U 21

Bisseck zu Inter? "Warum sollte ich es mir nicht zutrauen …"

Begehrter Innenverteidiger will noch vor der EM entscheiden

Bisseck zu Inter? "Warum sollte ich es mir nicht zutrauen …"

Der deutsche U-21-Defensivmann Yann Aurel Bisseck spielte sich in Dänemark in den Fokus europäischer Topklubs.

Der deutsche U-21-Defensivmann Yann Aurel Bisseck spielte sich in Dänemark in den Fokus europäischer Topklubs. IMAGO/Beautiful Sports

Aus dem U-21-Trainingslager in Prad am Stilfserjoch berichtet Thiemo Müller

Yann Aurel Bisseck sitzt auf der Terrasse des Teamhotels in Südtirol und lässt die Gedanken schweifen. Genau in einer Woche startet mit dem ersten deutschen Gruppenspiel gegen Israel bei der U-21-EM das bisherige Highlight seiner noch jungen Karriere. Für den 22-jährigen gebürtigen Kölner freilich auch ein passender Moment, um zurück zu schauen: "Um am Ende wirklich Profi zu werden", sinniert Bisseck, "gehört immer auch Glück dazu. Ein Trainer kann dein ganzes Leben verändern".

Bei ihm selbst jedenfalls war das so: Am Übergang zwischen der U 16 und U 17 wollten ihn die Verantwortlichen beim 1. FC Köln eigentlich aussortieren. "Doch dann", erinnert sich Bisseck, "kam Markus Daun als neuer U-17-Trainer und sagte: Nein, der bleibt. Danach ging es plötzlich bergauf, ich wurde Nationalspieler, das hing letztlich alles am Trainerwechsel. Das werde ich nie vergessen."

U-17-Coach Markus Daun wurde in Köln zur Schlüsselfigur

Daun, der zu Beginn des Jahrtausends selbst sechs Mal das Trikot der U 21 trug, könnte dem deutschen Fußball damit als Trainer einen noch wertvolleren Dienst erwiesen haben als es ihm zu seinen aktiven Zeiten als Stürmer möglich war. Aktuell zählt Bisseck jedenfalls nicht nur wegen seiner 1,96 Meter zu den größten Hoffnungsträgern von Antonio Di Salvo. Für Deutschlands U-21-Coach ist der zweikampf- wie spielstarke Innenverteidiger Fixpunkt im Abwehrzentrum und erklärtermaßen ein Kandidat fürs noch nicht bestimmte Amt des EM-Kapitäns.

Ein noch stärkeres Indiz für Bissecks glänzende Perspektiven: Das verbürgte Interesse diverser Topklubs an einer Verpflichtung des noch bis 2026 an den dänischen Erstligisten Aarhus GF gebundenen Profis. Offenbar an der Spitze der Schlange steht der italienische Tabellendritte und Champions-League-Finalist Inter Mailand.  Für Bisseck "etwas komplett Neues".

Bisseck: "Ich genieße das ein bisschen, darf aber den Kopf nicht verlieren"

Denn: "Meistens stellte sich während der Transferfenster für mich die Frage, wo ich hingehen kann, ob es noch eine gute Option gibt." Als Leihgabe des 1. FC Köln verschlug es den Youngster in den vergangenen vier Jahren zu Holstein Kiel, Roda Kerkrade, Vitoria Guimaraes und schließlich nach Aarhus. "Ich musste viele Umwege gehen, habe öfter um meine Karriere gekämpft und darum, beim jeweiligen Verein Fuß zu fassen", erklärt Bisseck. Das gelang letztlich erst in Dänemark, wo er nach der festen Verpflichtung vergangene Saison unter Trainer Uwe Rösler so richtig durchstartete.

"Jetzt", sagt Bisseck, "zeigt sich genau die andere Seite der Medaille, man hat eher die Qual der Wahl. Das genieße ich schon ein bisschen, weiß aber, dass ich den Kopf nicht verlieren darf. Der nächste Schritt ist schon sehr wichtig für mich, die sportliche Perspektive steht absolut im Vordergrund."

Fußball war lange nicht Priorität Nummer eins, ich wollte Arzt werden.

Yann Aurel Bisseck

Dieser letzte Satz ist dabei keineswegs so zu verstehen, dass er den etwaigen Wechsel aus der Superligaen zu einem Klub der internationalen Top-Kategorie zwangsläufig für zu früh halte. "Hätte mich das jemand vor meinem Wechsel nach Dänemark gefragt, hätte ich gesagt: Unmöglich", räumt Bisseck ein. "Aber jetzt sage ich: Wenn die Verantwortlichen eines Vereins mich sehen und bewerten und mir so einen Schritt zutrauen, warum sollte ich selbst es mir dann nicht zutrauen?" Bei der U-21-EM könnte sich der Sohn kamerunischer Eltern womöglich noch stärker in den Fokus spielen, freilich braucht er gar kein Schaufenster mehr und will das Turnier auch nicht als solches nutzen. Im Gegenteil: Eine Entscheidung vorm ersten Gruppenspiel "wäre schon super, um mit freiem Kopf ins Turnier zu gehen. Ich glaube auch, dass das realistisch ist."

Bissecks Profitraum also hat längst reale Gestalt angenommen, seine ursprüngliche berufliche Wunschvorstellung bleibt dagegen bis auf weiteres unerfüllt: "Fußball war lange Zeit gar nicht meine Priorität Nummer eins", berichtet der junge Mann, der bereits mit 16 Jahren sein Abitur ablegte, danach parallel zum Fußball Volkswirtschaftslehre sowie Media und Marketing Management studierte. "Eigentlich wollte ich Arzt werden", doch dann "kam die Profikarriere dazwischen".