Champions League

Gosens' Genugtuung: "Es hieß, der soll mal auf dem Teppich bleiben"

Der Nationalspieler im kicker-Interview

Gosens' Genugtuung: "Es hieß, der soll mal auf dem Teppich bleiben"

Festgebissen in Europas Elite: Robin Gosens und Atalanta Bergamo.

Festgebissen in Europas Elite: Robin Gosens und Atalanta Bergamo. imago images

Robin Gosens macht sich selbst "berechtigte Hoffnungen", zu den Linksverteidigern in Joachim Löws EM-Kader zu gehören. Doch Moment, ist er das überhaupt: ein Linksverteidiger? Heißt es nicht immer, er spiele bei Atalanta Bergamo vielmehr im Mittelfeld, fast als Flügelstürmer?

Derlei Gerede nervt niemanden mehr als Robin Gosens selbst. "Diese Leute", sagt der 26-Jährige im Gespräch mit dem kicker, "sehen die Spiele von uns, glaube ich, nicht wirklich." Sie sehen, dass er schon jetzt so oft getroffen hat wie in der gesamten Vorsaison, dass er wieder als Stammspieler im Champions-League-Achtelfinale steht und zur Serie-A-Spitzengruppe gehört.

Der "Lebenstraum Bundesliga" muss vielleicht noch warten

Ja, er habe viel an seinem Timing vor dem gegnerischen Tor gearbeitet, daran, "zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort" zu sein, den Verteidiger "zu antizipieren". Doch gleich dreimal weist Gosens im Interview unaufgefordert darauf hin, dass er eben auch "defensiv noch mal einen ordentlichen Sprung gemacht" hat, "im Zweikampf deutlich stärker und stabiler" agiert. "In der Defensivarbeit", betont er, "bin ich ein ganz normaler Außenverteidiger."

Leute, die Atalanta-Spiele sehen, wissen das längst, Scouts von Manchester City oder Juventus zum Beispiel. Solche Klubs sind es, mit denen Gosens inzwischen in Verbindung gebracht wird, nicht mehr Schalke oder Hertha. "Wenn dich die Elite Europas auf dem Schirm hat und gesagt wird, dass du da vielleicht sogar ganz oben auf dem Zettel stehst, ist das gigantisch", findet Gosens, "eine absolute Ehre." Vielleicht muss der "Lebenstraum" Bundesliga, den er sich "früher oder später definitiv verwirklichen" will, noch ein wenig länger warten.

Ohne weiteres ziehen lassen wird ihn Atalanta allerdings nicht. "Sie sind ultrazufrieden mit mir", weiß Gosens, vor allem aber weiß er, was "die Wenigsten wissen": Atalanta kann seinen 2022 auslaufenden Vertrag per Klausel um eine weitere Saison verlängern, und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn "La Dea", die Göttin, das versäumt. "Ich habe letztes Jahr an meinem Namen und meiner Bekanntheit geschraubt, und damit wächst natürlich auch das Standing im Team."

Gosens über Gespräch mit Kroos: "Ich will jetzt nicht sagen, die hatten Angst ..."

Gosens ist es ergangen wie Atalanta selbst: "Das ist nur eine Eintagsfliege, der soll mal auf dem Teppich bleiben", war ihm nach dem internationalen Durchbruch in der Vorsaison gesagt worden, stattdessen habe er seine Leistungen "bestätigt, eigentlich sogar übertroffen". Torquote, Passquote, Ballkontakte, Effizienz - alle Werte hat er gesteigert. "Für mich persönlich ist das eine riesengroße Genugtuung, das war auch für mein eigenes Ego sehr, sehr wichtig." Parallel wurde aus - Zitat Gosens - "Hä, Atalanta? Wer ist das denn?" ein "Boah, geil, die spielen super Fußball".

Selbst Toni Kroos habe ihm nach dem CL-Achtelfinalhinspiel (0:1) von seiner Erleichterung berichtet, dass Atalanta nach der frühen Roten Karte das übliche Pressing-Spektakel nicht mehr veranstalten konnte, verrät Gosens. "Wir mussten uns leider Gottes und schweren Herzens in unsere Hälfte verkriechen", und ihm ist immer noch anzusehen, wie sehr diese Maskerade schmerzte.

Am Dienstag (21 Uhr, LIVE! bei kicker) endlich soll auch Real "das wahre Atalanta-Gesicht" kennenlernen. "Ich will jetzt nicht sagen, die hatten Angst", lächelt Gosens über seine Unterhaltung mit Kroos, "aber schon ein bisschen Respekt vor der Art und Weise, wie wir im Normalfall auftreten." Die letzten fünf Champions-League-Auswärtsspiele hat Atalanta gewonnen.

Wie ihn Joachim Löws Rücktrittsankündigung "aus den Socken gerissen" hat, was bei Atalanta-Trainer Gian Piero Gasperini "Wahnsinn" ist und warum er schon mit 26 Jahren seine Biografie geschrieben hat: Das ganze Interview mit Robin Gosens lesen Sie in der kicker-Montagausgabe - oder hier als e-Magazine.

Jörn Petersen