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Robert Ibertsberger im Interview: "Gibt einige Dinge, die ich anders machen werde"

Der Trainer der SV Ried im Gespräch

Ibertsberger im Interview: "Gibt einige Dinge, die ich anders machen werde"

Robert Ibertsberger will Ried in die Meistergruppe führen.

Robert Ibertsberger will Ried in die Meistergruppe führen. GEPA Pictures

Herr Ibertsberger, Sie sind dieser Tage mit der SV Ried in die Vorbereitung gestartet. Wie sehr kribbelt es?

Schon sehr. Die Wartezeit war doch lange. Ich habe das Geschehen in den vergangenen Wochen beobachtet und bereits viele Gespräche geführt. Ich bin schon voll im Prozess drin und freue mich sehr, wieder als Trainer auf dem Platz zu stehen.

Sie wurden bei St. Pölten nach nur 13 Monaten beurlaubt. Was gibt Ihnen den Glauben, es jetzt besser machen zu können?

Ich konnte aus dieser Zeit viel mitnehmen und werde versuchen, es in einigen Bereichen besser zu machen als noch in St. Pölten. Zudem kenne ich aus meiner ersten Zeit bei Ried (2010 bis 2017, Anm.) einige Leute. Das ist ein anderes Gefühl. Ich bin hier nicht komplett neu. Was ich in den ersten Wochen beobachten durfte, stimmt mich positiv. Die Mannschaft ist eine sehr gute Einheit und hat viel Charakter.

In welchen Bereichen wollen Sie sich persönlich verbessern?

Das will ich nicht verraten. Ich habe gewisse Lehren gezogen und will da bei schwierigen Situationen dementsprechend in Ried ansetzen. Ich hoffe aber, dass es gut weiterläuft und wir in den nächsten vier Runden das Unmögliche - also das Erreichen der Meistergruppe - möglich machen.

Im November waren Sie auch beim GAK Thema. Wie weit waren die Gespräche fortgeschritten?

Schon sehr weit. Ich habe dann aber gemerkt, dass von Seiten des Vereins nicht die hundertprozentige Überzeugung da war. Daraufhin habe ich einen Schlussstrich gezogen, damit ich den GAK nicht zu lange belaste. So konnten sie sich umorientieren. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass dort sehr strukturiert gearbeitet wird. Es wird dort kein Risiko mehr eingegangen. Für mich hat es letztlich aber zu lange gedauert. Ich trauere dem nicht nach. Für mich war das Zögern eher ein Zeichen, dass es nicht perfekt gepasst hätte.

Ich habe bei all meinen vorherigen Stationen menschlich einen guten Eindruck hinterlassen.

Robert Ibertsberger.

Woran scheiterten die Verhandlungen konkret?

Aus meiner Sicht eher an der Funktionärsebene. Ich habe gemerkt, dass der Vorstand nicht zu 100 Prozent überzeugt war. Aus sportlicher Sicht hätte das gepasst. Ich mache da aber keine große Sache draus. So ist der Fußball. Im Nachhinein könnte man sagen, dass es eine gute Entscheidung war. Sonst wäre ich jetzt nicht bei Ried. Damals war Ried aber noch kein Thema. Das wurde erst im Dezember konkret.

Wie erwähnt waren Sie im Innviertel bereits von 2010 bis 2017 in verschiedenen Positionen tätig. Fluch oder Segen für Ihre jetzige Aufgabe?

Ich habe bei den ersten Gesprächen ganz klar angesprochen, dass sich die Verantwortlichen darüber im Klaren sein müssen, was sie wollen. Wollen sie einen Trainer, der ganz neu ist oder einen, der das Umfeld und gewisse Abläufe schon kennt? Sie haben sich dann für mich entschieden, weil sie jemanden haben wollten, der sich schnell integrieren kann. Sie haben früh gemerkt, dass wir in den vertiefenden Gesprächen schnell zusammengefunden haben und das gut funktionieren könnte. Wir denken sehr ähnlich und haben gute Ideen für den Verein. Jetzt geht es darum, das auch umzusetzen. Denn von meiner Seite aus soll das ein längerfristiges Projekt werden.

