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Die WM verbindet Frankreich - Antoine Griezmann: "Es lebe die Republik!"

Frankreich im Ausnahmezustand

Die WM verbindet - Griezmann: "Es lebe die Republik!"

Der Traum vom WM-Finale wird wahr: Antoine Griezmann greift mit Frankreich nach den Sternen.

Der Traum vom WM-Finale wird wahr: Antoine Griezmann greift mit Frankreich nach den Sternen. imago

Aus Moskau berichtet Mounir Zitouni

Wer von Moskau aus zum Trainingscamp der französischen Nationalmannschaft will, muss ein wenig Zeit einplanen. 60 Kilometer westlich von der russischen Hauptstadt gelegen, braucht man etwas mehr als eine Stunde nach Istra, wenn die Autobahn frei ist. Öffentlicher Nahverkehr? Zu kompliziert. Und da die Straßen in und um Moskau herum nur selten freie Fahrt bieten, muss man schon eher 90-100 Minuten einplanen bis man zu diesem 35.000-Einwohner-Ort gelangt.

Spielersteckbrief Griezmann
Griezmann

Griezmann Antoine

Spielersteckbrief Matuidi
Matuidi

Matuidi Blaise

Der "Geist von Istra"

Vieles in Istra, wo die Equipe Tricolore ganz in der Nähe seit Beginn des Turniers in einem Fünf-Sterne-Hotel residiert, erinnert an Clairefontaine, der geschichtsträchtigen Heimstatt der französischen Nationalmannschaft nahe Paris. Viel Wald, noch mehr Ruhe, ein Flüsschen hier, Felder dort: Es kann kein Zufall sein, dass sich die Franzosen da draußen so pudelwohl fühlen. Von wegen Quartiers-Blues. Falls es am Sonntag mit dem Weltmeistertitel klappen sollte, dann wird man in Frankreich den Triumph auch mit dem "Geist von Istra" begründen. So wie man schon 1998 Clairefontaine zur Legendenwerkstatt konstruierte.

Von Lagerkoller keine Spur - Griezmann schwärmt

52 Tage ist man nun schon beisammen. Die wichtigsten zwei stehen aber noch an. Von Lagerkoller keine Spur. "Wir haben hier eine schöne Zeit", erzählte Blaise Matuidi am Freitag. "Nachdem ich mehrere Turniere gespielt habe muss ich sagen, dass ich mich hier am wohlsten gefühlt habe. Wir haben eine junge Truppe, die lebt, mit einer großartigen Stimmung. Ich könnte noch Monate bleiben, so gut geht es uns hier zusammen. Da kann man schon wehmütig werden, aber irgendwann hat alles ein Ende. Ich hoffe, es wird am Sonntag ein glückliches für uns", so der Mittelfeldspieler von Juventus Turin.

Seit ich klein bin träume ich von einem WM-Finale. Ich bin voller Vorfreude. Egal, ob ich ein Tor erziele oder nicht, ich möchte einfach nur diesen Pokal in der Hand halten.

Antoine Griezmann

Auch Antoine Griezmann schwärmt vom Zusammenhalt der Mannschaft. "Es ist Leben in der Truppe. Die Ersatzspieler sind sehr präsent, sie bringen sich klasse ein, sind nicht beleidigt. Sie feuern die anderen an. Die jüngeren machen Späße mit den Älteren. So muss es sein. Denn um etwas zu gewinnen, brauchen wir alle."

Am Sonntag gilt es. Für Matuidi ist es "das Spiel unseres Lebens". Er betont: "Davon haben wir alle geträumt." So wie auch Griezmann. "Seit ich klein bin träume ich von einem WM-Finale. Ich bin voller Vorfreude. Egal, ob ich ein Tor erziele oder nicht, ich möchte einfach nur diesen Pokal in der Hand halten", sagt der Angreifer von Atletico. "Man erwartet viel von uns, aber wir haben auch Selbstvertrauen. Ich bin sicher, dass wir ein großes Spiel abliefern werden. Ich hoffe, am Sonntag sind wir der Champion."

Kulturelle Unterschiede spielen aktuell keine Rolle

Was danach auf den Straßen von Paris, Marseille und Bordeaux los wäre? Schon nach dem Sieg gegen Belgien feierten Hunderttausende. Das Land durchzieht eine große Euphorie. Pogba, Lloris und Co. sorgen dafür, dass die Menschen in ihrer Heimat wieder näher zusammenrücken. Vergessen, wer woher kommt. Kulturelle Unterschiede spielen aktuell keine Rolle. Angolanische Wurzeln bei Matuidi, Griezmanns Mutter, die Portugiesin ist, Umtiti, der im Kamerun geboren wurde oder Pogba, dessen Eltern aus Guinea kamen: "Die Unterschiedlichkeit unserer Herkunft, das steht doch für dieses schöne Land. Für uns ist das super", sagt Matuidi. "Wir sind stolz dieses Land zu repräsentieren, dieses Trikot zu tragen. Ich hoffe, dass die Menschen auch stolz sind, diese Nationalmannschaft zu haben."

Champs Elysees nach dem Sieg gegen Belgien

Wird auf der Champs Elysees am Sonntag wieder gefeiert wie nach dem Sieg gegen Belgien? imago

Griezmann unterstreicht dies. "Ich wiederhole es oft: Es lebe die Republik! Man muss stolz sein, ein Franzose zu sein. Uns geht es gut in Frankreich. Man isst gut, wir haben ein schönes Land, eine tolle Nationalmannschaft. Ich hoffe, dass die jungen Leute das auch sagen, dass sie so stolz sind wie wir", lautet der Exkurs des Stürmers.

Die Final-Niederlage von 2016 bleibt im Kopf

Der Fußball ist nicht nur Fußball. In den Tagen einer Weltmeisterschaft geht es auch um Identifikation, Zugehörigkeit und Gemeinschaft. In Maßen durchaus verträglich. Frankreich ist im Ausnahmezustand und erwartet nun auch den zweiten WM-Titel seiner Fußballmannschaft. Am Montag geht es für das Team von Deschamps zurück nach Paris. Als Weltchampion oder Zweiter. Man darf gespannt sein. 2016 erlebte das Land nach dem verlorenen EURO-Finale einen emotionalen Absturz, der nur schwer zu verdauen war. "Die Tränen sind getrocknet, aber das das bleibt abgespeichert", sagt Matuidi.