Tennis

French Open: Boris Becker gibt Rat an Alexander Zverev

Deutsche Tennis-Legende sieht "Zeichen der Zeit" bei Nadal

Beckers Rat an Zverev: "Der Unterschied zwischen Gewinnen und Verlieren"

Einstiger Spitzenspieler und deutsche Tennis-Hoffnung: Boris Becker (li.) mit Alexander Zverev.

Einstiger Spitzenspieler und deutsche Tennis-Hoffnung: Boris Becker (li.) mit Alexander Zverev. imago images

"Es fehlt ihm nicht mehr viel", sagte Becker am Dienstag in einer digitalen Medienrunde, an der auch der kicker teilnahm, über Zverev. "Er braucht noch ein bisschen Erfahrung, muss in gewissen Situationen cooler bleiben, sich auf die eigene Stärke besinnen und nicht so sehr auf die anderen schauen." Mit dem Sieg beim Masters in Madrid hatte Zverev in Vorbereitung auf das am Sonntag beginnende Grand-Slam-Turnier aufhorchen lassen. "Er ist immer noch sehr jung und seit Jahren ein Top-Ten-Spieler. Für mich ist es eine Frage der Zeit."

Zwar sieht Becker noch kleinere Makel im Spiel des Hamburgers - die Position auf dem Platz, der Aufschlag, das Übergangsspiel ans Netz - aber, so die deutsche Tennis-Legende, "das sind Kleinigkeiten. Für mich ist es eher der Glaube an die eigene Stärke: 'Ja, ich bin heute gut genug, um Djokovic zu schlagen.' Das ist der Unterschied zwischen Gewinnen und Verlieren."

Insgesamt sei Zverev nach zwischenzeitlichen Schwierigkeiten nun wieder "da, wo er sein muss, um zum Kreis der Favoriten zu zählen. Ich glaube, dass er Chancen hat, weiter zu kommen als ins Viertelfinale." Bislang ist Zverev in Paris noch nicht über diese Runde hinausgekommen. "Aber", stellt Becker klar, "er muss auch dann gewinnen, wenn er mal nicht so gut spielt - und das wird bei bis zu sieben Spielen zwangsläufig mal passieren. Das ist die Herausforderung."

Vielleicht kommen jetzt die ersten Zeichen der Zeit.

Boris Becker über Rafael Nadal

Die Chancen auf einen Sieg aus dem erweiterten Favoritenkreis sind laut Becker, der das Turnier als TV-Experte für "Eurosport" begleiten wird, größer als in den vergangenen Jahren. Denn Sandplatzkönig Rafael Nadal, der 13 der letzten 16 Auflagen der French Open gewonnen hat, präsentierte sich in der Vorbereitung nicht ganz so dominant wie gewohnt. In Monte Carlo verlor der Spanier gegen Andrey Rublev, in Madrid gegen Zverev.

"Das kennt man so von Nadal nicht", bewertet Becker. "Die anderen Spieler haben vielleicht etwas aufgeholt. Nadal wird jetzt 35 und es gibt kein Turnier, das körperlich anstrengender ist als Roland Garros. Vielleicht kommen jetzt die ersten Zeichen der Zeit, dass er hintenraus einen Schritt langsamer oder früher müde wird."

Kerber ohne Druck: "Jedes Match ist ein Bonus"

Neben Zverev und seinem ehemaligen Schützling Novak Djokovic zählt Becker auch den Griechen Stefanos Tsitsipas zu dem Kreis, der eine Nadal-Schwäche nutzen könnte. "Er bringt in dieser Saison konstant Weltklasse-Leistungen, vielleicht besser als Zverev", lobt der 53-Jährige. "Ich sehe ihn sehr weit vorne." Ähnlich äußert sich Becker auch über Dominic Thiem, auch wenn dieser "seiner Form seit Melbourne hinterherläuft". Roger Federer hingegen könne nach seiner langen Verletzungspause "nicht die Erwartung haben, einer der Favoriten zu sein". Der Schweizer hatte selbst angekündigt, Roland Garros eher als Vorbereitung auf Wimbledon zu sehen.

In der Damenkonkurrenz nennt Becker Ashleigh Barty, Iga Swiatek, Aryna Sabalenka und Naomi Osaka als größte Anwärterinnen auf den Titel in Paris. Angelique Kerber müsse sich in der französischen Hauptstadt keinen Druck machen. "Ihr Ziel ist Wimbledon und vor allem Olympia", meint Becker. "In Paris ist jedes Match ein Bonus, das ist ihr schwächster Grand Slam." So wie einst bei ihm selbst. Roland Garros konnte Becker als einziges Grand-Slam-Turnier nie gewinnen.

Michael Bächle