Klub-Präsident Roland Daxl bezeichnete Sie bei Ihrer Vorstellung als "die von uns präferierte regionale österreichische Lösung". Warum ist die Herkunft Ihrer Meinung nach ein ausschlaggebender Faktor bei einer Cheftrainer-Bestellung?

Schwer zu sagen. Insbesondere nach Ried muss aber schon ein Trainer kommen, der charakterlich perfekt dorthin passt. Das ist neben der fachlichen Kompetenz der ausschlaggebende Faktor. Umso mehr freut es mich, dass sich die Verantwortlichen für mich entschieden haben. Ich habe auch bei all meinen vorherigen Stationen menschlich einen guten Eindruck hinterlassen und will das auch nie ändern. Ich möchte alle mit ins Boot holen - egal, ob das das Trainerteam oder die Spieler betrifft. Das Wichtigste ist, zu allen im Verein einen guten Draht zu haben und offen miteinander umzugehen.

Das trifft natürlich auch auf Christian Heinle zu, der ab sofort wieder als Co-Trainer arbeitet. Sehen Sie ein Problem, dass es bei einem schlechten Start angesichts der starken Leistungen unter ihm schnell unruhig werden könnte?

Nein. Ich habe mit jedem Trainer schon ein persönliches Gespräch geführt und bin mir sehr sicher, dass das gut funktionieren kann. Ihm wurde immer klar mitgeteilt, dass er nur interimistisch als Cheftrainer agieren wird. Er ist sogar froh, wieder mehr Unterstützung zu bekommen. Nach dem Ausfall von Andreas Heraf hat ein Mann im Team gefehlt - das war hinsichtlich des Arbeitsaufwands schon heftig. Wie man an den Leistungen und Ergebnissen sieht, hat er das aber richtig gut gemacht. Er ist ein richtig guter Trainer und wird bei uns weiterhin eine sehr wichtige Rolle einnehmen. Das trifft auch auf alle anderen Betreuer zu. Wir müssen als Team unsere Aufgaben zu 100 Prozent umsetzen, damit wir weiterhin erfolgreich sind.

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Unter Heinle wurde im Gegensatz zu Heraf viel von hinten heraus gespielt. Wie wollen Sie die Spielweise anlegen?

Das Spiel mit Ball wird in eine ähnliche Richtung wie zuletzt gehen. Das eine oder andere Mal wurde sogar zu viel von hinten herausgespielt, das werde ich schon ein Stück weit ändern. Wir wollen schneller nach vorne spielen und gegen den Ball etwas höher attackieren. Ich spreche aber von keinem Angriffspressing, sondern einer gewissen Zone, in der wir sehr aggressiv anlaufen wollen. Somit vermeiden wir einen zu großen Abstand zum gegnerischen Tor. Ich will nach Balleroberungen kürzere Wege zum Tor und schnellere Pässe in die Tiefe sehen. Das ist mein Ansatz, den wir in der Vorbereitung verinnerlichen wollen. Es ist schon viel Gutes da, aber es gibt schon auch einige Dinge, die ich anders machen werde.

Welche Dinge werden das noch sein?

In erster Linie wollen wir Linien schneller überspielen. Für mich ist auch wichtig, dass die Spieler nach Ballgewinnen grundsätzlich offensiver denken. Bis dato war es so, dass der Ball zunächst gesichert und erst dann nach vorne gespielt wurde. Das sind keine Kleinigkeiten! Das heißt aber nicht, dass wir kopflos agieren werden. Vielmehr wollen wir die vermeintliche Unordnung des Gegners schneller nützen und uns nicht mit allzu langen Ballbesitzphasen auseinandersetzen. Da hat es schon einige gute Ansätze gegeben, aber auch Sachen, die ich in meinem Spiel nicht so gerne sehe. Wir wollen das Stück für Stück verändern, um bei den Spielern keine Unruhe reinzubringen. Das sieht das Trainerteam ähnlich. So können wir den nächsten Schritt gehen, damit wir den Grunddurchgang zufriedenstellend abschließen können. Sollten wir es in die Meistergruppe schaffen, könnten wir uns noch intensiver mit der neuen Spielweise für die Saison danach auseinandersetzen.

