Int. Fußball

UEFA Financial Fairplay: Die üblichen Verdächtigen

DFL sorgt sich und schlägt Alarm

Die üblichen Verdächtigen zerren am Financial Fairplay

PSG-Boss Nasser Al-Khelaifi und andere Vertreter von staatsfinanzierten Klubs drängen auf Deregulierung.

PSG-Boss Nasser Al-Khelaifi und andere Vertreter von staatsfinanzierten Klubs drängen auf Deregulierung. Getty Images

Es gibt Menschen, die würden sich diebisch freuen, wenn noch mehr Kohle in den Fußball geblasen würde. Menschen wie Jonathan Barnett, der letzte Woche via "Bild" forderte: "Ich denke, die Bundesliga sollte ihre 50+1-Regel aufheben." Lasst unbegrenzt Investoren, Scheichs und Oligarchen rein, um konkurrenzfähig zu bleiben - das ist die Devise derer, die eine ähnliche Meinung wie der Spielervermittler vertreten. Barnett hat ein natürliches Interesse an monetären Einschüssen ins Spiel, weil mehr Geld im Markt mehr Provision bedeutet - die meisten Vereine teilen diese Auffassung nicht. Wobei: die üblichen Verdächtigen schon.

Transfersummen werden über die langen Vertragslaufzeiten abgeschrieben und künstlich kleingehalten

Und so nutzt eine Handvoll Klubs ihren Einfluss, um in Europa das Financial Fairplay in seinem jetzigen Sinne zu zerstören. Sie zerren am Maximaldefizit von 30 Millionen Euro, die ein Klub pro zurückliegende drei Jahre per Investorenzuschuss ausgleichen darf. Natürlich mag PSG-Boss Nasser Al-Khelaifi recht haben, wenn er behauptet, FFP eingehalten zu haben in diesem Sommer trotz neuer Stars an der Seine wie Lionel Messi, Gianluigi Donnarumma (beide ablösefrei) oder Achraf Hakimi (ca. 60 Millionen Euro). Doch werden neben Millionengehältern auch die Transfersummen über die langen Vertragslaufzeiten abgeschrieben und so künstlich kleingehalten.

Eindruck eines Taschenspielertricks

Zu Beginn der Pandemie wollten Teile der Klubvereinigung ECA die Beschränkungen bereits abschießen, während die European Leagues - vertreten durch die DFL - dafür plädierten, die Regularien umzusetzen und bei den FFP-relevanten Berechnungen lediglich die Negativeffekte, speziell fehlende Zuschauereinnahmen, auszugleichen. Heraus kam ein schwieriger Kompromiss: Die Klubs können Negativeffekte ausgleichen, wobei die Finanzjahre 2020 und 2021 zusammen und im Mittel analysiert werden. Das erweckt den Eindruck eines Taschenspielertricks. Vereinfacht ausgedrückt: Gibt ein Klub zweimal 100 Millionen Euro aus, also faktisch 200 Mio., fließen aufgrund der Durchschnittsregelung lediglich 100 Mio. in die Berechnung ein.

"Klubs mit Investoren ohne Renditeerwartung würden profitieren"

Überhaupt ist COVID-19 das Top-Argument der Größenwahnsinnigen mit den tiefen Taschen, egal ob sie ihre Milliardengräber mit einer Super League oder mit Investorenzuschüssen zuwerfen wollen. Schon im März warnte die Deutsche Fußball-Liga ihre Mitglieder: Achtung, da tut sich was. Sie präsentierte ein Schaubild zum UEFA-Vorschlag der FFP-Deregulierung (siehe unten) und kam zu dem Schluss: "Klubs mit Investoren ohne Renditeerwartung würden profitieren." Sprich: Staatsfonds und Oligarchen. Im August schlug die DFL in Person von Dr. Marc Lenz, der für die internationalen Angelegenheiten verantwortlich zeichnet, öffentlich Alarm. Das unterstreicht, wie groß die Sorge der Liga ist, die La Liga und die Premier League an ihrer Seite weiß.

Neben der Aufhebung der Begrenzung externer Zuschüsse bereiten den deutschen Klubs zwei weitere Aspekte Bauchschmerzen: die Squad Limit Rule, also die Begrenzung der Kaderkosten auf geplante 70 Prozent der Gesamteinnahmen, und die Luxussteuer. Ersteres käme einer Gehaltsobergrenze nahe und wäre damit im Sinne der deutschen Vertreter. Das Problem ist folgende Hintertür: Das Limit gilt nur für die 25 Profis, die für UEFA-Wettbewerbe gemeldet werden. Der Verband würde damit Umgehungstatbeständen wie Leih-Schattenkadern bei Partnerklubs, die mittelfristig einzig dem Erlös von Gegenwerten durch Transfers dienen, oder einer Kaderteilung bei Oligarchen-Klubs in national und international Tür und Tor öffnen.

Ceferin: "Das muss ein robustes Regelwerk sein"

Die Luxussteuer soll Verstöße sanktionieren. Auch wenn UEFA-Boss Aleksander Ceferin im "Spiegel" jüngst sagte: "Diese Steuer müsste schon sehr, sehr hoch sein. Wenn die Regel lautet, dass ein Verein nur 300 Millionen Euro ausgeben darf, es aber 500 Millionen werden, dann müsste er womöglich weitere 200 Millionen zahlen, die an die anderen gehen. Das muss ein robustes Regelwerk sein." Kritiker sehen die Gefahr, dass superreiche Klubbesitzer aus dem Mittleren Osten die Sanktionen müde lächelnd aus der Portokasse bezahlen. Ihnen geht es schließlich nicht um gesundes Wirtschaften, sondern um Sportswashing. Und wie "robust" das bisherige Regelwerk bei Verstößen tatsächlich war, dokumentieren die Pleiten der UEFA gegen PSG und Manchester City vor dem CAS.

Dr. Stopper: "Schaffung einer Superleague unter dem Dach der UEFA"

Kein Wunder, dass Experten wie Dr. Martin Stopper warnen: "Eine Öffnung der Financial-Fairplay-Regeln dahingehend, den Zufluss von Investorengeldern nicht mehr zu regulieren und fußballfremde Geldquellen ohne Limit zu legitimieren, so wie es gerade geplant ist, bedeutet die Schaffung einer Superleague unter dem Dach der UEFA." In den Augen des Münchner Sportrechtsanwalts hätte so "der Begriff der sogenannten Fußball-bezogenen Einnahmen, die zurzeit relevant sind, ausgedient. Keine guten Nachrichten für die 'competitive balance' im Fußball!" Bis Dezember sollen beschlussfähige Modelle entwickelt werden. Dann wird sich entscheiden, ob Europas Fußball den Weg des reinen Geldes geht.

Benni Hofmann

UEFA-Vorschlag zur FFP-Neuausrichtung

Post 2022 (TBC)

Vorschlag: starke Deregulierung

Sign. Änderung durch Liberalisierung von Investoren anvisiert.

Investoren-finanzierte Gesamtkosten wären unlimitiert. Klubs mit Investoren ohne Renditeerwartung würden profitieren.

- Fokus: Fin. Tragfähigkeit, i. e. basierend auf Einnahmen plus Investoren-Geldern

- Kein Limit von "Beiträgen verbundener Parteien" zur Gesamtkostenfinanzierung

- Limitierung der UEFA-Kaderkosten (25 Spieler) erscheint unzureichend.