kicker

Jürgen Heil im Interview: "Ein Wechsel war ein Thema"

Hartberg-Profi über die vergangene Saison

Jürgen Heil im Interview: "Ein Wechsel war ein Thema"

Jürgen Heil hält dem TSV Hartberg die Treue.

Jürgen Heil hält dem TSV Hartberg die Treue. GEPA pictures

Seit mittlerweile sieben Jahren schnürt Jürgen Heil seine Schuhe für den TSV Hartberg, erlebte den Durchmarsch von der Regionalliga in die Bundesliga sowie die Qualifikation für die Meistergruppe 2020 und den Sieg in der Qualifikationgruppe 2021 mit, fand sich aber in seiner persönlich besten Saison im österreichischen Oberhaus mit seinem Team nach zwei zuvor erfolgreichen Jahren im Abstiegskampf wieder. "Das Jahr war gefühlt ein Rückschritt", resümiert der 25-Jährige im kicker-Gespräch mit etwas Bitterkeit die vergangene Spielzeit.

"Natürlich kann man nicht immer damit rechnen, dass es so gut läuft, wenn man in Hartberg spielt, aber die Situation im letzten Sommer war mit den vielen Abgängen sehr turbulent. Da mussten wir uns einfach neu finden. Dann hatten wir die Situation, dass nach dem Trainingslager in der Wintervorbereitung um die 15 Spieler mit Corona zurückgekommen sind. Zum Schluss hat uns mit Donis Avdijaj ein ganz wichtiger Spieler ein paar Wochen gefehlt, auch Mario Sonnleitner stand uns da nicht immer zur Verfügung. Daher war es schon eine komplizierte Saison. Es zeigt aber auch den Charakter der Mannschaft und des Vereins, dass man mit solchen Rückschlägen umgehen kann, weil uns doch schon viele abgeschrieben haben. Wir haben uns aber erfolgreich gegen den Abstieg gestemmt", zeigt sich Heil stolz.

Schmidt als Retter in der Not

Besonders die Verpflichtung des als "Feuerwehrmann" bekannten Klaus Schmidt für das letzte Drittel der Saison war laut Heil der entscheidende Faktor, warum man auch im nächsten Jahr wieder Erstligafußball erleben darf: "Wir sind wieder alle näher zusammengerückt, etwas, das den Verein auszeichnet und das wir durch die Erfolge der letzten Jahre ein wenig verloren hatten. Jeder hat seine Erwartung nach oben geschraubt und so war es dann im Kopf schwieriger, den Abstiegskampf anzunehmen. Klaus Schmidt ist ja dafür bekannt, eine Mannschaft zusammenzuholen und sie zu bestärken und so hat jeder wieder mehr auf sich selbst geschaut, dass man seine eigene Leistung abruft, bevor man jammert. Das war ein sehr wichtiger Faktor."

Die Top-Sommertransfers der österreichischen Bundesliga

Für den Mittelfeldspieler war es persönlich ein sehr erfolgreiches Jahr. Mit vier Toren und fünf Assists war er hinter Dario Tadic nicht nur der zweiterfolgreichste Scorer seines Teams, sondern sammelte auch die meisten Torbeteiligungen innerhalb eines Jahres in seiner bisherigen Bundesligakarriere. "Ich habe mich in diesem Jahr richtig gut weiterentwickelt, aber der Weg hat schon davor angefangen. Die Leidenschaft und das Herz hatte ich immer, aber unter Markus Schopp habe ich damals auch fußballerisch extrem viel dazugelernt. Im letzten Sommer hatte ich dann eine neue Chance unter einem neuen Trainer und da habe ich alles dafür getan, dass ich zum kompletten Stammspieler werde. Da ist sehr viel zurückgekommen für die Arbeit, die ich die Jahre davor geleistet habe", freut sich Heil über seine Fortschritte in der abgelaufenen Spielzeit.

Dadurch weckte er auch das Interesse einiger Klubs und stand vor einer wichtigen Entscheidung in seiner Laufbahn: "Ich war lange unsicher, wie meine Zukunft aussehen wird. Es war dann auch nicht einfach zum Schluss, weil man im Abstiegskampf eigentlich keine Zeit hatte, um sich wirklich mit solchen Dingen zu beschäftigen und zu überlegen, wie es weitergehen soll. Ein Wechsel war aber ein Thema und ich glaube auch, dass es irgendwann so weit sein wird, weil man bei einer neuen Herausforderung nochmal neue Kräfte freisetzen kann."

