Qualifikation

CBF, AFA, FIFA, Anvisa: Was Verbände und Behörden zum Chaos von Sao Paulo sagen

WM-Qualifikationsspiel zwischen Brasilien und Argentinien abgebrochen

CBF, AFA, FIFA, Anvisa: Was Verbände und Behörden zum Chaos von Sao Paulo sagen

Dann trainieren wir eben: Die Selecao nach dem Spielabbruch.

Dann trainieren wir eben: Die Selecao nach dem Spielabbruch. Getty Images

Marcos Acuna und Nicolas Otamendi sind mit einem Offiziellen in Handgreiflichkeiten verstrickt, Brasilien trainiert auf ein Trainingstor, Lionel Messi läuft mit einem Fotografenleibchen herum und albert schließlich Arm in Arm mit seinem ehemaligen Mitspieler, dem Brasilianer Dani Alves, herum. Szenen, die man am Sonntagabend in Sao Paulo zu Gesicht bekam. Doch wie konnte es so weit kommen?

So ganz unschuldig scheint keiner an dieser Farce gewesen zu sein. Der Brasilianische Fußballverband CBF äußerte sich "absolut überrascht" über den Zeitpunkt der Maßnahme. Aus seiner Sicht hätte die Anvisa viel angemessener handeln können, und vor allem früher. Der Argentinische Fußballverband AFA teilte mit, die Delegation der Albiceleste habe sich seit dem 3. September um 8 Uhr morgens in Brasilien aufgehalten und alle vom südamerikanischen Fußball-Verband Conmebol vorgeschriebenen Gesundheitsprotokolle eingehalten.

Schiedsrichter bricht das Spiel ab

Und dennoch kam es zum Eklat: Nur wenige Minuten nach Anpfiff sorgten die Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde für einen Spielabbruch. Zunächst wurden die für englische Klubs spielenden Argentinier Emiliano Martínez, Cristian Romero und Giovanni Lo Celso vom Feld geholt. Danach verließen auch die anderen argentinischen Spieler den Platz, während die Brasilianer blieben - und sich später die Zeit mit Ball jonglieren und einem Trainingsspiel vertrieben. Schließlich sei die Partie "auf Beschluss des Schiedsrichters", wie die Conmebol twitterte, abgebrochen worden. Vor dem Stadion wartete die Bundespolizei, um Argentiniens Mannschaft zu begleiten. Der Bus mit dem Team fuhr erst nach Stunden ab.

"Das Datum ist in die Geschichte eingegangen: 5. September 2021, Brasilien-Argentinien", schrieb das brasilianische Portal "Globoesporte". "Das Spiel, das nicht stattgefunden hat."

Argentinien setzt sich über zu späte Vorgaben hinweg

Wenige Stunden vor dem Spiel hatte die Anvisa Quarantäne für die vier argentinischen Nationalspieler Martínez und Emiliano Buendía (beide Aston Villa) sowie Lo Celso und Romero (beide Tottenham Hotspur) angeordnet. Buendía fehlte im Aufgebot, Martínez, Romero und Lo Celso standen in der Startelf. Die Anvisa rechtfertigte ihr Vorgehen mit Verweis auf die brasilianischen Gesetze - ausgerechnet in dem Land, dass unter dem Rechtspopulisten Jair Bolsonaro das wohl  schlechteste Bild aller Nationen im Kampf gegen die Corona-Pandemie abgibt, nahm man es auf einmal ganz genau.

Man habe erfolglos versucht, den vier betroffenen Nationalspielern nach einem Treffen mit Vertretern des brasilianischen Gesundheitsministeriums, der Conmebol, der CBF und der Delegation Argentiniens am Samstag eine Quarantäne aufzuerlegen. Trotzdem hätten die Spieler am Training am Samstagabend teilgenommen.

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Am Sonntag habe man dann die Bundespolizei informiert und bis zum Spielbeginn versucht, die inzwischen angeordnete Quarantäne durchzusetzen, die vier Spieler von der Mannschaft zu trennen und zum Flughafen zu bringen. Martínez, Buendía, Romero und Lo Celso konnten dem Sender "TyC Sports" zufolge am Sonntagabend mit der Nationalmannschaft nach Argentinien zurückfliegen, allerdings als Abgeschobene. Auf der Twitter-Seite des Nationalteams wurde ein Foto aus einem Flugzeug gepostet, begleitet von den Worten: "Wir fahren nach Hause."

Die englischen Premier-League-Vereine hatten sich geweigert, Spieler für Begegnungen in Ländern abzustellen, die auf der sogenannten Roten Corona-Liste der britischen Regierung stehen, viele davon in Südamerika und Afrika. Brasilien musste deswegen auf neun Profis von der Insel verzichten. Dagegen flog Argentinien sein Quartett aus England zur WM-Quali ein und ging davon aus, in allen drei WM-Qualifikationsspielen auf sie bauen zu können.

Bei der Einreise aus Caracas nach dem ersten Quali-Spiel gegen Venezuela gaben die England-Profis laut der Anvisa nicht an, dass sie in den vergangenen 14 Tagen im Vereinigten Königreich, Nordirland, Südafrika oder Indien gewesen sind. Ausländische Reisende, die in diesem Zeitraum dort waren, dürfen wegen der Corona-Beschränkungen nicht nach Brasilien einreisen.

Es wird körperlich: Otamendi (li.) und Acuna legen sich mit einem Offiziellen an.

Otamendi (li.) und Acuna legen sich mit einem Offiziellen an. AFP via Getty Images

"Die Anvisa hält die Situation für ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko und hat daher den örtlichen Gesundheitsbehörden geraten, die sofortige Quarantäne der Spieler anzuordnen, denen die Teilnahme an jeglichen Aktivitäten untersagt ist", hieß es in einer Mitteilung der Behörde. Zudem sollten die Spieler nicht weiter auf brasilianischem Gebiet bleiben dürfen.

FIFA übergibt den Fall der Disziplinarkommission

Und was sagt die FIFA? Auch der Weltverband hat sich zu den Geschehnissen geäußert, wenn auch nicht sonderlich detailliert. Die Angelegenheit sei der Disziplinarkommission übergeben worden. Man habe die Szenen mit "Bedauern" zur Kenntnis genommen. "Millionen von Fans" seien so "daran gehindert" worden, ein "Spiel zwischen zwei der größten Fußballnationen der Welt zu genießen". Laut der FIFA wurden "die ersten offiziellen Spielberichte" an den Weltverband geschickt: "Diese Informationen werden von den zuständigen Disziplinarinstanzen analysiert - und zu gegebener Zeit wird eine Entscheidung getroffen."

dpa/las