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Daxbacher wird 70: "Bitte keine Geschenke, ich brauche nichts"

Alles Gute, Sir Karl!

Daxbacher wird 70: "Bitte keine Geschenke, ich brauche nichts"

Sir Karl Daxbacher genießt seine wohlverdiente Pension.

Sir Karl Daxbacher genießt seine wohlverdiente Pension. GEPA pictures/Marcel Engelbrecht

Als Spieler hielt Austria-Wien-Legende Karl Daxbacher den Edeltechnikern Felix Gasselich und Herbert Prohaska den Rücken frei und holte nach Robert Sara, Erich Obermayer und Ernst Baumeister die meisten Meistertitel für die Austria, nämlich sieben, dazu auch noch vier Cupsiege. Als Trainer feierte der gelernte Elektriker aus Ambach bei St. Pölten in den unterschiedlichsten Ligen von Statzendorf über Krems, Horn, Würmla, St. Pölten, Innsbruck und auch mit dem LASK und seiner Austria schöne Erfolge.

Am Samstag wird "Sir Karl" 70 Jahre alt. Der vierfache Vater und vierfache Großvater genießt seine Pension und wünscht sich "nur keine Überraschungsfeier, das wissen aber eh alle". Im Interview mit dem kicker blickt er noch einmal auf seine Stationen zurück und verrät unter anderm, dass ihn Hannes Weber zum SKN lotste und Ivica Vastic zum LASK.

Herr Daxbacher, nachdem wir uns hier beim "Lebens.Med Zentrum" in St. Pölten treffen: Wie geht es Ihnen?

Danke. Sehr gut. Ich bin total zufrieden mit meiner zweiten Hüftoperation. Die erste hatte ich in meiner Zeit als Austria-Trainer. Ich mache jetzt fast jeden Tag Therapie.

Seit 2019 haben Sie keinen Trainerjob mehr angenommen. Hat es Sie nie mehr gejuckt?

Gar nicht. Die Entscheidung aufzuhören war auch eine gewisse Befreiung. Ich war ja schon 66 Jahre, als ich von Innsbruck weg bin. Den drohenden Abstieg dieses Traditionkslubs zu verhindern, war mir leider nicht mehr vergönnt.

Angebote hätte es gegeben?

Ja, mehrere. Bei zwei Zweitliga-Vereinen habe ich zunächst einem Treffen zugesagt, dann aber vorher noch abgesagt, weil ich mir gedacht habe: "Was tue ich da?" Ich gehe ab und zu gerne zuschauen nach Krems und natürlich zur Austria, wo ich meine Ex-Kollegen treffe und das ist immer recht nett. Die österreichische Liga, Deutschland und England verfolge ich im Fernsehen.

Schach soll aktuell Ihr großes Hobby sein?

Ja, im Internet. Da gibt es einige Schach-Foren, in denen ich spiele. Nicht als Karl Daxbacher, sondern mit meinem Nickname. Meine Elozahl liegt bei 1.600, 1.700, also ich bin wirklich nur Durchschnitt. (lächelt)

Wie sieht es mit einer Fortsetzung Ihrer Tennis-Karriere in der Senioren-Kreisliga für Wölbling aus?

Nein. Tennis möchte ich schon wieder einsteigen, aber keine Meisterschaft mehr. Ü-60-Mannschaft hätten wir zwar eine, aber nein. Das Laufen geht nicht mehr so richtig wegen der Hüfte. Aber Altherren-Doppel spiele ich sicher bald wieder.

Durch Ihr soziales Engagement sind Sie zuletzt auch aufgefallen.

Meine Tochter Anna, das ist die dritte von meinen vier Töchtern, ist richtig engagiert und sozial. Meine Frau und ich helfen gerne mit. Zu meinem Geburtstag bitte ich auch um Spenden für wohltätige Zwecke. Ich brauche nichts zum Aufhängen oder Aufstellen und auch keine Gutscheine für irgendwas. Ich habe alles. Und wenn ich etwas brauche, dann kaufe ich mir das selbst.

Rückblickend, könnte man Sie als "Aufstiegstrainer" bezeichnen?

Kann man. In die Bundesliga bin ich drei Mal aufgestiegen. Insgesamt habe ich acht Meistertitel geschafft, der überraschendste war der mit dem SKN St. Pölten. In der Vorsaison haben die St. Pöltner in der 2. Liga gegen den Abstieg spielen müssen und wir haben personell nicht viel verändert. Ja, den Florian Mader habe ich geholt. Und dann sind wir mit Punkterekord aufgestiegen und ich gebe unumwunden zu, dass es eine große Genugtuung für mich war, dass wir uns als Nicht-Favorit gegen den LASK durchgesetzt haben, der mich ein Jahr davor hinausgeworfen hat.

Bei der Austria haben Sie sich als Trainer dreieinhalb Jahre im Sattel gehalten (Sommer 2008 bis Dezember 2011). Das kann man sich heute fast gar nicht mehr vorstellen.

Daxbacher Flughafen Austria

Unter Daxbacher sammelten die Austrianer noch jede Menge Flugmeilen. GEPA pictures/Christian Ort

Das ist bei der Austria nicht so einfach. Ich hatte immer Einjahres-Verträge, die sich automatisch verlängert haben, wenn wir in den Europacup kommen und das war immer der Fall. Auch bei der Austria habe ich den Punkterekord geschafft. Wir sind zwar hinter Salzburg Zweiter geworden, haben aber mehr Punkte gemacht als die Austria beim Meistertitel unter Christoph Daum. Erst Peter Stöger hat diese Marke beim Meistertitel 2013 überboten. Danach habe ich einmal vier Spiele in Folge verloren und da kommt es bei der Austria schnell zu einer gewissen Meinungsbildung.