Sie haben bei der Antrittspressekonferenz gesagt, dass das Erreichen der Meistergruppe "kein Muss" sei. Kann diese Unbekümmertheit der Schlüssel zum Erfolg werden?

Ich denke schon, dass das gegenüber Rapid oder dem LASK ein Vorteil sein könnte. Der Wille ist trotzdem sehr groß, die Meistergruppe zu erreichen. Derzeit ist aber alles sehr eng, nach einem Spieltag kann es schon wieder ganz anders aussehen. Es ist auch möglich, dass es noch knapper wird. Es wäre kein Beinbruch, wenn wir die Meistergruppe nicht erreichen sollten. So kurz vor Ende des Grunddurchgangs noch dabei zu sein, ist für uns bereits ein Erfolg. Die Mannschaft will jetzt aber mehr. Unsere Auslosung (WAC, WSG Tirol, Klagenfurt, Sturm, Anm.) ist sicher nicht die leichteste, aber wir wissen, dass in der Liga jeder jeden schlagen kann. Ich traue uns auch auswärts gegen den WAC etwas zu. Wir müssen ohnehin schauen, dass wir in der Fremde besser werden. Denn die Bilanz, von 24 Punkten nur fünf auswärts geholt zu haben, ist nicht gut. Da müssen wir einiges ändern.

Wie lässt sich der derart große Unterschied bezüglich der Punkteausbeute erklären?

Grundsätzlich ist es so, dass Ried schon immer sehr heimstark war. Man kann vor diesem Publikum vielleicht noch einmal den einen oder anderen zusätzlichen Prozentpunkt herausholen. Während wir zuhause viele Punkte in der Schlussphase geholt haben, war das auswärts ganz anders. Wir müssen generell schauen, dass wir weniger Chancen zulassen. Es war für mich augenscheinlich, dass die Gegner zu viele Möglichkeiten hatten. Ein Blick auf die Statistik zeigt, dass unser Tormann (Samuel Sahin-Radlinger, Anm.) die meisten Schüsse auf sein Tor bekam. Daher müssen wir viel stabiler stehen und andererseits die Bälle früher erobern, damit wir durch unser Umschaltspiel selbst zu mehr Torchancen kommen. Es wird sich schon im ersten Spiel gegen den WAC zeigen, ob wir diesen Plan gegen ein sehr offensivstarkes Team umsetzen können.

Es ist unfair, wenn dir die Hälfte aller Punkte nach 22 Spieltagen wieder weggenommen wird.

Robert Ibertsberger.

Wie bereits angesprochen geht es nicht zuletzt aufgrund der bevorstehenden Tabellen- und Punkteteilung derzeit sehr spannend zu. Wie beurteilen Sie das österreichische Liga-Format?

Ich habe am Anfang noch nicht genau gewusst, wie ich dazu stehen soll. Für die Zuschauer ist es zwar spannend, aber es ist schon unfair, wenn dir die Hälfte aller Punkte nach 22 Spieltagen wieder weggenommen wird. Ich sehe das sehr kritisch. Man sieht, dass viele Trainer bei Vereinen aus dem unteren Play-off gehen müssen, weil der Druck einfach so groß ist. Das sind unglaubliche Nervenschlachten und keine schönen Spiele mehr. Man sollte die Punkteteilung überdenken. Vielleicht könnte man nur die Tabelle teilen. Denn ich habe schon in meiner Zeit bei St. Pölten gelernt, dass alle Mannschaften, die im unteren Play-off landen, am Anfang einmal im Abstiegskampf sind. Egal, ob du zehn Punkte vorne warst oder nicht. In der Meistergruppe ist es das Gleiche. Salzburg ist Jahr für Jahr weit vorne und verliert dann die Hälfte der Punkte. Nur dadurch haben andere Teams wieder die Chance, den Anschluss zu schaffen. Auch das Trainerleben ist durch diese Umstrukturierung kürzer geworden. Das ist insgesamt keine positive Entwicklung.

