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Hellas' Helden wieder im Hoch

WM-Extra: Nach dem Gewinn des EM-Titels strebt Griechenland die WM-Endrunde an

Hellas' Helden wieder im Hoch

Griechischer Torjubel: Giannakopoulos und Katsouranis (v.l.) feiern Angelos Charisteas,  den Torschützen zum 1:0 gegen Albanien.

Griechischer Torjubel: Giannakopoulos und Katsouranis (v.l.) feiern Angelos Charisteas, den Torschützen zum 1:0 gegen Albanien. Kicker

Mit erhobenem Zeigefinger raste der glückselige Karagounis zur Bank im Karaiskaki-Stadion, steuerte schnurstracks auf den "Propheten" Topalidis zu, der mit seiner Weissagung Recht behalten hatte, sprang den Rehhagel-Assistenten an und drückte ihn inniglich. Griechenland im Freudentaumel - Bilder, wie man sie auch bei der EURO in Portugal erlebt hatte. Hellas' Helden wieder im Hoch!

"Eine Mannschaft zeigt sich auch in der Form, wie sie ihre Tore feiert", sagt man nicht nur in Griechenland. Wenn das der Maßstab ist, dann ist es gut bestellt um das Team von Erfolgstrainer Otto Reh- hagel (66). Die Form des Jubels ist Ausdruck der Freude, mit der die griechischen Profis ihr Ziel, die WM 2006, verfolgen. Eine verschworene Gemeinschaft, ein homogen funktionierendes Kollektiv, das zu einem erstaunlichen Teamwork gefunden hat.


Nikopolidis: "Der Gruppensieg ist noch möglich"


Vorbei sind die Zeiten der Reibereien, der Eifersüchteleien und der kleinkarierten Animositäten. Die Aufstellung wurde früher oftmals nicht von Leistungskriterien bestimmt, sondern von schnödem Proporzdenken. "Wie viele Spieler sind von Olympiakos dabei? Wie viele von Panathinaikos oder AEK?" Das waren die überlebenswichtigen Kernfragen für die zahllosen Nationaltrainer, die es am Ende ohnehin niemandem recht machen konnten. Der Norden der Nation muckte, wenn keiner von PAOK oder Aris Saloniki im Aufgebot war. Gute Ergebnisse blieben zumeist eh aus. Schlechte Spiele vor leeren Rängen - Griechenland als Tal des Jammers.

Diese Zeiten sind längst abgehakt. Die Wandlung zum Positiven vollzog sich mit der Verpflichtung von Otto Rehhagel im August 2001. Kontinuierlich und konsequent strickte der erfahrene Coach am neuen Gewand der Blau-Weißen. Schickte Unruheherd Georgatos fort, überredete Nikolaidis zur Rückkehr, baute auf Legionäre und Spieler, die sich mit ihren Mannschaften in der Champions League bewährt hatten, vor allem von Panathinaikos Athen.

Seit seinem ersten Länderspiel (1:5 in Finnland!) hat Otto Rehhagel viel geändert und dem Team Griechenland ein erstaunliches "Lifting" verpasst. Namen wie Eleftheropoulos, Zikos, Konstantinidis, Dabizas, oder Machlas spielen keine Rolle mehr. Damals gehörten nur fünf Legionäre zum Hellas-Aufgebot, den Rest stellten die griechischen Großklubs - besagter Proporz eben.

Knapp drei Jahre später, bei der EURO in Portugal, sah alles schon ganz anders aus. Die Auslands-Profis (Seitaridis, Dellas, Giannakopoulos, Charisteas, Fissas, Vryzas oder Karagounis) stellten das Gros des Kaders, die Anzahl der heimischen Spieler aus den Großklubs wurde kleiner - mittlerweile stehen noch drei Stammspieler Rehhagels in Griechenland unter Vertrag: Torhüter Nikopolidis bei Olympiakos Piräus, die Mittelfeldspieler Katsuranis bei AEK und Bassinas bei Panathinaikos Athen.

Nach dem kurzen Zwischentief zu Beginn der WM-Qualifikation mit der Niederlage in Albanien und dem Remis gegen den Erzrivalen Türkei hat sich das Hellas-Kollektiv längst wieder gefangen. Hat die "Nachwehen" des sensationellen Erfolgs bei der EURO längst überwunden und verarbeitet. Vor allem auch mental. Längst strotzt das Team von Otto Rehhagel, der Hellas Helden immer mit ruhiger Hand führte und in dem auch dolmetschenden Jannis Topalidis einen kongenialen Partner zu haben scheint, wieder vor Selbstbewusstsein und Stärke.


Die WM-Qualifikation in Europa: Gruppe 2


Seit sechs Spielen sind die Griechen in der WM-Qualifikation ungeschlagen und scheinen gut gerüstet für die beiden heißen Begegnungen im Juni. Am Doppelspieltag vom 4. und 8. Juni muss das Rehhagel-Kollektiv zunächst in der Türkei und dann im heimischen Karaiskaki zu Piräus gegen die in der Tabelle führenden Ukrainer antreten. Stützen kann er sich dann auf die formstarken Legionäre wie Kapitän Zagorakis (FC Bologna), Seitaridis (FC Porto), Giannakopoulos (Bolton Wanderers) und Charisteas (Ajax Amsterdam). Selbst Verletzungsprobleme wie zuletzt bei Dellas (AS Rom) oder Kapsis (Girondins Bordeaux) steckt das Team weg.

Mit der ihm eigenen Beharrlichkeit hält Otto Rehhagel an seinem Hellas-Stamm fest, vertraut seinen Auserwählten. Vorsichtig zieht Rehhagel junge Talente wie Torjäger Gekas, Verteidiger Vyntra oder den Lauterer Amanatidis nach. Die Zielrichtung verliert er nicht aus den Augen: Nachdem er die Griechen aus dem Jammertal auf den europäischen Olymp führte, will er 2006 in seinem Heimatland auch die Weltbühne des Fußballs erobern.

Nikos Ikonomu/ Georgios Vavritsas