WM

WM 2022: Frisches Blut oder Jugendwahn? Spanien im Check

"La Roja" hat nur noch einen Weltmeister mit an Bord

Junge Wilde oder Jugendwahn? Spanien im Check

Schwer einzuschätzen: Luis Enrique und seine "La Roja".

Schwer einzuschätzen: Luis Enrique und seine "La Roja". AFP via Getty Images

Der Trainer

An Luis Enrique scheiden sich die Geister. Der ehemalige Nationalspieler sorgte in seiner Amtszeit regelmäßig für Überraschungen, verzichtete in seinen Kadern mitunter auf arrivierte Kräfte. So auch bei der WM-Nominierung: Viele Fans in Spanien hätten sich wohler gefühlt, wären beispielsweise die erfahrenen Sergio Ramos (36), Iago Aspas (35), Thiago (31) oder der formstarke Betis-Stürmer Borja Iglesias (29) mit in die Wüste gereist. 

WM 2022

Doch Luis Enrique setzt auf die jungen Wilden. Er hofft, dass sie sich zu einem verschworenen Haufen entwickeln. "Ich glaube an die Jugend und die Einheit im Team", so der Coach, der als dickköpfig und nicht sonderlich kritikfähig gilt. Seine Fähigkeiten als Motivator spricht ihm allerdings niemand ab.

Die Stärken

Die flache Hierarchie löst bei "La Roja" einen Konkurrenzkampf aus, der beflügeln könnte. Wer unter Luis Enrique spielen will, muss volle Pulle geben, seine Startelf ist noch auf einigen Positionen offen. Wie von Spanien gewohnt, sind die Akteure technisch hervorragend ausgebildet, Ballbesitzfußball immer noch in Mode. Siehe Nations League: Selbst beim Auswärtsspiel in Portugal (1:0) war zu zwei Dritteln La Roja am Leder. Die Flügelangreifer (z.B. Ferran Torres, Pablo Sarabia und Nico Williams) bringen jede Menge Tempo mit ein, im Mittelfeld ziehen unter anderem die quirligen Pedri und Gavi die Fäden.

Die Schwächen

Die Abwehr gilt als nicht sattelfest. Barça-Linksverteidiger Jordi Alba fehlt bei Barcelona Spielpraxis, Vereinskollege Eric Garcia flattern immer wieder die Nerven - man denke nur an den jüngsten Clasico bei Real Madrid (1:3). In vorderster Front steht mit Alvaro Morata ein Stürmer, der zwar ein Spiel alleine entscheiden, aber auch mal völlig abtauchen kann - noch so eine Wundertüte bei La Roja.

20 von 26 Spielern werden in Katar ihre erste WM spielen, mit Sergio Busquets ist nur ein Weltmeister von 2010 noch im Kader. Einige Spieler haben nicht mal eine Handvoll Länderspiele absolviert, so zum Beispiel der junge Abwehrspieler Hugo Guillamon. Es fehlt die Erfahrung, gerade wenn es in mögliche K.-o.-Spiele geht. Also doch Jugendwahn? Spanien stellt nach der Nominierung von Barcelonas Balde für Gaya das Team mit dem drittjüngsten Durchschnittsalter (25,85) - die fehlenden Führungsköpfe könnten Kopf und Kragen kosten.

Der "Player to watch"

Nico Williams. Der Bilbao-Angreifer, ist im Gegensatz zu schon länger im Rampenlicht stehenden Jungstars wie Gavi, Pedri oder Ferran Torres ein in der Nationalelf beinahe unbeschriebenes Blatt. Sein Debüt feierte der Bruder von Ghanas WM-Teilnehmer Inaki Williams erst im September in der Nations League. Der 20-Jährige entpuppte sich als Volltreffer, überzeugte als einer der wenigen gegen die Schweiz (1:2) und bereitete in Portugal das 1:0 von Morata vor, das den Einzug in die Finalrunde ermöglichte. Im letzten WM-Testspiel gegen Jordanien (3:1) gelang ihm sein erster Treffer. Das Leichtgewicht (68 Kilo) hat das Zeug, trotz erst 50 Ligaspielen (drei Tore) und ohne große internationale Meriten für Schlagzeilen zu sorgen.

Die Prognose

Spanien wird sich in der Gruppe E gemeinsam mit Deutschland durchsetzen und für jeden Gegner ab dem Achtelfinale eine harte Nuss. Für den WM-Titel ist die junge Truppe aber zu unreif, es fehlt die Turniererfahrung. Auch wenn er sich zuletzt etwas forscher gab: Selbst Luis Enrique zählte seine Mannschaft im Vorfeld nicht zu den Favoriten. "Ich sehe Argentinien und Brasilien ganz oben - weit über dem Rest", sagte der 52-Jährige.

las