Nationalelf

WM 2022: Chancen-Wucher & Flicks Wechsel führen zum Bruch

Kommentar zur Auftaktniederlage gegen Japan

Chancen-Wucher und Flicks Wechsel führen zum Bruch

Lenkte das deutsche Spiel bis zu seiner Auswechslung: Ilkay Gündogan.

Lenkte das deutsche Spiel bis zu seiner Auswechslung: Ilkay Gündogan. picture alliance/dpa

Ein starkes Signal hatten sich Deutschlands Nationalspieler für ihren Eintritt in diese so umstrittene Weltmeisterschaft ausgedacht. Beim obligatorischen Mannschaftsfoto nach dem Abspielen der Hymne hielten sich die Mitglieder der Startelf demonstrativ eine Hand vor den Mund als Protest gegen das diktatorische Vorgehen der FIFA beim skandalösen Binden-Verbot. Dass diese Bilder in der vom Weltverband gesteuerten Live-Aufnahme nicht um die Welt gingen, zeigt einmal mehr, mit welch rigorosen Mitteln die FIFA ihre Macht ausübt. Dank der ARD und ihrer Kameraführung flimmerten die Bilder immerhin über die deutschen Bildschirme, im Netz waren sie ohnehin omnipräsent.

Ein starkes Signal hatten sich Flick und seine Belegschaft auch im sportlichen Wettstreit im weiten Rund des runderneuerten Khalifa-Stadions vorgenommen. Und eine gute Stunde setzten sie dieses Vorhaben auch mit einer dominierenden Darbietung in die Tat um, waren die klar bessere Mannschaft, ließen in der Defensive kaum etwas anbrennen, erspielten sich vorn eine Fülle von Torchancen und hätten nach Ilkay Gündogans Elfmeter-Tor längst höher führen müssen.

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Das hat nichts mit Pech zu tun

Doch ein großes Manko, das die DFB-Auswahl schon in den vergangenen Monaten begleitete, setzte sich in Doha auf verhängnisvolle Weise fort. Wie schon in den beiden Nations-League-Spielen gegen England (1:1, 3:3) und im März-Testspiel gegen die Niederlande (1:1) schaffte es die deutsche Mannschaft nicht, eine Führung in einen Sieg zu bündeln. Ähnlich wie am Vortag Argentinien beim überraschenden 1:2 gegen Saudi-Arabien (nach 1:0-Führung) versäumte es die DFB-Auswahl, in der starken Phase die Vorentscheidung zu erzwingen - und wurde brutal von effizienten Japanern bestraft. Mit Pech hat das nichts zu tun, viel mehr mit Qualität und Überzeugung, das fängt ganz vorn mit Kai Havertz und Serge Gnabry an, und hört hinten etwa mit Niklas Süle und Nico Schlotterbeck bei den Gegentoren auf.

Flick löste den Bruch im deutschen Spiel aus

Für den Wendepunkt in dieser turbulenten Partie sorgte auch Hansi Flick mit seinen Auswechslungen. 10:2 lautete das Chancenverhältnis, als der Bundestrainer in der 67. Minute seine im Zentrum des Spielfeldes verankerten Routiniers Ilkay Gündogan und Thomas Müller vom Platz nahm, dafür Leon Goretzka und Jonas Hofmann einwechselte. In der Summe löste Flick damit seine Achse auf, was maßgeblich zum großen Bruch im deutschen Spiel führte.

Müllers Wechsel war nachvollziehbar und wohl notwendig, hatte der auf der Zehn aufgebotene Weltmeister verletzungsbedingt sechs Wochen lang keinen Wettkampf mehr über die volle Spielzeit bestritten. Unverständlich aber bleibt, warum der bis dato als Stratege überzeugende Gündogan weichen musste und nicht auf die Zehn vorgezogen wurde. Jedenfalls kippte das Kräfteverhältnis, lief das Spiel aus deutscher Sicht komplett aus dem Ruder: Japan erspielte sich fünf Chancen in Serie und drehte das Spiel gegen eine inzwischen völlig unsortierte deutsche Mannschaft.

Noch ist nichts verloren für Flick und seine Mannschaft, doch die zweite Partie am Sonntag gegen Spanien wird schon zum Endspiel ums Weiterkommen.

Es bleibt zu hoffen, dass die "brutale Enttäuschung", von der Flick nach dem Spiel sprach, in ein erfolgreiches Aufbäumen mündet.