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Panama-Trainer Hernan Dario Gomez: "Wir sind nun mal ein zupackender Haufen"

Panamas Trainer ist trotz Pleite stolz auf sein Team

Gomez: "Wir sind nun mal ein zupackender Haufen"

Hielten ordentlich dagegen: Panamas Gabriel Torres und Michael Murillo gegen Belgiens Yannick Carrasco (v.li.).

Hielten ordentlich dagegen: Panamas Gabriel Torres und Michael Murillo gegen Belgiens Yannick Carrasco (v.li.). picture alliance

Aus Sotschi berichtet Jörg Wolfrum

Sogar Staatspräsident Juan Carlos Varela war extra eingeflogen, um den Tag gebührend zu begehen. Kein Wunder also, dass sie die Nationalhymne im Olympiastadion von Sotschi voller Inbrunst schmetterten: nicht nur die Spieler, sondern tausende Fans auf den Rängen, die selbst die erste Ecke des WM-Debütanten Panama in der 35. Minute so feierten, als hätten sie einem, dem historischen Premieren-Tor für ihr Land beigewohnt.

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Panama - Vereinsdaten
Panama

Gründungsdatum

01.01.1937

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Keine Frage: Es war ein Fußball-Fest für Panama am Montag in Sotschi, und die Niederlage, das 0:3 gegen Belgien beim WM-Debüt der Mittelamerikaner, störte die Party nicht einmal nur ein wenig, sondern überhaupt nicht.

Wenn man darüber nachdenkt, was für eine Fußballtradition Belgien hat, gegen was für Stars wir hier gespielt haben und in welchen großen Ligen diese spielen, bringt man sich um den Schlaf vor lauter Anspannung.

Panama-Trainer Hernan Dario Gomez

"Das war ein großer Tag für den Fußball Panamas mit vielen starken Emotionen", gab Nationaltrainer Hernan Gomez zu, den sie seit Jahrzehnten nur Bolillo nennen, das Brötchen, weil er einst nach einem verunglückten Besuch beim Friseur mit rundem Glatzkopf ausgesehen haben soll, wie eine in Butter getränkte Semmel.

"Für mich ist dies hier in Russland ja bereits meine fünfte WM-Teilnahme, aber ich habe mich von den Gefühlen der Panamaer anstecken lassen", gestand der 62-jährige Kolumbianer voller Empathie. Seit 2014 dirigiert er die Nationalmannschaft des benachbarten Kanalstaates. "Freude, Gänsehaut, aber auch eine innere Unruhe", hätten den ersten Auftritt des Teams vor aller Welt gegen Belgien geprägt. Aber: "Es war fantastisch. Alles zusammen. Die Muchachos", womit er seine so aufopferungsvoll wie ungestüm und häufig auch überfordert agierenden Spieler meinte, "wie auch die Fans. Es war ein tolles Gefühl."

Das am Ende eine erwartete Niederlage stand, störte den Trainer kaum. "Ich kann meinen Spielern nichts vorwerfen. Mal ganz ehrlich: Wenn man darüber nachdenkt, was für eine Fußballtradition Belgien hat, gegen was für Stars wir hier gespielt haben und in welchen großen Ligen diese spielen, bringt man sich um den Schlaf vor lauter Anspannung."

Ein würdiges Ergebnis

Vor diesem Hintergrund hätten es seine Spieler sogar sehr gut gemacht. "0:3 gegen Belgien, das ist doch ein würdiges Ergebnis für uns und eher ein anormales." Was er meint: "Wir sind nicht überrollt worden. Viele hätten doch mit einem 0:6 oder 0:7 gerechnet." Was den Trainer freute: "Wir haben uns nie hängen lassen, haben bis zum Ende versucht, das Tor zu erzielen."

Hernan Dario Gomez

Stolz auf sein Team: Hernan Dario Gomez. picture alliance

Die größte Chance dazu hatte Rechtsverteidiger Michael Murillo, der beim Stand von 0:1 allein vor dem großartig reagierenden Thibaut Courtois scheiterte. Der Treffer sollte auch fortan nicht fallen, obwohl man es den so tapferen wie vielfach auch limitierten Recken fast gewünscht hätte angesichts der großartigen Unterstützung von den Rängen. Selbst nach dem 0:3 schmetterten die Fans "Olé, olé, Panama" - es ist genau dies die WM-Stimmung gewesen, die in den Tagen zuvor auf dem retortenartigen Olympia-Gelände so drastisch gefehlt hatte.

Ganz am Ende wäre das Ehrentor bei einem Freistoß und der zweiten Chance des Außenseiters dann nochmal fast gefallen - allein, es blieb beim Wunsch des nimmermüden Doppels aus Spielern und Fans.

Fehlende physische Voraussetzungen

Dabei, so Gomez, habe sein Team doch eigentlich gar nicht die physischen Voraussetzungen, 90 Minuten mit voller Kraft gegen in diesem Fall Belgien dagegen zu halten. Er müsse daher gucken, dass die Spieler bis zum zweiten Auftritt am Sonntag gegen England in Nischni Nowgorod wieder zu Kräften kommen. In der Tat hatten manche Akteure des Außenseiters in der Endphase der Partie Krämpfe - nachdem sie sich lange Zeit mit vollem Einsatz gewehrt hatten.

Martinez lobt Panama - für Durchgang eins

Nach einer etwas chaotischen Anfangsphase hatte Panama ab Mitte der ersten Halbzeit durchaus geschickt verteidigt. Meinte auch Belgien Nationaltrainer Roberto Martinez: "Panama hat sich in der ersten Halbzeit wirklich Lob verdient." Da hatte seine Mannschaft zwar bereits ein Chancenplus von 7:0 herausgespielt, aber es eben nicht geschafft, den unterklassigen Gegner zumindest anzuzählen. "Da haben sie gut dagegengehalten, uns das Tor einfach nicht erlaubt", so Martinez.

Nach der schnellen Führung nach der Pause durch Dries Mertens ging es dann jedoch dahin mit den Mittelamerikanern. "Es sah dann oft so aus, als würden wir bewusst foul spielen. Aber das war nicht so. Wir hatten einfach keine Kraft mehr." Oft seien seine Muchachos einfach schlicht zu spät in den Zweikampf gekommen, was dann zu Fouls und Gelben Karten geführt habe, fünf insgesamt. "Aber bewusst krude wollten wir wirklich nicht spielen." Man sei nun mal ein zupackender Haufen, "aber ohne böse Intentionen", betonte Gomez und guckte verschmitzt.

Der Stolz überwiegt

Und dann sprach er nochmal den scheinbaren Widerspruch des Tages an: "Ein 0:3 ist eigentlich kein gutes Ergebnis. Aber in diesem Fall ist es ein mehr als würdiges Resultat." Dass man "in manchen Momenten gleich stark" war wie der ungleich größere und erfahrenere Gegner, darauf dürfe das Land schon stolz sein. Und sich auf das nächste historische Spiel gegen England freuen.