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Luka Jovic und die ominöse Versicherungsklausel

Wie Agenten und Drittklubs Kasse machen

Jovic und die ominöse Versicherungsklausel

Inzwischen im Trikot der AC Florenz: Luka Jovic.

Inzwischen im Trikot der AC Florenz: Luka Jovic. IMAGO/Gribaudi/ImagePhoto

Sommerzeit ist Transferzeit und damit auch die Zeit abstruser Vertragsklauseln. Besondere Kreativität zeigten einst die Verantwortlichen von Apollon Limassol. Im Januar 2015 sicherte sich der zyprische Klub 70 Prozent der Rechte an dem damals 17-jährigen Luka Jovic. Das aufstrebende Talent verblieb allerdings zunächst bei seinem Stammklub, Roter Stern Belgrad. Kassieren aber wollte Limassol bereits in Absenz des Stürmers. Das geht aus einem alten Verfahren der FIFA-Disziplinarkammer hervor.

So enthielt der Kaufvertrag Bestimmungen, wonach Apollon im Falle einer Invalidität Jovics aufgrund von Verletzungen 70 Prozent der Versicherungssumme hätte erhalten sollen. Zudem wollte sich Limassol das Recht auf Behandlungshoheit sichern für den Fall eines mindestens dreitägigen Trainings- oder Spielausfalls des Jungprofis. Apollons Ärzteteam hätte demnach finale Entscheidungsgewalt über medizinische Eingriffe gehabt, keine Operation hätte ohne das Go des Teamarztes aus Zypern vollzogen werden können - es sei denn, die für die Abstimmung nötige Zeit hätte nachteilige Auswirkungen auf die Gesundheit des Spielers gehabt. Fremdbestimmung par excellence.

Für Apollon lief Jovic nie auf

Zwar ist in dem FIFA-Verfahren Jovic nicht namentlich benannt, doch die Umstände - die genannten Vereine und die Höhe der Beteiligung - lassen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf schließen, dass es sich um den serbischen Angreifer handelt, der nach Stationen bei Benfica Lissabon, Eintracht Frankfurt und Real Madrid heute in Diensten der AC Florenz steht. Denn ebenjene Parameter sind aus den vom "Spiegel" veröffentlichten Football-Leaks-Daten bekannt.

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Besonders pikant vor diesem Hintergrund: Für Apollon, das sich später die noch fehlenden 30 Prozent sicherte, lief Jovic nie auf. Im Januar 2016 wurde er aus Belgrad zu Benfica transferiert. Weil er aber formal Apollon gehörte, floss auch die Transfersumme von 6,65 Millionen Euro an die Zyprer, die lediglich zwei Millionen Euro für die Rechte am heute 25-Jährigen bezahlt hatten. 4,65 Millionen Euro Brutto-Transfergewinn also für einen Spieler, zu dessen Aus- und Weiterbildung der Verein rein gar nichts beigetragen hatte.

Welche Rolle spielte Zahavi?

Nicht minder heikel: Laut dem Online-Portal "The Black Sea" hielt eine Firma namens Sliva Trading Limited damals 16 Prozent an Apollo. Demnach soll Sliva dem Star-Berater Pini Zahavi gehört haben, der unter anderem die Superstars Christopher Nkunku und Robert Lewandowski vertritt, auch Bayer Leverkusens Jonathan Tah wird laut "Transfermarkt" von Zahavis Agentur beraten. Zahavi antwortete auf eine Anfrage des kicker zu den Besitzverhältnissen der Sliva bis dato nicht, unter anderem auf die Frage, ob die Sache mit der Versicherungssumme seine Idee gewesen sei. Das damalige Geschäftsmodell Apollons jedenfalls liest sich weitgehend risikofrei angesichts des offensichtlichen Talents Jovics - und für den Fall einer Invalidität mit einer Absicherung durch die Versicherung.

Da allerdings machte der Weltverband einen Strich durch die Rechnung. Die FIFA-Disziplinarrichter sahen in den Klauseln eine massive Einflussnahme in die Entscheidungen bei Roter Stern. "Es ist unbestreitbar, dass ein unabhängiger Verein keine sensiblen medizinischen Informationen über einen Spieler mit einem anderen Verein teilen würde", heißt es bei der FIFA, die Kammer empfahl eine Sanktion.

Jovic wechselte später von Benfica zu Eintracht Frankfurt. Dort gelang ihm der Durchbruch, sodass Real Madrid für den Stürmer 2019 insgesamt 62,8 Millionen Euro bezahlte. Seither stagniert die Karriere jedoch, eine spätere Rückleihe zur Eintracht brachte mäßigen Erfolg. Seit 2022 geht er für die Fiorentina auf Torejagd und kam immerhin auf 13 Treffer in 50 Pflichtspielen. Die ominösen Klauseln in Jovics Limassol-Kontrakt jedenfalls zeigen, wie Agenten und Drittklubs Kasse machen wollen im Geschäft mit den Talenten.

Benni Hofmann