haben dürfte. Als ein "Muster ohne Wert" und "eine Karikatur eines Eishockeyspiels" bezeichneten die Ice Tigers die 4:9-Niederlage - und trafen damit den Nagel auf den Kopf. "Ich will das hier überhaupt nicht analysieren", sagte Nürnbergs Sportdirektor Stefan Ustorf im Interview bei MagentaSport, "mir ist nur wichtig, dass sich niemand verletzt."

Nur elf Feldspieler und zwei Goalies  - Ice Tigers von vorneherein ohne Chance

Mit einer Rumpftruppe von nur elf Feldspielern und zwei Goalies war der Kampf von vornherein aussichtslos, auch wenn sich die coronageplagten Nürnberger gegen vollbesetzte Augsburger sehr achtbar schlugen. Bis ihnen die Kraft ausging. "Es war eine Farce", sagte Nürnbergs Geschäftsführer Wolfgang Gastner dem SID: "Das darf es so nicht nochmal geben." Cheftrainer Tom Rowe wetterte: "Das war lächerlich und bringt die Spieler in eine gesundheitsgefährdende Situation."

In der Olympiapause: Aufstockung der Mindestanzahl an spielfähigen Feldspielern?

Nürnberg hatte wegen zahlreicher positiver Tests und Trainingsausfällen versucht, die Partie zu verlegen. Doch die Formel, die auch die Ice Tigers vor der Saison abgenickt hatten, besagt: 10+1 = spielfähig. Einzig eine behördlich angeordnete Team-Quarantäne hätte die Partie verhindern können - doch die blieb aus. Auch, weil viele im Nürnberger Team bereits geboostert sind. "In dem Fall ist der Ehrliche der Dumme", meinte Gastner, dessen Klub sich zudem streng an das "return-to-play-Protokoll" hält. An Corona erkrankte Profis früher dem Leistungssport auszusetzen als empfohlen, kommt für Gastner wegen möglicher Long-COVID-Schäden nicht infrage: "Bei mir geht Sicherheit vor Punkte."

In der Olympiapause will er bei anderen Liga-Verantwortlichen für eine Aufstockung der Mindestanzahl an spielfähigen Feldspielern von zehn auf 13 werben. Mit nur zwei Sturmreihen, so wie Nürnberg gegen Augsburg angetreten war, kann man kein Spiel gewinnen - das weiß jeder, der selbst schon mal Eishockey gespielt hat.

"Das Schlimme ist, dass man fast enttäuscht sein muss, dass wir hier keine Punkte mitgenommen haben", sagte Nürnbergs Verteidiger Oliver Mebus bei MagentaSport. Er selbst stand rekordverdächtige 31:25 Minuten auf dem Eis, nahezu alle Nürnberger kamen auf mehr als 30 Shifts. Die Beine seien "ein bisschen schwerer" als sonst und er sei froh, "dass es vorbei ist", gab Mebus zu.

In ihrer Not scherzten die Nürnberger, man könne ja Sportdirektor Stefan Ustorf, Co-Trainer Manuel Kofler und Physiotherapeut Thomas Schinko, die einst erfolgreiche Spieler gewesen waren, Trikots überziehen. Galgenhumor und beißende Ironie - anders war dieser gebrauchte Tag für die Ice Tigers nicht zu ertragen.

SID/jer