Nationalelf

Chatzialexious WM-Fazit: "Probleme heute noch gar nicht präsent"

Sportlicher Leiter der Nationalmannschaften zieht WM-Fazit

Chatzialexiou warnt: "Die Probleme sind heute noch gar nicht präsent"

Joti Chatzialexiou (re.) will die DFB-Nachwuchsarbeit verbessern - aber nicht wegen des frühen WM-Ausscheidens.

Joti Chatzialexiou (re.) will die DFB-Nachwuchsarbeit verbessern - aber nicht wegen des frühen WM-Ausscheidens. imago images/picture alliance

Joti Chatzialexiou hat bei der WM 2022 "viele gute Spiele gesehen", meint damit explizit aber auch die Auftritte der deutschen Nationalelf. "Das mag kurios klingen", sagt der Sportliche Leiter der Nationalmannschaften beim DFB in einem Interview auf der Verbandsseite, "aber wenn man unsere Spiele rational bewertet, dann war da viel Gutes dabei."

Die Auswahl von Bundestrainer Hansi Flick hätte mehr verdient gehabt als das erneute Ausscheiden in der Gruppenphase, bilanziert Chatzialexiou, der ein aus U-Trainern bestehendes Analyseteam nach Katar entsandt hatte. "Wir haben uns eine Vielzahl an klaren Chancen herausgespielt und einen Expected-Goals-Wert aufgestellt, der höher als bei allen anderen Teams war. Das zeigt die vielen guten Lösungen, die wir in der Offensive präsentiert haben."

"Die Nationalmannschaft hatte nicht das Problem, zu wenig Qualität für mehr zu haben"

Doch dann habe "die Konsequenz vor dem Tor gefehlt. Also etwas, das den deutschen Fußball lange ausgezeichnet hat. Genau wie die unbedingte Defensivlust, die in der Vergangenheit Teil unserer DNA war. Wir müssen wieder dahin kommen, dass wir dem Gegner auch mal wehtun und über 90 Minuten konstant verteidigen. Schlussendlich haben uns kurze, weniger gute Phasen das Weiterkommen gekostet".

Zur umfassenden Kritik, die nach dem WM-Aus auf die Nationalelf einprasselte, gehörte zum Teil auch der Verweis auf Defizite in der Nachwuchsausbildung beim DFB. Diese hat Chatzialexiou, der unter anderem die Talentförderung beim DFB verantwortet, längst erkannt, sieht sie in den WM-Debatten aber falsch aufgehoben.

"Die Nationalmannschaft hatte nicht das Problem, zu wenig Qualität für mehr zu haben", betont er und warnt: "Die aktuellen Diskussionen für notwendige Maßnahmen allein mit dem Abschneiden bei der WM zu begründen, verstehe ich nicht. Denn die Probleme, die von uns benannt werden, sind heute noch gar nicht mal so präsent. Sie betreffen weniger die aktuelle Mannschaft - wenn wir nicht endlich Veränderungen anstreben, werden wir viel mehr erst in den kommenden Jahren ein wirkliches Qualitätsproblem erleben."

Wie Chatzialexiou "den zukünftigen Neuner wieder aufleben lassen" will

Zu diesen Veränderungen gehörten schon jetzt Reformen im Kinderfußball, bei der Trainer-Entwicklung und der Digitalisierung, so Chatzialexiou. Nun gehe es um die "Anpassung der Wettbewerbe" und den Übergangsbereich vom Nachwuchs zu den Profis. "Allen Beteiligten muss bewusst sein, dass uns ein verschlepptes Umsetzen Teile unserer Zukunft kostet - wir müssen jetzt handeln."

Mit Blick auf die Heim-EM 2024 erarbeitet der DFB außerdem individualisierte Programme, über die auch positionsspezifische Trainingseinheiten intensiviert werden sollen. So will Chatzialexiou etwa "den zukünftigen Neuner wieder aufleben lassen. Die Gier, Tore zu erzielen, diese absolute Überzeugung - das sind Stellschrauben, die wir drehen müssen und die wir in unseren Trainingsformen bei den Nationalmannschaften einbauen. Wir wollen unsere Spieler individualisiert entwickeln, sie auf die Anforderungen auf höchstem Niveau vorbereiten. Dabei fokussieren wir nicht nur heutige 'Problem-Positionen', sondern alle."

jpe