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Berater-Reform im Handball: Eine Idee für den Fußball?

Millionen-Entschädigung für de Vrij als Wegweiser

Handball-Reform: Eine Idee für den Fußball?

Inter-Star Stefan de Vrij klagt gegen seine Ex-Berateragentur SEG.

Inter-Star Stefan de Vrij klagt gegen seine Ex-Berateragentur SEG. IMAGO/Marco Canoniero

Im Fußball nämlich ist es gang und gäbe, dass im Endeffekt die Klubs die Vermittler entlohnen bei einem Transfer. Die Krux daran: Allzu häufig können Rollen verschwimmen, etwa wenn ein Spielerberater für den aufnehmenden Verein und den wechselwilligen Kicker tätig ist. Indirekt bezahlt der Profi aber die Provision mit. Schließlich hat der Klub ja nur ein bestimmtes Budget - was also an die Agentur fließt, fehlt dem Spieler an Gehalt. Auch wenn er formal gar nicht bezahlt. So hatte es Ex-Nationaltorhüter Rene Adler, der selbst auf dem Transfermarkt mit einer App tätig ist, vor rund einem Jahr gegenüber dem kicker erläutert: "Was der Verein mehr zahlt, geht indirekt zulasten des Spielers. Es wäre schon hilfreich, wenn der Spieler sieht: Es gehen X Euro an meinen Berater. Das schärft das Bewusstsein für die Dienstleistung." Letzteres dürfte auch die Intention der Verbände gewesen sein für eine Maßnahme, nach der Spieler seit geraumer Zeit abzeichnen müssen, dass ihnen bewusst ist, welche Provision ein Vermittler erhält. "Ich weiß nicht, wie viele Spieler das blind unterschreiben oder sich das genau ansehen", sagte Adler dazu.

Das verändert sich im Handball - Zieht der Fußball mit?

Der Handball zieht nun diesbezüglich die Zügel an. Der IHF-Rat verabschiedete eine Reform, wonach Vermittler künftig nur noch eine Partei  in einem Transfer vertreten dürfen und auch zwingend von dieser entlohnt werden müssen. "Wir sind zufrieden, dass der Rat der Internationalen Handballföderation unseren Eingaben gefolgt ist. Das bedeutet, dass ab dem 1. Juli 2022 ein Spieler, der einen Spielervermittler zur Vertretung seiner Interessen bevollmächtigt hat, seinen Agenten entlohnen muss", wird Gerd Butzeck auf der Webseite Eurohandball zitiert. Butzeck war lange Manager, arbeitete als Berater auch im Fußball, nun ist er Vorsitzender des Forum Clubhandball (FCH). Das ist so etwas wie das Äquivalent zur Vereinigung der europäischen Großklubs im Fußball, der ECA. „Die Vereine dürfen den Spielervermittler nicht mehr vergüten, wenn dieser die Interessen des Spielers vertritt", führt Butzeck weiter aus. Er und das FCH waren ausschlaggebend für die Reform, auch bei der ECA ist die Expertise des Deutschen gefragt.

Und die Vereinigung der europäischen Topvereine gibt politisch den Ton an. Man darf also gespannt sein, ob der Fußball ähnliche Pfade einschlägt. In aller Regel kritisieren Verantwortliche der Klubs zwar gerne die Berater, wenn irgendwo wieder eine Mondprovision bekannt wird oder die FIFA oder die nationalen Verbände die Höhe der Kommissionszahlungen publizieren. Um dann im Rennen um die Stars wieder munter die Agenten zu beauftragen und großzügig zu entlohnen. Satte 443,9 Millionen Euro wurden 2021 weltweit an Vermittlerhonoraren bezahlt für internationale Transfers, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 3 Mio. Euro - allerdings sanken die Transfergelder im gleichen Zeitraum um 13,9 Prozent. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Vermittler ihren Anteil am Kuchen vergrößert haben. Und diese gigantische, absolute Zahl von 443,9 Mio. Euro speist sich nur aus den internationalen Wechseln, für die nationalen Transfers innerhalb der jeweiligen Landesgrenzen dürfte geschätzt mindestens die gleiche Summe geflossen sein.

Um der Berater wieder Herr zu werden, hat auch die FIFA eine Reform in mehreren Schritten aufgelegt, nachdem sie den Vermittlermarkt vor fast einem Jahrzehnt quasi dereguliert hatte. Auch Obergrenzen für Kommissionen hat der Weltverband dabei festgesetzt. Diverse Agenten versuchen, juristisch dagegen vorzugehen, die Mächtigsten der Branche haben sich unter anderem aus diesem Grund im Schweizer Lobbyverein "The Football Forum" zusammengeschlossen: Mino Raiola, Jorge Mendes, Jonathan Barnett oder Roger Wittmann. Dass auch der deutsche Vermittlerverband DFVV sich dieser Gruppe anschließen will, sorgt unter den Agenten hierzulande für Ärger.

Der Fall Stefan de Vrij

Dabei untermauert ein frisches, allerdings noch nicht rechtskräftiges Urteil aus den Niederlanden die Notwendigkeit von Reformen, weil es das Dasein unumstößlicher Interessenkonflikte bei Mehrparteienvertretung manifestiert. Stefan de Vrij hatte gegen seine Ex-Agentur SEG geklagt und das Amsterdamer Bezirksgericht gab dem Star von Inter Mailand recht. Offenbar hatte SEG de Vrij nicht über die Höhe ihrer Vergütung für den 2018 vollzogenen Transfer von Lazio zu Inter informiert, die je nach Dauer des Verbleibs des Niederländers zwischen 7,5 und 9,5 Millionen Euro liegt. Zwar bestreitet die Agentur dies, doch das Gericht sieht die Mitteilungspflicht verletzt, wodurch de Vrij einen finanziellen Schaden von geschätzt 4,75 Mio. Euro erlitten habe. Diese Summe soll SEG nun dem 30-Jährigen bezahlen, nebst Zinsen. Kein Wunder, dass alle im Fußball den Vorstoß der Handballer in Sachen Transparenz mit großem Interesse beobachten - Agenten, Klubs und die Regelhüter in den Verbänden.

Benni Hofmann

Berater-Ausgaben: BVB unerreicht, Hoffenheim Vierter