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Hendrik Bonmann: Wolfsbergs Ohne-Gegentor-Mann

Steht gegen Molde die vierte Null?

Hendrik Bonmann: Wolfsbergs Ohne-Gegentor-Mann

Hendrik Bonmann gibt seinen WAC-Kollegen Rückhalt.

Hendrik Bonmann gibt seinen WAC-Kollegen Rückhalt. GEPA pictures

Herr Bonmann, wenn man über Sie recherchiert, findet man schnell heraus, dass Sie ein großer Dortmund-Fan sind. Trotzdem standen Sie im Nachwuchs für Schalke im Tor, wie ging sich das aus?

Das ist eine berechtigte Frage (lacht). ich bin wirklich 200-prozentiger BVB-Fan, bin mit vier Jahren mit meinem Großvater zum ersten Mal zu den Spielen gegangen und hatte schon bald meine eigene Dauerkarte. Aber zum Glück hatte ich bereits mit zehn Jahren die professionelle Einstellung, das beste Angebot für meine Torhüter-Ausbildung anzunehmen. Und das kam von Schalke. Ich war dann fünf Jahre Schalker, an den Spieltagen bin ich aber trotzdem zum BVB gegangen. Da ist es schon vorgekommen, dass ich mit dem Dortmund-Trikot in die Kabine gekommen bin und einfach einen Pulli drübergezogen habe. Da gab's dann auch das eine oder andere Mal Ärger mit dem Trainer.

Zum Ende auf Schalke soll aber nicht Ihre BVB-Leidenschaft, sondern die fehlende Größe geführt haben. Wie sind Sie doch noch 1,94 Meter groß geworden?

Einer der Gründe, warum ich mit 15 nicht übernommen wurde, war tatsächlich die fehlende Größe. Ich war 1,70 Meter, als ich zu meinem Heimatverein Rot-Weiß Essen ging, bin dort aber in zwei Jahren um 20 Zentimeter gewachsen. Ohne Hilfe. Auf die Streckbank hab' ich mich nie gelegt. Trotzdem habe ich noch die perfekte Größe für einen Torhüter bekommen.

Nach Essen sind Sie tatsächlich in Dortmund gelandet. Was hat Ihnen das bedeutet?

Wie gesagt, ich war von kleinauf BVB durch und durch, habe keine Saison verpasst, hatte sämtliche Trikots. Auf einmal vier Jahre lang auf dem Mannschaftsposter zu sein, wie es früher immer in meinem Kinderzimmer hing, war das Größte. Mit Roman Weidenfellner, dem ich als Fan zugejubelt habe, zu trainieren, war ein großer Traum. Leider hat sich der ganz große Traum, einmal in einem Pflichtspiel vor der Gelben Wand zu spielen, nicht erfüllt. Aber ich habe schon das eine oder andere Spiel vor 50.000 Zuschauern gemacht.

Sie haben bei Dortmund II gespielt, waren in der Regionalliga zwei Mal Torhüter der Saison, trotzdem hat's nicht zur dauerhaften Nummer zwei gereicht. Sind Sie rückblickend - vielleicht auch, weil Sie Fan waren - zu lange geblieben?

Würde ich nicht sagen. Gerade das letzte Jahr in Dortmund war sehr lehrreich und gut. Ich bin so zehn, zwölf Pflichtspiele als zweiter Torhüter auf der Bank gesessen, dazu noch vier Spiele in der Champions League, darunter auch im Bernabéu. Klar wollte ich nach vier Jahren als Nummer drei die Nummer zwei werden. Als dann Roman Weidenfellner verlängert hat, war auch klar, dass das schwierig werden würde. Für die U 23 war ich zu alt, von hinten ist ein guter Tormann nachgerückt, den Vertrag, der noch ein Jahr gelaufen wäre, aussitzen wollte ich nicht, also habe ich mich umgesehen und bin zu 1860 München gewechselt, einem anderen Traditionsverein.

Einem Klub, dem das Chaos nicht ganz fremd ist. Hat er die Erwartungen in dieser Hinsicht erfüllt?

Bei diesem Wechsel habe ich sicher auf mein Fußball-Romantiker-Herz gehört. Ganz klar, das waren turbulente Zeiten nach dem Doppel-Abstieg, aber es hat trotzdem riesigen Spaß gemacht. Ich bin zur Nummer eins geworden, wir haben den Wiederaufstieg geschafft. Es war spannend, aber im Verein herrschte nie Ruhe. Deshalb genieße ich auch die solide Arbeit in Wolfsberg sehr. Da hat alles Hand und Fuß, der Präsident führt, glaube ich, seit 25 Jahren den Verein. Das tut schon gut, zu wissen, dass man bei einem soliden Verein gelandet ist.

