EM

Niederlande scheiden im Achtelfinale aus: "Schwer zu verkraften"

Niederlande zerbrechen an zwei Schlüsselmomenten

Die Trauer trägt Oranje: "Das ist schwer zu verkraften"

Da helfen keine aufmunternden Worte: Matthijs de Ligt (hier von Wolfsburgs Wout Weghorst getröstet) fühlt sich schuldig.

Da helfen keine aufmunternden Worte: Matthijs de Ligt (hier von Wolfsburgs Wout Weghorst getröstet) fühlt sich schuldig. imago images

Als die TV-Kameras vor Ort nach den beiden Toren von Tomas Holes und Patrick Schick über die Ränge in der mit 55.000 Mann besetzten Budapester Puskas-Arena schwenkten, konnte man sofort erkennen, was Sache war: Sprang dem Zuschauer in den ersten eingefangenen Bildern überschwängliche Freude und tosender Jubel von wild feiernden Tschechen förmlich ins Gesicht, spielte sich im Holland-Block irgendwie ein in langsamen Frames abgespielter Stummfilm um 1900 ab - nur eben nicht in schwarz-weiß, sondern in der alles übertönenden Farbe Orange.

Alles Reaktionen, die nur verständlich waren - besonders die niederländische Enttäuschung war fast fühlbar. Denn sicherlich hatte sich die so souverän durch die Gruppenphase spielende Auswahl lange Zeit gegen gut dagegenhaltende Tschechen schwer getan, war aber doch voll im Rennen. Bis zur alles entscheidenden 52. Minute. Hier steckte Offensivkünstler Memphis Depay herrlich für Donyell Malen durch, dieser aber schaffte es trotz bester zentraler Lage allein vor Keeper Tomas Vaclik nicht, auf 1:0 zu stellen. Und im direkten Gegenzug nahm Matthijs de Ligt als letzter Mann vor dem lauernden Schick die Hand zu Hilfe - und sah nach VAR-Eingriff nachvollziehbarerweise glatt Rot.

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De Ligt nimmt die Gesamtschuld auf sich

Der 21-jährige Juve-Verteidiger schlich von dannen, wirkte dabei komplett in sich gekehrt, ließ sich von Mitspielern nicht recht trösten - und sagte hinterher gegenüber "NOS TV" ehrlich: "Das fühlt sich schrecklich an, natürlich. Denn wir haben am Ende nur wegen dem verloren, was ich getan habe. Wir hatten das Spiel bis dahin unter Kontrolle, denke ich. Doch dann die Rote Karte ... Das hat den Unterschied gemacht."

Eine treffende Zusammenfassung, schließlich ging Holland in der Folge wirklich baden. Das 0:1 und das 0:2 war für in Überzahl gut agierende Tschechen irgendwie die logische Schlussfolgerung - und ließ den niederländischen Titeltraum bei dieser EM verfrüht in Luft aufgehen. Wie faustdick die Überraschung des Außenseiters im erneut gut besuchten ungarischen Stadion war, ließ sich eben an den ins Leere blickenden Oranje-Fans ablesen. Ein Hauch von Nichts blieb in deren Mimik haften, viel mehr war da nicht nach der Roten Karte, dem 0:1, dem 0:2 und dem finalen Schlusspfiff.

"Das tut sehr weh, es ist schwer zu verkraften", merkte der nun zu Paris Saint-Germain aufbrechende Kapitän Georginio Wijnaldum (ehemals Liverpool), der nach dem Aus erst einmal seine Hände auf die Knie gestemmt hatte und mit vorgebeugtem Oberkörper auf dem Feld verharrt war, sichtlich bedient an. "Wir hatten einen gebrauchten Tag. Nach der Roten Karte waren wir recht machtlos. Es ist ein sehr komisches Gefühl, weil ich den Eindruck hatte, dass wir im Turnier gewachsen sind."

Alles "sehr schwierig gerade"

Barça-Profi Frenkie de Jong wollte indes nicht nur den Rot-Rückschlag gelten lassen, der 24-Jährige legte den Finger auch in die Wunde des eigenen Teams: "Es war so, als seien wir auf einen Schlag müde geworden. Und ich habe keinen Plan, warum ... Wir wollten doch wirklich gewinnen - und für einige von uns war dies das bislang größte Spiel in der Karriere. Wir haben einfach unser Spiel nicht durchbringen können. Manchmal hat man einfach solche Tage." Darauf kam auch nochmals Kapitän Wijnaldum zu sprechen, der sich damit quasi bei den vor Enttäuschung erstarrten Fans entschuldigte: "Mir geht gerade so ziemlich alles durch den Kopf. Wir haben einfach zu wenig geleistet. Ich weiß, dass die Liebe des Landes zu uns im Laufe des Turniers gewachsen ist. Gerade deswegen ist es sehr schmerzlich, sehr schwierig gerade."

Das stellten auch die heimischen Medien fest, die zugleich über das mögliche Aus von Bondscoach Frank de Boer ("Wir haben alle einen großen Kater, wir müssen über alles nachdenken") spekulierten. So schrieb etwa der "Telegraaf" nur vom "armen Oranje gegen Tschechien", während "De Volkskrant" vom "einer unrühmlichen Niederlage" schrieb. Alles Wörter, die bestens zu den langen Gesichtern aus dem Oranje-Block passten.

mag

Bilder zur Partie Niederlande - Tschechien