Man hat sich offensichtlich verpokert beim FC Barcelona. Zwar haben sich die Katalanen in La Liga gefangen und Meister Real Madrid überholt, doch auf Meisterkurs liegt nach sieben Jahren wieder eine andere Mannschaft aus der Hauptstadt: Atletico, angeführt von Luis Suarez. Dem Mann, den Barça im Sommer ausgemustert hatte.
Warum Atletico seit Jahren so gute Stürmer hat
Geradezu verschenkt wurde der Uruguayer an einen direkten Konkurrenten, in dessen Trikot er nicht lange brauchte, um sich in eine regelrechte Dynastie herausragender Stürmer einzureihen. Suarez folgt etwa auf Antoine Griezmann, Diego Costa, Falcao, Sergio Aguero, Fernando Torres - oder seinen Landsmann Diego Forlan. Wenn einer weiß, wie Suarez und Atletico ticken und warum Stürmer bei den Rojiblancos so gut funktionieren, dann er.
"Natürlich reden wir hier auch von guten Spielern", erzählte der 41-Jährige dem kicker, "aber das Team hinter ihnen ist bei Atletico wirklich stark. Und es ist generell ein gutes Umfeld, in dem sich auch ihre Familien wohlfühlen. Und dadurch auch sie selbst."
Simeone erntet, was er im Übergangsjahr gesät hat
"Atleti" als Wohlfühloase, die nach einem Dürre-Jahr wieder in voller Pracht floriert. Die starke Saison 2020/21 kommt für Forlan aber nicht überraschend - und sei außerdem logisch zu erklären: "Die Änderungen sind vor allem in der vergangenen Saison geschehen. Simeone hat wichtige Spieler abgegeben und den Kader verändert. Letztes Jahr war es daher schwer, um den Titel mitzuspielen. Aber jetzt sind alle endlich angekommen und eingespielt."
Sodass der Mann in der Spitze wieder glänzen kann. "Natürlich macht Suarez dieses Team noch ein bisschen besser, er hat schließlich schon jetzt 18 Tore geschossen" - auf die Joao Felix (6) und Alvaro Morata (12) am Ende der Vorsaison gerade einmal gemeinsam gekommen waren.
Mit inzwischen 34 Jahren zählt sein Landsmann für Forlan noch immer zu den besten Stürmern der Welt, auch wenn er die Namen Edinson Cavani, Robert Lewandowski, Kylian Mbappé, Neymar und Erling Haaland mit in die Verlosung wirft. Cristiano Ronaldo und Lionel Messi sieht Forlan "noch einmal ein Stück über den anderen".
Er ist schwer zu verteidigen, weil er sich nicht immer nur an einem Ort aufhält.
Diego Forlan über Timo Werner
Und Chelseas Timo Werner, der der Atletico-Defensive im Achtelfinal-Hinspiel große Schwierigkeiten bereitet hatte? "Auf jeden Fall ist er der Mann, auf den Atletico aufpassen muss", warnt der einstige Rojiblanco Forlan (zwischen 2007 und 2011 in Madrid) vor dem Rückspiel am Mittwoch (21 Uhr, LIVE! bei kicker). "In der Offensive kann er überall spielen. Es macht Spaß, ihm zuzuschauen, aber er ist wirklich schwer zu verteidigen, weil er kein Spieler ist, der sich immer nur an einem Ort aufhält."
Mit zwei Toren im Finale schoss Forlan Atletico Madrid 2010 zum Europa-League-Titel. Getty Images
Den Madrilenen wird es allerdings nicht genügen, den dynamischen Werner in den Griff zu kriegen. Atletico muss Thomas Tuchels Chelsea, in zwölf Spielen seit dem Trainerwechsel ungeschlagen, die erste Niederlage zufügen. "Sie haben das Hinspiel mit 1:0 gewonnen, aber das wird ein neues Spiel. Chelsea muss vorsichtig sein, denn Atletico ist eine sehr erfahrene Mannschaft", zeigt sich Forlan zuversichtlich. "Noch steht Chelsea nicht im Viertelfinale."
Warum Forlan Atletico gegenüber Barça im Vorteil sieht
Und wenn es nicht klappt, kann sich Atletico immer noch darauf konzentrieren, die erste Meisterschaft seit sieben Jahren einzufahren. Barcelona ist zwar auf vier Punkte herangerückt, Forlan sieht die Rojiblancos aber im Vorteil: "Ihre Stärke ist das Team. Sie haben einen der besten Torhüter der Welt, eine gute Abwehr, ein gutes Mittelfeld und mit Suarez jetzt auch einen großartigen Torjäger. Wenn du sowohl in der Defensive gut bist als auch Tore schießt, werden die Ergebnisse immer positiv sein."
Das ist das Credo seines Namensvetters Simeone, bei dem es Forlan stört, "wenn die Leute sagen, dass er so defensiv denkt. Aber der Weg zum Erfolg war nun mal, dass Mannschaften gegen Atletico nicht mehr so viele Tore geschossen haben wie zuvor. Das ist sein Verdienst. Und wenn du zu null spielst, musst du selbst nur noch ein Tor schießen, um zu gewinnen."
An der Stamford Bridge wird ein 1:0 allerdings höchstens für Verlängerung und Elfmeterschießen reichen.