Nationalelf

Danny Röhl exklusiv - Wer ist Hansi Flicks Assistent?

Über die Spielidee, sein Mitspracherecht und die eigene Spielerkarriere

Flick-Assistent Röhl exklusiv: "Mit Nagelsmann hätte ich erst eine Beziehung aufbauen müssen"

Co-Trainer Danny Röhl (2. v. r.) neben Chefcoach Hansi Flick und Thomas Müller (li.) sowie Kai Havertz.

Co-Trainer Danny Röhl (2. v. r.) neben Chefcoach Hansi Flick und Thomas Müller (li.) sowie Kai Havertz. imago images/Team 2

Danny Röhl hat mit Hansi Flick (56) zum Ende der vergangenen Saison den FC Bayern verlassen und folgte dem neuen Bundestrainer zum DFB als dessen Assistent, als der er nun gleichberechtigt neben Marcus Sorg (55) für die Nationalmannschaft arbeitet. Wer ist dieser einstige Landesliga-Spieler, studierte Sportwissenschaftler, Scout und Spiele- wie Spieleranalyst und Familienvater der zwei Söhne Emil und Fiete? Wie sieht er seine Aufgabe? Wie denkt er Fußball? Welche Ziele verfolgt er? Der kicker sprach mit Flicks Co-Trainer.

Danny Röhl äußert sich …

… zur Aufgabe des Co-Trainers bei der Nationalmannschaft:

"Es ist eine sehr abwechslungsreiche Aufgabe mit vielen neuen Abläufen, wie etwa dem Austausch und ständigen Kontakt mit Spielern und Vereinen. Man lernt viele neue Menschen kennen, es macht Spaß. Dieser enge Austausch ist wichtig, weil wir ein gemeinsames Ziel haben: Alle, die Vereine genauso wie wir vom DFB, wollen unsere Spieler weiter entwickeln. Das erste Zwischenfazit ist rundum positiv, der gute Start hat alles zudem erleichtert."

… zum neuen Ablauf ohne das tägliche Training auf dem Platz:

"Ich habe wirklich keine Langeweile. Ich bin viel unterwegs - und wenn nicht, sitze ich am Laptop. So kann ich zahlreiche Inhalte vorbereiten und mir viele interessante Spiele anschauen oder Szenen von Spielern herausschneiden, um den Überblick zu verbessern. Man kann ein breites Spektrum neben der täglichen Arbeit abdecken. Ich kann meinen Horizont erweitern. Der neue Job ermöglicht mir den Blick aus einer anderen Perspektive, die Draufsicht von außen. Jetzt kann ich Spiele anders, mit mehr Distanz, anschauen, Eindrücke unterschiedlich verarbeiten und Einschätzungen reflektierter angehen. Wenn man tagtäglich mit dem Team auf dem Platz steht und alle drei Tage Spiele hat, ist man in einem Tunnel, in einem Hamsterrad.

Wenn man tagtäglich mit dem Team auf dem Platz steht und alle drei Tage Spiele hat, ist man in einem Tunnel, in einem Hamsterrad.

Danny Röhl

Ich kann mir jetzt zwischen den Lehrgängen noch stärker Gedanken machen und mich auf die nächsten Lernziele vorbereiten. Der Kopf ist frei, man kann kreativ werden. Ich versuche dabei immer so spielnah wie möglich zu trainieren, also Aufgaben und Themen einzubauen, die uns im Spiel erwarten. Mein Ziel war es immer, so nahe wie möglich an der Praxis zu sein. Deshalb habe ich neben der Analyse schon immer als Co-Trainer gearbeitet. Mich interessierte nicht allein die Theorie, sondern die Umsetzung der Erkenntnisse auf dem Platz."

… zu seinem Verhalten auf der Trainerbank:

"Im Vergleich zu meiner Zeit in Southampton bin ich jetzt ruhiger. Aber dort war die Situation eine andere, wir steckten mitten in einem brutalen Abstiegskampf. Da war auch die Bank gefordert, voll dabei zu sein, um wirklich alles für den Klassenerhalt zu geben.

Wichtig für den Co-Trainer auf der Bank ist es, Ruhe auszustrahlen und den Cheftrainer in jeder Situation zu unterstützen. Es bringt nichts, in Hektik zu verfallen, sondern stattdessen muss man strategische Überlegungen einbringen, etwa für gezielte Wechsel. Man muss vorausdenken, um dem Cheftrainer entsprechende Empfehlungen geben zu können. Mit Marcus Sorg stimme ich mich da vorab ab."

