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Der Titel, den Real Madrid nicht zu wollen scheint

Verheerende Ausbeute in der Copa del Rey

Der Titel, den Real Madrid nicht zu wollen scheint

Nicht Real Madrids Lieblingswettbewerb: In der Copa muss selbst der Rey trösten.

Nicht Real Madrids Lieblingswettbewerb: In der Copa muss selbst der Rey trösten. Getty Images (3)

"Angstgegner" ist eines dieser schier unvermeidlichen geflügelten Wörter, die auf dem Spektrum zwischen inflationärer Verwendung und dem sogenannten Index immer wieder quer durch den Jargon flattern.

Vor dem spanischen Pokal-Viertelfinale in Bilbao, wo der Athletic Club Real Madrid empfing, war der Begriff tatsächlich angebracht. Bereits beide Ligaspiele und das Finale der Supercopa hatten die Königlichen gegen die Basken gewonnen, als sie - ohne den angeschlagenen Karim Benzema - erneut im San Mames antraten.

Und doch fürchtete sich Athletic so gar nicht. Denn Angstgegner hin oder her - in der Copa del Rey scheinen andere Gesetze zu gelten, zumindest definiert sie Real Madrid für sich irgendwie anders. Weshalb der verdiente Sieg der Hausherren nicht nur keine "Pokal-Sensation" war (noch so ein Begriff), weil sie zuvor schon den FC Barcelona aus dem Turnier gekegelt hatten.

Die Königlichen und der Königspokal, das ist alles andere als eine Liebesbeziehung. Jenseits des internationalen Favoritensterbens, das in der laufenden Spielzeit neben den großen Drei in Spanien oder PSG in Frankreich auch den BVB und die Bayern im DFB-Pokal heimsuchte. Es gilt auch zeitlich über den Tellerrand hinauszuschauen.

Saragossa war in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreicher

Denn während die Bayern ihren drittletzten Pokalsieg 2016 feierten, Barça dafür nur bis ins Jahr 2017 zurückblicken muss und PSG gar drei der vergangenen vier Ausgaben gewann, ist dieser Eintrag bei Real Madrid in der Saison 1992/93 vermerkt. Heißt: In den vergangenen 30 Jahren gewann Spaniens Rekordmeister nur zweimal die Copa. Real Saragossa ist das in diesem Zeitraum dreimal gelungen.

Ihre Ligaspiele gegen namhafte Gegner haben die Blancos, die La Liga anführen, 2021/22 nahezu allesamt gewonnen. In der Champions League, dem selbsternannten Lieblingswettbewerb, in dem Real ebenfalls mit Abstand Rekordsieger ist, auch. Den Pokal hingegen hat neben Barça (31-mal) auch Athletic (23-mal) öfter gewonnen als die Königlichen (19 Titel).

Statt Trophäen sammeln sie in der Copa vielmehr Ausrutscher, Enttäuschungen und Blamagen. Seien sie sportlicher Natur, wie 2021 in Überzahl gegen den Drittligisten Alcoyano und der "Alcorconazo" 2009 (0:4 gegen den Drittligisten Alcorcon) - oder noch weitaus belustigender: 2015/16 flogen die Blancos aus dem Pokal, weil sie mit Denis Cheryshev einen gesperrten Spieler eingesetzt hatten.

Cristiano Ronaldo, Pepe

Ein seltener Anblick: Real Madrid feiert den Pokalsieg 2011. AFP via Getty Images

Obwohl Vicente del Bosque, José Mourinho, Zinedine Zidane oder auch Carlo Ancelotti mitnichten permanent B-Besetzungen auf den Rasen schickten und schicken, kann sich Real in der Copa nun schon seit Jahrzehnten scheinbar einfach nicht aufraffen. Selbst an seinem 100. Geburtstag, im eigenen Stadion, verlor man 2002 das Endspiel gegen Deportivo La Coruna. Mit "Centenariazo" erhielt auch diese Niederlage ihren eigenen Namen.

Nur ein Finalgegner entlockt Real genug Motivation

Während ein großer nationaler Rivale, der FC Barcelona, und ein großer internationaler Rivale, der FC Bayern, das prestigeträchtige Triple in der jüngeren Vergangenheit gleich zweimal gewannen, ist Real Madrid das nach wie vor nie gelungen.

Denn dafür müssten sich die Königlichen ja in der Copa del Rey bemühen, um einen Titel, den sie gar nicht zu wollen scheinen. Dass sie ihn zumindest 2011 und 2014 gefeiert haben, lag womöglich daran, dass es im Finale jeweils gegen Erzrivale Barcelona ging. Wahrscheinlich ist es wirklich nur eine Frage der Motivation.

Niklas Baumgart