Nationalelf

"Human Rights" - Kimmich und Löw kontern Kritik an der T-Shirt-Aktion

Debatte über WM-Boykott kommt "zehn Jahre zu spät"

"Human Rights" - Kimmich und Löw kontern Kritik an der T-Shirt-Aktion

Joachim Löw wehrte sich gegen die Kritik an der T-Shirt-Aktion der deutschen Nationalmannschaft.

Joachim Löw wehrte sich gegen die Kritik an der T-Shirt-Aktion der deutschen Nationalmannschaft. picture alliance

Joachim Löw hatte ein besonderes Anliegen. Noch bevor die ersten Fragen auf der Pressekonferenz am frühen Abend in Bukarest gestellt wurden, stellte sich der Bundestrainer mit Vehemenz hinter seine Spieler - und ihre T-Shirt-Aktion. Vor dem Qualifikationsspiel gegen Island hatten sich seine Nationalspieler in selbst beschriebenen Shirts aufgereiht und diese Botschaft entsendet: "Human Rights".

Dass der DFB im Nachgang ein Making-off-Video veröffentlichte, konterkarierte diese Aktion in den Augen vieler Kritiker, was nun Löw auf den Plan ruft: "Die Aktion kam aus der Mannschaft heraus und ich fand das beeindruckend. Ich habe mehrere Kommentare gelesen, und kann nur sagen: Wenn die Leute meinen, meine Spieler lassen sich zu Maketingzwecken vor irgendeinen Karren spannen, dann irren sie gewaltig."

Löw: "Nicht alles, was beim DFB und in der Nationalelf passiert, ist negativ"

Löw betont, dass "meine Spieler wissen, was in der Welt passiert." Und sieht die Aktion zu sehr vermengt mit den aktuellen Imageproblemen, die der deutsche Verband - gewiss nicht zu Unrecht - hat. Aber: "Nicht alles, was beim DFB und in der Nationalelf passiert, ist negativ." Dass die Norweger Vorreiter mit ihrer Botschaft für Menschenrechte waren und das Thema eines WM-Boykotts für Katar dort wesentlich offener diskutiert wird als in Deutschland, hat der 61-Jährige registriert, sagt aber: "Es geht darum, auf Dinge aufmerksam zu machen. Ein Boykott hilft am Ende niemandem. Aber man kann Aufmerksamkeit erzeugen und so helfen, die Dinge in die richtige Richtung zu lenken."

Hochglanzvideo? - Kimmich: "Spricht aus meiner Sicht nur für unsere Kameraleute"

Joshua Kimmich schätzt die Lage als unmittelbar Beteiligter der Aktion exakt gleich ein. "Für einen Boykott ist es ungefähr zehn Jahre zu spät. Die Gedanken hätte man sich machen müssen als die WM an Katar vergeben wurde. Jetzt steht die WM direkt vor der Tür, jetzt geht es darum, dass wir die Chance und unsere Strahlkraft nutzen, auf die Dinge hinzuweisen. Wir als Fußballer sind da in der Verantwortung." Und die T-Shirt-Aktion sieht er als Anfang. "Wir sind in der Pflicht, aber nicht nur Fußballer, sondern auch andere Teile der Bevölkerung, zum Beispiel die Medien." Dass der entstandene Kurzfilm die Botschaft in den sozialen Netzwerken überlagert, tut der Mittelfeldmann mit einem Augenzwinkern ab: "Es war eine spontane Aktion, und der Vorwurf, es wurde ein Hochglanz-Video daraus erstellt, spricht aus meiner Sicht nur für unsere Kameraleute …"

Sebastian Wolff