… zur persönlichen Spielerkarriere als Rechtsaußen in der Landesliga:

"Ich habe mich auf der Außenposition immer wohler gefühlt als im Zentrum. Ich konnte auf meinem Niveau viel und schnell laufen."

Ich kann mich gut in verletzte Spieler hineinversetzen und in das Gefühl, schon wieder nicht spielen zu können und wieder von vorne beginnen zu müssen.

Danny Röhl

… zu seinen vielen Verletzungen wie Kreuzbandriss im Knie und Bänderriss im Sprunggelenk sowie Mittelfußbruch:

"Es waren relativ viele Einschläge in relativ kurzer Zeit und in einer Phase, in der sich ein Spieler weiterentwickelt. Ich habe damals mehr Zeit in der Reha als auf dem Platz verbracht. Der Vorteil heute: Ich kann mich gut in verletzte Spieler hineinversetzen und in das Gefühl, schon wieder nicht spielen zu können und wieder von vorne beginnen zu müssen."

… zu Spielanalyse und deren Anfänge:

"Als ich 2009 bei RB Leipzig anfing, gab es erste Anfänge, von Projektgruppen und dem Team Köln (Anm.: Kooperation zwischen DFB und der Universitären Weiterbildung zur Spielanalyse und -beobachtung) war die Rede. Aber man konnte sich damals nicht so richtig viel darunter vorstellen. Die Entwicklung erfolgte erst allmählich. Im Bereich des Klub-Fußballs hat man damals, Anfang der 2010-er Jahre, in der öffentlichen Wahrnehmung die Bedeutung der Spielanalyse nicht so registriert. Für dieses Thema waren die Vereine noch nicht so sensibilisiert."

… über die wichtigsten Daten aus der Spielanalyse:

"Grundsätzlich muss immer der Bezug zur Praxis hergestellt werden, die Daten müssen in die Spielidee integriert werden. Ein interessanter Parameter ist unter anderem das Umschaltverhalten, also wie schnell kommt die Mannschaft nach Ballgewinn zum Torabschluss und ob es da einen Zusammenhang gibt. Wie viele Spieler werden überspielt und wie ist in diesen Momenten der Gegner postiert, tief oder hoch. Welche Anforderungen stellt dann der Gegner an meine Mannschaft, welche Anforderungen stellt die Mannschaft selbst an sich. Wie vertikal wurde gespielt."

Wir fordern von unseren Spielern den Mut und die Risikobereitschaft, den Ball in die Spitze zu legen an Stelle von Quer- und Sicherheitspässen.

Danny Röhl

… zur Spielidee, die ihn mit dem Bundestrainer Hansi Flick verbindet:

"Unsere Leitbegriffe sind Tempo, Intensität und Aktivität. In München standen wir für eine Idee mit hohem Pressing, mit zielstrebigem Spiel zum Tor, wann immer es möglich ist. Wir fordern von unseren Spielern den Mut und die Risikobereitschaft, den Ball in die Spitze zu legen an Stelle von Quer- und Sicherheitspässen. Wir wollen aktiv mit dem Ball sein, das heißt: Nicht allein der Spieler am Ball ist aktiv, sondern auch die Mitspieler sind es, indem sie sich entsprechend anbieten und freilaufen, etwa im Rücken des Gegners, um neue Räume zu schaffen."

… über die nächsten Schritte in der spielerischen Entwicklung:

"Gegen die bisherigen Gegner konnten wir ein gutes Fundament legen, auf dem wir nun weiter aufbauen können. Wir konnten Erfolgserlebnisse schaffen, die wichtig sind, wenn man eine neue Spielidee in einer Mannschaft integrieren möchte. Wir sind auf einem guten Weg. Wie weit wir in unserer Entwicklung schon sind, werden wir vor allem gegen stärkere Gegner im neuen Jahr sehen. Entscheidend ist, wie viel Mut und Selbstvertrauen die Spieler haben und wieviel Vertrauen sie vom Trainer erhalten."

… über die Zusammenarbeit im neuen Trainerteam:

"Wir sind dabei, uns als Trainerteam zu finden - und jeder für sich wächst in seine Rolle hinein. Hansi Flick, Marcus Sorg und ich stimmen uns und die Abläufe ab. Jeder Lehrgang, jeder Workshop, jedes Telefonat führt dazu, dass wir uns immer besser verstehen. Wir wachsen als Trainerteam immer stärker zusammen.

