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Ollie Watkins: Der Stürmer, der mit Haaland Schritt hält

Wie Ollie Watkins die Premier League aufmischt

Der Stürmer, der sogar mit Haaland Schritt hält

Kaum ein Spiel, in dem er nicht trifft: Ollie Watkins.

Kaum ein Spiel, in dem er nicht trifft: Ollie Watkins. IMAGO/Shutterstock

Weil ein Fußballprofi, der einen Fußboden reinigt und nicht reinigen lässt, heutzutage schon eine waschechte Sensation ist, wird die Geschichte immer noch gerne erzählt: wie Ollie Watkins Anfang 2015 ganz normale Dinge tat.

Watkins, damals gerade 19 geworden, war für ein halbes Jahr vom Viertligisten Exeter City zu einem Amateurklub ausgeliehen worden, in einen Ferienort, der heißt, wie bestimmt jede Stadt gerne heißen würde: Weston-super-Mare. Und dort sollten die Fußballer eben nicht nur für den Rasen, sondern gleich fürs Leben trainieren.

In zehn seiner letzten zwölf Ligaspiele traf Watkins

Dass es heute jemanden interessiert, wie ein junger Mann aus dem südenglischen Torquay einst Kaffee für seine Teamkollegen kochte oder eben Böden wischte, hat damit zu tun, was aus diesem kurzen, aber lehrreichen Ausflug in den Amateurfußball folgte. Heute ist Oliver George Arthur Watkins nicht nur englischer Nationalstürmer (sieben Länderspiele, zwei Tore), sondern gerade sogar treffsicherer als Erling Haaland, was schon lange niemand mehr von sich behaupten konnte.

In zehn seiner letzten zwölf Premier-League-Spiele für Aston Villa hat Watkins jeweils mindestens einmal getroffen, während Haaland in diesem Zeitraum fünfmal torlos blieb (aber wie Watkins insgesamt elfmal traf). Trainer Unai Emery, der im November von Steven Gerrard übernahm, hat binnen weniger Monate aus einem Abstiegskandidaten einen Champions-League-Aspiranten gemacht, und Watkins ist mit dieser Geschichte eng verbunden.

An den 16 Spieltagen bis zur WM-Pause hatte der 27-Jährige - nach 14 Toren in seiner Premier-League-Debütsaison 2020/21 und elf 2021/22 - erst zwei Ligatore erzielt, ehe er analog zu Villa durchstartete. "Er hat immer getroffen, aber jetzt versteht er noch besser, wie er die Räume attackieren und wann er sich fallen lassen muss, um den Ball zu bekommen", sagte Emery am Samstag der BBC, als Watkins beim 3:0 gegen Newcastle gerade zwei Tore erzielt und das dritte vorbereitet hatte. "Er versteht alles als Stürmer."

Dabei war er früher noch nicht mal Stürmer. Er bewunderte Thierry Henry und spielte als Rechtsfuß meist auf dem linken Flügel, ehe Thomas Frank eine Idee hatte. Nach seinem Durchbruch in Exeter war Watkins 2017 zum FC Brentford in die Championship gewechselt. Und als er sich - typisch Brentford - zwei Jahre später zu einem Premier-League-tauglichen Offensivmann entwickelt hatte, überzeugte ihn Trainer Frank davon, noch ein Jahr zu bleiben - als zentraler Stürmer. Watkins erzielte 25 Tore und wechselte 2020 für 34 Millionen Euro zu Aston Villa.

Seine ersten Premier-League-Tore waren denkwürdig

Dort hatte inzwischen Dean Smith das Sagen, der ihn drei Jahre zuvor nach Brentford geholt hatte. Und als Watkins erstmals in der Premier League traf, traf er gleich dreimal: beim denkwürdigen 7:2 gegen den amtierenden Meister Liverpool. So, wie er den Sprung von der vierten in die zweite Liga gemeistert hatte, meisterte er auch den von der zweiten in die erste.

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Watkins, der gerade mit Villa über eine Verlängerung des 2025 auslaufenden Vertrags verhandelt, ist schnell und spielstark (schon sechs Assists 2022/23), vor allem aber sich für nichts zu schade. "Er ist einer, wenn nicht der am härtesten arbeitende Offensivspieler der Liga, und er ist außerdem Toptorjäger", sagte Frank 2020 über ihn. "Das ist keine schlechte Kombination."

Watkins' Karriere ist eine ohne große, dafür beständige Sprünge, die ihn vom Amateurfußball in Weston-super-Mare zu Erwähnungen in Sätzen mit Haaland geführt haben. Jetzt will er nach der verpassten WM einen festen Platz bei Nationaltrainer Gareth Southgate erobern (der am Samstag gegen Newcastle auf der Tribüne saß), und gegen ein Europapokal-Debüt hätte er wohl auch nichts einzuwenden. Es gibt noch einiges aufzuwischen, nein, aufzumischen.

Jörn Petersen