Welche Auswirkungen hat diese Umstellung insbesondere auf junge Spieler?

Ich habe in St. Pölten gemerkt, dass meine junge Mannschaft nicht hundertprozentig damit umgehen konnte. Da sind dir als Trainer die Hände gebunden. Am Spieltag selbst ist immer der Gedanke da, nicht verlieren zu dürfen. Jungen Spielern fehlt in so einer Situation natürlich die Erfahrung. Daher wird es schwer, das untere Play-off nur mit Talenten zu meistern. Das hat man im vergangenen Jahr auch bei Altach gemerkt. Dort haben ältere Spieler, die natürlich auch über ausreichend Qualität verfügen, das Ruder herumgerissen. Nur Salzburg kann einzig und allein auf Talente setzen. Selbst dort hat man gesehen, dass diese Spieler in einer etwas schwierigeren Phase mehr nachdenken. In Ried wird es daher wichtig sein, eine gute Mischung zu finden, um den aktuellen Tabellenplatz halten zu können.

Einer Ihrer Konkurrenten im Kampf um die Meistergruppe wird Austria Wien sein. Wie bewerten Sie die aktuelle Lage bei Ihrem Ex-Verein?

Grundsätzlich muss man sagen, dass ich leider Gottes nur ein Jahr dort war. Aber natürlich verfolge ich die Situation dort noch. Man sieht, dass die Austria eine sehr gute Nachwuchsarbeit macht. Es wird spannend zu beobachten sein, wie die jungen Spieler unter Druck agieren werden. Einige von ihnen haben schon unter mir trainiert. Daher verfolge ich interessiert, was aus ihnen wird und wie sie sich entwickeln. Teilweise sind sie wirklich explodiert. Man sieht aber, dass es in den Schnittspielen für die Austria immer eng wird. Da fehlt es einfach an Erfahrung und Ruhe. Grundsätzlich erkennt man, dass es selbst bei einer finanziell schwierigen Lage funktionieren könnte. Die Austria selbst sieht sich aber weiter vorne. Das ist immer noch Austria Wien! Sie sind dazu verpflichtet, ins obere Play-off zu kommen. Das kann schon noch passieren, aber ausschließlich mit jungen Spielern wirst du vermutlich immer im Mittelfeld landen. Insbesondere hinsichtlich der Planungssicherheit sollte die Austria den Sprung in die Meistergruppe eigentlich schaffen. Da würden sie sich angesichts der großen budgetären Probleme auch über die Saison hinaus leichter tun. Ich weiß aber nicht, was sie künftig in puncto Lizenzierung machen werden. Aus meiner Sicht ist klar, dass es die Austria in der Liga braucht. Auf der anderen Seite müssen auch sie sich an Spielregeln halten. Man muss hinterfragen, warum die Schulden überhaupt so groß werden konnten. Andere Vereine können sich das nicht leisten. Das muss man auch ansprechen.

Bekomme ich abschließend noch einen Tipp von Ihnen, wer es in die Meistergruppe schafft?

(lacht) Nein. Das ist kaum zu sagen. Nach einer Runde kann sich alles wieder ändern. Ich denke, dass es bis zum letzten Spieltag spannend bleibt. Wir wollen dabei sein und die übrigen Teams sollen sich streiten.

Interview: Nikolaus Fink

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