Als Spieler waren Sie sogar 14 Jahre lang bei der Austria. In der heutigen Zeit wären sie Millionär. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht?

Überhaupt nicht, ich bin niemandem etwas neidig. Und in Wahrheit ist es in Österreich gar nicht so einfach, etwas zu verdienen. Wenn ich an die Kollektivverträge in der 2. Liga denke, davon allein kannst du fast nicht leben, oder daran, wie viele Spieler aus den Akademien kommen, und wie wenige Arbeitsplätze es im Profibereich gibt. Uns haben damals die älteren Spieler übrigens auch schon gesagt, dass das ein Wahnsinn ist, wieviel wir verdienen. Wir sind aber auch alle noch arbeiten gegangen.

Was haben Sie gemacht?

Ich habe Schallplatten verkauft. Ich war eigentlich Elektriker und habe ein Jahr als Lehrbub gearbeitet. Aber der Herr Reiss, Sekretär von der Austria, hat ein gut sortiertes Schallplattengeschäft in Wien gehabt und dort habe ich dann von 9 bis 15 Uhr Schallplatten verkauft. Wenn es was gegeben hat, Trainingslager oder so, hab' ich aber immer frei gekriegt. Im Dezember habe ich von 9 bis 18 Uhr gearbeitet, denn beim Weihnachtsgeschäft haben wir mehr Umsatz gemacht als im gesamten restlichen Jahr. Das hat mir großen Spaß gemacht, Klassik und Jazz haben mich immer schon sehr interessiert. Der Herbert Prohaska hat Mechaniker gelernt, ein paar Austrianer haben am Magistrat gearbeitet, oder Botendienste für Banken gemacht.

Tankstellenpächter waren Sie ja auch.

Das war nach der Karriere. Der ehemalige Austria-Spieler Pepi Stroh hat 120 Tankstellen in Burgenland, Niederösterreich und Wien gehabt. Als verdienstvoller Austria-Spieler hast du damals die Möglichkeit bekommen, eine Tankstelle zu betreuen. Ich habe eine in Krems und eine in Aggsbach Markt gepachtet. Als ich in Krems noch ein Jahr in der 2. Liga gespielt habe, hatte ich eine Achillessehnen-Operation und eine Bandscheibenoperation. Dann war klar, ich höre jetzt auf und bin dann als Co-Trainer von Ernst Weber gleich wieder in Krems eingestiegen. Da sind wir dann Cupsieger geworden. Der Friedl Koncilia und der Tibor Nyilasi hatten auch Bandscheibenvorfälle. Wir haben bei der Austria sicher mit falschen Belastungen trainiert damals.

Manager haben Sie nie einen gehabt?

Nein. Ich habe mich auch nie selbst irgendwo angeboten, bin immer auf Empfehlung engagiert worden. Beim SKN ist mir beim ersten Mal der Kapitän Hannes Weber, ehemaliger VSE-Stürmer, am St. Pöltner Rathausplatz über den Weg gelaufen, der gemeint hat, sie brauchen einen g'scheiten Trainer, am Wochenende gehe die Meisterschaft los. Als ich dann am Freitag das Abschlusstraining geleitet habe, war noch Luigi Wojtanowicz als Trainer da, ein ehemaliger Mitspieler von mir in Krems. Das war voll peinlich! Er hat sich dann zusammengepackt und ist gegangen. Zum LASK bin ich auf Empfehlung von Ivica Vastic gekommen, der sich öfters mein Training bei den Austria Amateuren angesehen hat, weil sein Sohn Toni da dabei war. Wenn ich ins Ausland gewollt hätte, hätte ich einen Manager gebraucht. Aber ich war mir nie sicher, ob ich wirklich weg will von daheim.

Könnten Sie sich mit Ihrem heutigen Trainerwissen ins Europacupfinale 1978 nach Paris beamen und die gleiche Austria coachen. Würde das Finale gegen RSC Anderlecht anders verlaufen?

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Karl Daxbacher zieht im Finale 1978 an Anderlechts Ludo Coeck vorbei. imago/WEREK

Ob das Spiel anders verlaufen würde, kann man nicht sagen. Anders vorbereitet wären wir in jedem Fall. Wir haben damals nichts gewusst über Anderlecht, außer, dass sie gute Spieler haben. Rückblickend ist das unglaublich. Das Finale war wie ein Ausflug, unsere Frauen waren mit und am ersten Abend bei uns, am zweiten Abend sind wir noch in eine Show gegangen. Die Einstellung war, wie wenn das Finale zu erreichen eh schon das Größte für uns sei, was es überhaupt gibt. Anderlecht ist am Abend zuvor angereist und hat uns 4:0 weggeputzt. Dabei haben wir bei 0:0 noch zwei große Torchancen vergeben. (hebt beide Hände).

Pokalsieger-Finale 1978

Das war also dann richtig bitter für Sie?

Ja, schon. Aber man kann es halt mit der heutigen Zeit nicht vergleichen. Heute gibt es keine Mannschaft mehr, bei der nicht alle Betreuer Laptops haben. Wenn einer eingewechselt wird, zeigst ihm auf mehreren Folien, wo er bei welchen Standards zu sein hat und als Trainer gibst du ihm noch ein paar taktische Anweisungen mit. Das war dafür immer schon so, dass es manche gibt, die plötzlich nicht mehr alles wissen, was vorher besprochen wurde. (lacht) Vielleicht denkt sich der eine oder andere Ersatzspieler manchmal, "Ich komm' eh nicht dran,  ich brauch' nicht aufpassen.". Das ist aber die Ausnahme. Eine kurze Auffrischung kann jedenfalls nie schaden.

Interview: Thomas Schöpf

Die Zuschauertabelle des Grunddurchgangs