Er hat von sich aus alle zwei Wochen das Gespräch gesucht, hat mir seine Eindrücke von mir geschildert, hat mich stark geredet.

Hendrik Bonmann über Jürgen Klopp

Bevor wir zum WAC und Robin Dutt kommen, noch zu Ihren Dortmund-Trainern. Die lesen sich ja wie das Who is Who des deutschen Fußballs.

Es war wirklich ein großes Glück, mit vier so großartigen Trainern arbeiten zu können. Bei den Profis hatte ich zwei Jahre Klopp und zwei Jahre Tuchel, in der U 23 mit David Wagner und Daniel Farke zwei weitere Bundesliga- und Premier-League-Trainer. Es war wirklich berauschend, was ich da erlebt und auch gelernt habe. Farke ist menschlich und als Trainer herausragend. Deshalb bin ich mir auch sicher, dass Gladbach mit ihm viel Erfolg haben wird.

Und von Jürgen Klopp können Sie uns auch etwas erzählen?

Über Jürgen Klopp gäbe es natürlich viele Geschichten. Er ist einfach in der Kabine genauso wie man ihn vom Fernsehen kennt. Er hat immer einen lockeren Spruch auf den Lippen, ist mega-sympathisch, kann aber auch knallhart sein. Es war unglaublich, wie er sich auch mit mir, dem dritten Torhüter, befasst hat. Er hat von sich aus alle zwei Wochen das Gespräch gesucht, hat mir seine Eindrücke von mir geschildert, hat mich stark geredet. Er hat mir gesagt, welche Führungsqualitäten er in mir sieht und dass ich mit meiner Art kein Torhüter für die Bank bin, sondern spielen muss. Es war wirklich eine Ehre, wie er sich gekümmert hat und ich bin ihm dafür auch sehr dankbar.

Mit Robin Dutt hatten sich Ihre Wege auch schon gekreuzt?

In Deutschland gar nicht. Aber mein Tormanntrainer in Würzburg, Marco Langner, war praktisch bei allen Stationen von Robin Dutt auch sein Tormanntrainer. Da gab es, glaube ich, einmal eine Empfehlung an ihn, aber auch mein Berater hat mich beim WAC angeboten und ich habe den Trainer dann im Training überzeugt.

Die kicker-Elf des 5. Spieltags

Wie haben Sie sich in Wolfsberg eingelebt, zumindest im Europacup sind Sie noch ohne Gegentor?

Es ist ein schöner Ort, an dem andere Urlaub machen. Ich bin noch nie so schnell so gut in einem neuen Klub aufgenommen worden. Trotzdem ist es eine Umstellung. Der Saisonstart war nicht gut, auch weil wir bisher viele Top-Gegner hatten. Wir sind nicht so schlecht, wie wir dastehen, das lässt sich alles noch ins Lot bringen. Am Donnerstag haben wir das wichtigste Spiel der Saison. Den Einzug in die Gruppenphase der Europa Conference League zu schaffen, wäre das bisher Größte in meiner Karriere. Deshalb will ich gar nicht zurückschauen auf die bisherigen Spiele. Der Donnerstag zählt. Da müssen wir zu hundert Prozent da sein und das Ding machen. Egal wie, da zählt einzig und allein das Weiterkommen.

Haben Sie noch Probleme mit dem Kärntnerischen?

Ja, da muss ich gar nicht drumrum reden. Ich verstehe in der Kabine nicht alles, zum Beispiel wenn die Jungs am Kartenspielen sind. Aber auch im Alltag ist es mir schon passiert, dass ich beim Bäcker etwas Falsches in der Tüte hatte, weil er nach meiner Bestellung irgendwas nachgefragt hat und ich einfach ja gesagt habe, weil ich es nicht verstanden habe.

Und die Bundesliga?

Die Liga hat mich positiv überrascht. Nicht, dass ich sie vorher als schlecht eingestuft hätte, aber es ist doch etwas anderes, wenn du selbst dabei bist und siehst, welch hohes Niveau die Spiele, aber auch die Trainings haben. Auch meine Freunde, die jetzt die Spiele verfolgen, haben mir schon gesagt, dass sie den österreichischen Fußball unterschätzt hätten und jetzt sehen, was da für ein guter Fußball gespielt wird. Ich bin auf jeden Fall glücklich und stolz, die Nummer eins zu sein.

Was trauen Sie Dortmund in dieser Saison zu?

Hätten Sie mich vor zwei Wochen gefragt, hätten sie von mir eine richtige Kampfansage gehört. Die Niederlage gegen Bremen, auch wenn man sie nicht überbewerten darf, war schon ein Rückschlag, hat die Fan-Euphorie gebremst. Deshalb würde ich jetzt sagen: Wir kämpfen um die Meisterschaft und landen fix in den Top drei.

Interview: Horst Hötsch