Mehr Verantwortung im Team

Am Ende entschied sich der Mittelfeldprofi aber doch zum Verbleib in Hartberg und setzte seine Unterschrift unter einen neuen Vierjahresvertrag bis 2026: "Es ist in diesem Sommer noch nicht so weit, weil mir der Verein einen Weg aufgezeigt hat, bei dem ich mich noch weiterentwickeln kann. Ein wichtiger Punkt war, mehr Verantwortung in der Mannschaft zu übernehmen, weil ich doch schon lange beim Verein und ein Typ bin, der gerne vorangeht. Da will ich noch mehr für die Truppe investieren und wenn man gute Leistungen bringt, ist es auch einfacher, dass die anderen das annehmen. Innerhalb Österreichs wären die Möglichkeiten ohnehin begrenzt gewesen, weil ich immer gesagt habe, dass Hartberg meine Heimat ist und ich daher nicht zu einem 'gleich guten' Verein innerhalb der Liga wechseln will. Da wäre nur einer der Topklubs interessant gewesen. Nach der Saison habe ich aber einfach entschieden, dass es mir guttut, wenn ich den Schritt noch nicht gehe, weil ich von meiner Spielanlage her noch nicht so ausgereift bin."

Ich weiß, was mit dieser Truppe möglich ist.

Jürgen Heil

Wenngleich die allgemeine Teamleistung mit dem gesicherten Klassenerhalt am letzten Spieltag durchaus nervenaufreibend war, hofft Heil, dass die Mannschaft die richtigen Lehren aus dem schwierigen Jahr ziehen wird: "Intern dürfen wir uns immer hohe Ziele setzen, aber wenn man die dann nicht erreicht, muss man auch damit rechnen - vor allem, wenn man im unteren Play-off steht - dass es gegen den Abstieg geht. Da muss sich jeder bewusst sein, sollte das wieder passieren, dass es dann nicht vorbei ist, sondern dass es erst richtig losgeht. Im unteren Play-off geht es nicht darum, schön zu spielen, sondern da ist purer Kampf angesagt und das muss jeder Spieler dann auch kapieren."

Zuversicht für die kommende Saison

Ein wesentlicher Punkt für Heil ist, dass neben seiner eigenen Vertragsverlängerung auch die Arbeitspapiere von Thomas Rotter, Manfred Gollner sowie Florian Faist und Raphael Salinger ausgedehnt wurden und somit ein wichtiger Stammkern gehalten werden konnte. "Das war eine der wichtigsten Sachen, die der Verein in dieser Saison gemacht hat", meint Heil. "Damit man nicht wieder so einen Umbruch einleitet. Das hat das letzte Jahr gezeigt, wie viel Zeit das in Anspruch nimmt. Es ist einfach für den Teamspirit sehr wichtig, dass man nicht von null anfangen muss, sondern dass da eine gewisse Routine vorhanden ist, die den Verein kennt. Da bin ich sehr dankbar, dass der Verein mit diesen Spielern, die in der Kabine und auf dem Platz sehr wichtig sind, längerfristig planen kann."

Die Qualität im Team sieht Heil jedenfalls vorhanden und der vereinstreue Profi wirkt zuversichtlich, dass man diese in der kommenden Saison wieder besser und öfter abrufen kann: "Im ersten Bundesligajahr sind wir fast abgestiegen, im Jahr darauf waren wir in der Meistergruppe. Ich weiß, was mit dieser Truppe möglich ist. Wir haben sehr gute Einzelspieler, die Partien mit Individualaktionen entscheiden können wie Donis Avdijaj, Okay Aydin oder auch Mario Kröpfl, die alle richtig gute Fußballer sind. Wenn die fit bleiben und wir es als Mannschaft schaffen, dass wir sie gut in Szene setzen und sie dadurch ihre besten Leistungen abrufen können, wird das sicher eine erfolgreiche Saison."

Maximilian Augustin

imago images 1012719531

Klose über seine neue Aufgabe, Ziele und das "Wir-Gefühl"

alle Videos in der Übersicht