Torjägerkanone

Drei Stürmer machen’s spannend

Die Torjägerkanone® für alle

Drei Stürmer machen’s spannend

Noch immer torgefährlich: Martin Harnik im Dress des Oberligisten TuS Dassendorf.

Noch immer torgefährlich: Martin Harnik im Dress des Oberligisten TuS Dassendorf. Imago

Martin Harnik zählt zu den prominentesten Namen, den Amateurfußball-Deutschland derzeit im Aufgebot hat. Harnik ist aber keiner jener Ex-Profis, die nur mehr ihre etwas müde gewordenen Knochen über den Platz tragen, der 34-Jährige führt mit der fünftklassigen TuS Dassendorf aus Hamburg seine Liga souverän an - und liegt zudem aussichtsreich im Rennen um die "Torjägerkanone für alle", die deutschlandweit an den besten Schützen jeder Ligenstufe vergeben wird. Neben Harnik haben noch Marcel Platzek (1. FC Bocholt, Niederrhein) und Ramien Safi (Brinkumer SV, Bremen) realistische Chancen auf die begehrte Trophäe.

Es ist ja nicht so, dass sie Harnik nötig gehabt hätten bei der TuS Dassendorf. Ihre Ziele haben sie auch ohne den Ex-Profi erreicht. Die TuS ist das Maß der Dinge in der Oberliga Hamburg, als Dauermeister verzichtet Dassendorf ohnehin regelmäßig auf den Aufstieg. Regionalliga braucht man hier im Osten Hamburgs nicht. Es geht um Spaß am Spiel und mit dem Team, betonte Harnik unlängst, aber eine solche Einzelauszeichnung wie die Torjägerkanone, sagte der 68-malige Nationalspieler Österreichs, das wäre schon so etwas wie die Kirsche auf der Sahnetorte. Aktuell steht er in seiner ersten kompletten Oberliga-Spielzeit bei 29 Toren aus 20 Spielen.

Wer lacht zuletzt? Der Bocholter Routinier Marcel Platzek (links) und der Brinkumer Youngster Ramien Safi. picture alliance/dpa/Revierfoto, Kreiszeitung Syke

Momentan haben zwei Akteure deutschlandweit ernsthaft etwas dagegen, dass Harnik seine Kirsche bekommt. 22 Jahre ist Ramien Safi jung, der Bremer Oberligist Brinkumer SV ist aber schon seine dritte Station im Herrenbereich - allerdings die erste, bei der er so richtig knipst. "Ich hatte Talent, aber das Toreschießen hat gefehlt. Ich war im letzten Drittel nicht so abgezockt", sagt Safi, der sich ohnehin eher als Außenbahnspieler denn als Stürmer begreift.

"Viele beschreiben mich als schnell, manchmal zu schnell", sagt er lachend "aber, dass ich schon früh viele Spiele bei den Herren gemacht habe, hat mir gutgetan in meiner Entwicklung. In Brinkum hat es nun einfach auch mit der Mannschaft gepasst." Die Folge: 30 Tore in 24 Spielen hat der in Groningen geborene Safi in dieser Saison bereits erzielt. "Ich habe schon geahnt, dass ich viele Tore machen könnte in dieser Saison", sagt er, "dass es aber so explodiert, habe ich nicht erwartet."

Dritter im Dreikampf und aktuell auf Rang 1 ist da noch der in Moers geborene Marcel Platzek, der ein wenig die Welt dazwischen repräsentiert. Der heute 31-Jährige war lange Jahre ein prägendes Gesicht der Regionalliga West, steht nach Stationen bei Borussia Mönchengladbach II und vor allem Rot-Weiss Essen in der ewigen Torjägerliste der Staffel West mit 85 Treffern auf Rang 4.

Im vergangenen Sommer hat es ihn zum 1. FC Bocholt in die Oberliga Niederrhein verschlagen, wo er drauf und dran ist, in seiner ersten Saison auch gleich den Torjäger-Rekord der Liga zu brechen. 31 Tore hat er nach 20 Spielen auf seinem Konto. Damit hat er den Saisonbestwert , den Marvin Ellmann in der Saison 2017/18 im Dress des ETB Schwarz-Weiß Essen aufgestellt hat, nach seinen zwei Treffern am Wochenende beim 3:0 gegen den SC Düsseldorf-West, bereits eingestellt.

"Ich freue mich sehr, dass es für mich so gut läuft. Es ist für einen Stürmer erst mal wichtig, dass er spielt", sagt Platzek, der sich zuvor bei Rot-Weiss Essen zu oft auf der Bank wiedergefunden hatte. Aber auch er verweist auf die Mannschaftsleistung seiner Bocholter, die mit Tabellenplatz 2 gut im Aufstiegsrennen liegen: "Ich weiß durchaus, welche Kollegen um mich herum spielen. Wenn man dann Selbstvertrauen hat, schießt man vielleicht auch einmal mehr aufs Tor. Aber ich bin gut damit gefahren, mir keine Marke zu setzen, damit setzt man sich nur selbst unter Druck."

Das Fernduell um die Kanone will Platzek folglich nicht zu hoch hängen. "Ich habe das Ranking schon ein paarmal zugeschickt bekommen und werfe da schon einen Blick drauf", sagt er lediglich, freut sich dann aber doch, als er hört, dass Konkurrent Harnik in der Restsaison nicht mehr so viele Spiele absolvieren wird (sieben) wie er selbst (elf). Weil derweil Ramien Safi in der Bremen-Liga noch neun Partien vor der Brust hat, lässt sich die Favoritenrolle wohl bei Platzek verorten.

Die Kanone hätte der dann schon auch gerne, wie natürlich auch Safi, der aber ebenfalls betont, sich nicht unter Druck zu setzen: "Mein Umfeld, Freunde und Familie sprechen da mehr darüber. Aber es wäre schon eine Ehre, wenn man so was bekommt, gerade weil ja auch Spieler wie Harnik im Rennen sind", sagt er. Angebote habe er schon vorliegen, so der 22-Jährige, "aber ich habe mich noch nicht entschieden, wie es weitergeht. Mein voller Fokus liegt auf dieser Saison". In der Liga versucht sein Brinkumer SV als derzeit Tabellenzweiter, die Lücke auf den führenden Bremer SV klein zu halten; auch im Pokal ist man noch dabei.

Marcel Platzek will - anders als Harnik mit Dassendorf - vor allem eines: Mit dem 1. FC Bocholt in die Regionalliga aufsteigen. Sein Vertrag gilt auch für die kommende Spielzeit, in der plant er dann sein ohnehin schon beachtliches Regionalliga-Torkonto weiter aufzustocken für die Westmünsterländer, die derzeit Anstrengungen unternehmen, sich nachhaltig zu professionalisieren.

Ein Amateurfußball-Ritual aber steht noch an in dieser Saison: eine Abschlussfahrt nach Mallorca. Und auf die, verriet Marcel Platzek jüngst in einem Interview, würde er am liebsten die Torjägerkanone mitnehmen.

Jan Mauer