Es ist für Marcus Sorg natürlich eine besondere Situation, neu in ein Trainerteam zu kommen, das schon zwei Jahre zusammengearbeitet hat. Aber es funktioniert im Team, zu dem auch Andreas Kronenberg und Mads Buttgereit zählen, sehr gut. Hansi überlässt uns Co-Trainern die Leitung von Übungen und Trainingsformen, sodass er eine Beobachterrolle einnehmen und etwas stärker mit dem Blick von außen analysieren kann. Unsere unterschiedlichen Perspektiven legen wir dann übereinander und erhalten ein Gesamtbild."

"Es gehört zu Hansis Führungsstil, Verantwortung abzugeben"

… über seine Kompetenzen und Einflussbereiche:
"In der Analyse der eigenen Mannschaft und des Gegners kann ich mich stark einbringen, Hansi überlässt mir auch immer wieder die Übungsgestaltung und die Umsetzung von Themen. Es gehört zu Hansis Führungsstil, Verantwortung abzugeben und seinem Team die nötigen Freiheiten zu lassen.

Bei den Einzel- und Gruppengesprächen wird durchgetauscht, prinzipiell interessiert mich die Abwehr stark, weil die Abstimmung einer Viererkette im Spiel mit dem Ball und gegen den Ball besonders wichtig ist. Man kann viele Details in Videositzungen und im Training ansteuern."

… über die Mitsprache in Personalfragen:

"Bei der Aufstellung und in taktischen Fragen, also dem Matchplan, ist Hansi sehr offen. Wir fassen unsere Eindrücke zusammen und besprechen sie mit dem Bundestrainer. Beim Prozess der Kadernominierung nimmt uns Hansi bewusst mit, er fordert, dass wir aktiv unsere Meinung einbringen."

… die persönliche Verbindung zu Flick:

"Wir haben schnell und gut zusammengefunden. Die von Sympathie geprägte Grundstimmung war sofort zu spüren. Wir haben uns über Themen und Inhalte ausgetauscht und von Anfang an gemerkt, dass es gut passt. Für mich persönlich und meine Entwicklung ist es deshalb ein sehr spannender Schritt, beim DFB zu arbeiten - genau der richtige. Hansi Flick lässt es zu und fördert es, dass ich mich entwickle, so wie er die Entwicklung jedes Einzelnen im Team fördert."

… die Entscheidung für den DFB statt den FC Bayern:

"Die Gespräche mit Julian Nagelsmann waren gut und offen, er hat mir seine Vorstellungen, in welchen Bereichen und Themen ich ihn in München hätte unterstützen können, mitgeteilt. Aber ich hätte abermals neu beginnen und erst wieder eine Beziehung aufbauen müssen, während ich Hansi aus zwei erfolgreichen Jahren kannte und wusste, wie wir beide ticken. Sein Vertrauen spüre ich jeden Tag. Dieses Vertrauen ist enorm und hatte einen starken Einfluss auf meine Entscheidung. Zwei Turniere in anderthalb Jahren, dazu mit einer Heim-EM, sind auch etwas Besonderes und eine große Herausforderung. Dieses Gesamtpaket war einfach reizvoll."

… zu seinen Zielen und Ambitionen, mal Cheftrainer zu werden:

"Die Rolle des Cheftrainers ist natürlich eine sehr reizvolle, die auch ich mir durchaus irgendwann vorstellen könnte. In Zukunft könnte es mal ein interessanter Schritt sein, zumal ich mit 32 Jahren schon einiges erlebt habe. Aber jetzt bin ich genau am richtigen Ort auf genau auf dem richtigen Posten. Wir im Trainerteam haben mit der Nationalmannschaft große Ziele, auf die wir uns voll und ganz konzentrieren. Wir denken im Augenblick nicht daran, was danach kommen könnte.

Mit meiner jetzigen Aufgabe fühle ich mich absolut wohl, auch weil Hansi mich und sein gesamtes Team viel Verantwortung übernehmen lässt. Ich kann aktiv sein und mich einbringen. Und wichtig für meine Zukunft ist noch, dass ich den Lehrgang für den Fußballlehrer angehen kann, der mir noch fehlt. Ich möchte die Voraussetzung für eine bestmögliche Ausbildung schaffen."

Karlheinz Wild

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